Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Tiamat-Zyklus 2 - Die Sommerkönigin 1 - Der Wandel der Welt

Titel: Tiamat-Zyklus 2 - Die Sommerkönigin 1 - Der Wandel der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
Vom Netzwerk:
Mutter.
    »Nein.
Gran!«
betonte Ariele. Sie schüttelte den Kopf, und der helle Haarschopf fiel ihr in die Stirn. Ungeduldig strich sie die Strähnen zurück.
    »Gran!«
wiederholte Tammis und zerrte am Ärmel seiner Mutter.
    »Es ist deine Großmutter, Mond«, sagte jemand.
    Mond blickte hoch und sah Clavally Bluestone Sommers kräftige, untersetzte Gestalt im Torbogen stehen. Das Sibyllenmedaillon glänzte auf ihrer Bluse, an der Hand hielt sie ihre Tochter Merovy. Clavally hatte zugeschaut, wie die Zwillinge ihre Mutter begrüßten. Nach der Geburt ihres Kindes verbrachten Clavally und Danaquil Lu weniger Zeit am Sibyllencollege, und sie hatten die Aufgabe übernommen, sich um Tammis und Ariele zu kümmern.
    »Nicht meine Mutter?« vergewisserte sich Mond. Vor Enttäuschung klang ihre Stimme ganz dünn. Sie fragte sich, weshalb – und wie – ihre Großmutter nach Karbunkel gekommen war.
    »Wir gehen zu ihr!« schrie Ariele und hüpfte ungeduldig zum Eingang des Palastes zurück. »Komm mit, Mama!«
    Tammis, der ruhiger war als seine Schwester, blieb bei der Mutter und sah mit ernsten braunen Augen zu ihr hinauf. Er wollte getragen werden.
    »Tammis, ich kann dich nicht auf den Arm nehmen, ich bin zu müde«, sagte sie und nahm ihn statt dessen an die Hand. Aber Jerusha bückte sich und hob den Jungen hoch. »Ich trage ihn«, verkündete sie ihm, während sie ihn kitzelte, bis er zu protestieren vergaß.
    Zuerst wollte Mond ihr Tammis wieder abnehmen, doch sie besann sich anders und ließ die Hände wieder sinken, die instinktiv nach dem Jungen gegriffen hatten. Sie ließ es zu, daß Jerusha sich das Kind auf die Hüfte setzte und voranging.
    Clavally kam zu ihnen, mit Merovy an der Hand, und deutete einen respektvollen Gruß an. Mond sah es ihr am Gesicht an, daß sie besorgt war, und fragte sich, was sie wohl bedrückte. »Danaquil Lu läßt ausrichten, daß sein Cousin, Kirard Set, heute abend eine Feier gibt.« Clavally kniff die Lippen zusammen. »Dana fragt, ob wir nicht auch kommen wollen, damit ihm die Zeit 'schneller vergeht. Aber wenn du möchtest, daß ich hierbleibe ...«
    Mond lächelte schief. Nach dem, was sich an diesem Nachmittag zugetragen hatte, konnte sie sich denken, aus welchem Anlaß Kirard Set feierte. »Geh du nur und leiste ihm Gesellschaft. Jedesmal, wenn er mit seinen Verwandten zusammen war, kommt er heim wie ein Mann, der unter die Blutsauger geraten ist. Er braucht dich.«
    Clavally schmunzelte und nickte.
    »Amüsier dich gut«, sagte Mond. »Du hast es verdient.« Sie wandte sich an Merovy, die aus großen, scheuen Augen Tammis fixierte. »Und du sollst auch Spaß haben.«
    Merovy nickte feierlich und ließ sich von ihrer Mutter davonführen. Sie drehte sich noch einmal um und rief: »Auf Wiedersehen, Tammis.«
    Der kleine Junge winkte ihr mit ernster Miene zu.
    Mond betrat den Palast; während sie durch die hohen, luftigen Hallen schritt, betrachtete sie die Fresken an den Wänden. Als sie zum erstenmal in den Palast gekommen war, stellten die Bilder düstere Winterszenen dar. Auf ihr Geheiß hin hatte man die Wände übermalt, auf denen nun sonnenbeschienene Landschaften zu sehen waren, grüne Felder und Ansichten des türkisfarbenen Ozeans, überspannt von einem strahlendblauen Himmel. Doch in Gedanken sah sie noch oft die herben Winterbilder, die sie an alles erinnerten, was sie am Ende des Winters erlebt hatte. Dann dachte sie an Arienrhod, deren Geist ihr in jedem Raum des Palasts begegnete, und deren Bild sie in jedem Spiegel sah. zwang sich dazu, den Blick nach vorn zu richten. »Mama!« rief Ariele ungeduldig.
    Mond sah, wie ihre Tochter am Rand der Grube ungeduldig von einem Fuß auf den anderen hüpfte. Ihr stockte der Atem. »Ariele!« schrie sie mit scharfer Stimme und schritt schneller aus, womit das Mädchen gerechnet hatte.
    »Beeil dich!« rief Ariele und rannte auf die schmale, geländerlose Brücke hinaus, die den Schacht überspannte. Als das Mädchen die Angst der Mutter bemerkte, lachte sie furchtlos und schüttelte den milchweißen Haarschopf.
    Mond eilte auf die Brücke und schloß ihre Tochter in die Arme. »Wie oft habe ich dir gesagt ...«, fing sie an zu schimpfen.
    »Du bist mir zu langsam. Ich will zu Gran!« drängte Ariele. Sie schlang die Beine um die Taille der Mutter und trommelte mit den Füßen. »Du stinkst nach Fisch
– puh!
Komm schon, Mama!«
    Mond seufzte und überquerte die Brücke, während Jerusha mit Tammis langsam folgte. Seit Mond

Weitere Kostenlose Bücher