Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Tiamat-Zyklus 2 - Die Sommerkönigin 1 - Der Wandel der Welt

Titel: Tiamat-Zyklus 2 - Die Sommerkönigin 1 - Der Wandel der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
Vom Netzwerk:
körperlichen Gebrechen ablenkte. Auch in ihrem Leben hatte der Sommer Einzug gehalten, und es tat gut, wieder daheim zu sein.
    Er blickte hoch und bemerkte zu seiner gelinden Überraschung, daß Kirard Set sich auf den einzigen freien Platz neben Funke Dawntreader gesetzt hatte, den Gemahl der Königin. Er hatte angenommen, daß sich die Königin dorthin setzen würde, aber offenbar hatte Funke keinen Einwand erhoben. Nun saß Kirard Set zufrieden lächelnd und mit gefalteten Händen da.
    »Verdammt!«
    Danaquil Lu fuhr zusammen, als sich jemand auf den Sessel neben ihn fallen ließ. Borah Clearwater schnaubte durch seinen dichten weißen Schnauzbart wie ein Kley und brummelte finster vor sich hin. Danaquil Lu verbiß sich ein Schmunzeln, während der alte Mann sich allmählich beruhigte.
    Wenn er sich recht erinnerte, dann war Borah Clearwater mütterlicherseits mit ihm verwandt, eine Art Onkel; ein nörglerischer alter Knacker, der weit im Süden Plantagen besaß und nur in die Stadt kam, wenn es gar nicht anders ging. Dieses Mal hatte ihn ein Streit mit dem Wayaways-Clan hierhergeführt. Kirard Set verlangte ein Wegerecht über Clearwaters Ländereien, eine Abkürzung zum Meer, weil das Grundstück, auf dem er nur zu gern die fragliche Gießerei errichten lassen wollte, vom Wasser abgeschnitten war. Die Tatsache, daß sich Clearwater nach Karbunkel bemüht hatte, zeugte von seiner Befürchtung, Kirard Set könnte mit seinem Antrag Erfolg haben.
    Danaquil Lu blickte in die Runde. Am Tisch waren nur noch wenige Plätze frei. Daß Clearwater sich neben ihn setzte, alle anderen ihn offenbar mieden, hatte mit seinem Status zu tun – mit seinem Status als ein Sibyl und dem Umstand, daß er in seinem eigenen Volk ein Außenseiter war, wobei natürlich eines mit dem anderen zusammenhing.
    Während er das Kleeblattmedaillon befingerte, das an seinem Hals hing, schaute er nach links und bemerkte, daß der Stuhl neben ihm leer war. Einen Platz weiter saß die Obfrau des Greenside-Clans und erwiderte reserviert seinen Blick.
    Die Sommerkönigin hatte das Wunder vollbracht, das er für unmöglich gehalten hatte, nachdem das Wintervolk jahrhundertelang von der Hegemonie belogen worden war; sie hatte die Stadtleute darüber aufgeklärt, daß Sibyllen menschliche Computerports waren, die mit einem interstellaren Informationsnetz in Verbindung standen. Die Sommerkönigin hatte den Einwohnern von Karbunkel gezeigt, daß die Sibyllen ihnen die Technologie wiederbringen konnten, nach der sie gierten, und daß Sibyllen keine Geisteskranken waren, wie die Außenweltler behaupteten, um Tiamat während ihrer Abwesenheit unwissend und rückständig zu halten. Doch lebenslanges Mißtrauen verschwand nicht über Nacht – und auch nicht nach acht Jahren.
    »Wenigstens riechst du nicht nach Zuckerwasser, wie die meisten meiner Verwandten, Danaquil Lu Wayaways«, sagte Borah Clearwater unvermittelt, als hätte er Danaquil Lus Gedanken gelesen. »Und du siehst auch nicht aus wie ein mutterloser Außenweltler in Plastikkleidern. Lieber bin ich mit Verrückten und Sommerleuten zusammen, als mit diesen verweichlichten Städtern, die die Toten auferstehen lassen wollen.« Um Zustimmung heischend sah er Danaquil Lu an.
    Der mußte sich schon wieder ein Lächeln verkneifen. »Mir geht es genauso«, antwortete er wahrheitsgemäß.
    Clearwater brummte zufrieden und legte von neuem los. »Die Außenweltler sind weg, und die Technologie ist weg; daran kann man nichts ändern. Mein ganzes Leben lang habe ich damit verbracht, mich an diesen Gedanken zu gewöhnen. Was fort ist, ist fort, und dem soll man nicht nachtrauern.« Dieses Mal erwiderte Danaquil Lu nichts; insgeheim dachte er, wenn jeder in dieser Runde so alt wäre wie Borah Clearwater, fiele es ihnen leichter, die Vergangenheit zu vergessen und sich mit dem Unvermeidlichen abzufinden. Doch noch hingen sie am Leben, und das machte den Unterschied aus. Allerdings gab es Augenblicke, vor allem, wenn er des morgens versuchte, vom Bett aufzustehen, in denen er sich fast mit Borah Clearwaters Einstellung anfreunden konnte. »Verdammt lästig, diese Sommerkönigin. Und wegen Kirard Set hab ich den langen Weg bis hierher ...«
    Danaquil Lu hob die Hand und brachte ihn jählings zum Schweigen. »Die Königin«, flüsterte er. Clearwater drehte sich um und folgte seinem Blick.
    »Verflucht ...«, stöhnte Clearwater. Es klang jedoch mehr erstaunt als böse, und Danaquil Lu fragte sich, was sein

Weitere Kostenlose Bücher