Tiamat-Zyklus 3 - Die Sommerkönigin 2 - Die Abkehr der Welt
er, KR? Wie geht es ihm? Wie kann ich ihn erreichen?)
(Langsam), wisperte er. (Nicht so schnell, Mond – obwohl ich dich korrekterweise mit Herrin anreden müßte – seit der Zeit, als wir uns begegneten, bin ich viel schwächer geworden. Der Transfer ist für mich sehr anstrengend ... BZ wird von der Hegemonischen Regierung festgehalten. Man will ihn ohne Gerichtsverhandlung verurteilen – dafür sorgt schon die Goldene Mitte –, weil man seine Popularität fürchtet. Weil er bezüglich des Wassers des Lebens eine oppositionelle Linie verfolgte, muß man ihn jetzt loswerden. Sie planen, ihn an einen Ort zu schicken, den er nie mehr verlassen kann. BZ bat mich, ich solle mit dir Verbindung aufnehmen. Wieso ist das alles passiert, Mond? Er sagte mir, du könntest mich darüber aufklären.)
(Bei den Augen der Herrin – ich kann es nicht, KR ...) Vor Angst und Verzweiflung war sie wie geblendet, ihre Gedanken verwirrten sich und ertränkten den Kontakt. Doch sie zwang ihr Herz, das sich in den letzten Wochen zu Eis verwandelt hatte, ihr Blut zum kühlen, damit sie wieder klar sehen und nüchtern denke konnte.
(Es geht nicht, ich kann es dir nicht erklären, genau sowenig wie er; aber du mußt wissen, daß jede Welt, au der es Sibyllen gibt, in Mitleidenschaft gezogen wird sollte ich meinen Auftrag nicht erfüllen ... Auch Kharemough würde die Konsequenzen zu spüren bekommen. Es gibt nur zwei Menschen, die mir helfen können BZ, und ein Mann namens Reede Kullervo. Ein Geheimbund, der sich die Bruderschaft nennt, hat Kullervo und meine Tochter gefangengenommen. Ich weiß nicht, wie ich sie befreien soll. Mein Mann ist nach Ondinee gereist, um ihnen zu helfen ... BZ glaubte, du könntest vielleicht deinen Einfluß geltend machen. Aber was können wir noch tun, KR, wenn selbst die Menschen, denen BZ bedingungslos vertraute, sich gegen uns stellen? –)
Seine Gedanken umschlossen sie wie wärmende Hände. (Die Goldene Mitte ist lediglich eine Facette in der verborgenen Struktur der Survey-Loge, so wie die Bruderschaft eine andere ist ... Ich gehe davon aus, daß du das verstehst. Es gibt noch weitere Cliquen, sie alle gleichen Spiegeln in einem Kaleidoskop. Es gibt noch Hoffnung – es gibt immer Hoffnung. Ich will sehen, was ich tun kann, damit deine Tochter und Kullervo zu dir zurückkommen. Aber darüber hinaus ...? – Die Dinge gerieten aus dem Gleichgewicht, als Kitaro-ken getötet wurde. Sie bildete ein Gegengewicht; mit ihrer Unterstützung hätte sich BZ gegen seine mächtigen Feinde behaupten können. Vielleicht sind Reede Kullervo und deine Tochter noch nicht verloren. Die Goldene Mitte kontrolliert jetzt allein das Wasser des Lebens, und wir, die den besseren Überblick haben, wissen, daß diese Situation untragbar ist.)
(Ja), dachte sie. (Ja. Das Wasser des Lebens ist schuld daran, daß alles schiefging ... Das Sibyllennetz ist in Gefahr, weil die Mers ausgerottet werden ... die Mers ...) Interferenzwellen peitschten gegen ihr Gehirn, und eine starke Unterströmung riß ihre Gedanken mit. (Das muß aufhören! Sie dürfen die Mers nicht länger jagen.)
Eine Stille trat ein, die wie Sonnenlicht auf einer Wasserfläche glänzte; sie dauerte den Augenblick einer Ewigkeit. (Schön und gut; aber wer verhindert die Jagd?) fragte Aspundh nach einer Weile. (Wir müssen etwas finden, das diesem Abschlachten ein Ende setzt: Etwas, das sie noch gieriger begehren als das Wasser des Lebens ...)
(Ich glaube nicht, daß es etwas gibt, das ihnen noch wichtiger erscheint), dachte Mond erbittert.
(Es wird etwas Besseres geben – irgendwo ...) erwiderte Aspundh, und sein leiser Spott breitete sich in schwachen Lichtkringeln aus. (Aber es muß schwer zu finden sein, denn sonst hätten sie es sich schon längst geholt, wie das Wasser des Lebens ...)
(Das Stardrive-Plasma), dachte sie. (Aber das besitzen sie bereits, weil BZ es ihnen zurückgab.)
(Vielleicht war das ein Fehler), murmelte Aspundh. (Aber irren ist menschlich – keiner von uns vermag in die Zukunft zu sehen. Es muß etwas geben, wonach sie lechzen.)
Ihr fiel das Geheimnis des Sibyllencomputers ein; wenn sie von seiner Existenz wüßten, würden sie nie wieder einen Mer anrühren. Aber nachdem sie bewiesen hatten, wie wenig sie mit Macht umzugehen verstanden, durfte man ihnen das Geheimnis niemals preisgeben – selbst wenn sie es hätte verraten können ... (Ich weiß es nicht. Ich weiß es nicht.)
(Ich bin auch ratlos. Aber wir dürfen die
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