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Tiamat-Zyklus 3 - Die Sommerkönigin 2 - Die Abkehr der Welt

Titel: Tiamat-Zyklus 3 - Die Sommerkönigin 2 - Die Abkehr der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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geklammert und versucht, sie zurückzuhalten.
    Doch in wilder Gier hatte sie ihn von sich gestoßen und war allein in die Umarmung des Lichts weitergegangen, der sie nicht widerstehen konnte, seine Liebe, sein Vertrauen und sein Herz opfernd ... Sie legte den Arm um ihren Sohn. Er zuckte zusammen und sah sie an; er schien zu wissen, was sie bewegte, denn er nickte und rückte näher an sie heran, während er fortfuhr, nach unten ins Licht zu starren.
    Reede/Vanamoinen stand an ihrer anderen Seite; der Körper war wie versteinert, während er sich mit wilder Besessenheit auf das konzentrierte, was in der Tiefe lag. Doch das Gesicht des Mannes, dessen Körper gegen seinen Willen als Gefäß für den Geist eines Genies diente, das seit Tausenden von Jahren tot war, drückte Hoffnungslosigkeit und Resignation aus. Reede war nicht viel älter als ihr Sohn, doch er hatte etwas Unstetes an sich; als hätte er niemals Frieden gekannt.
    Plötzlich taten ihr beide Männer leid, aus denen er sich zusammensetzte; aber das stärkere Mitleid empfand sie mit Reede Kullervo, dessen weitaufgerissene Pupillen nichts als Finsternis schauten, dessen war sie sich sicher. Er war kein Sibyl, auch wenn Vanamoinen als erster das Virus in sich getragen hatte. Wieviel von den Geschehnissen verstand er überhaupt, wieviel von seiner Furcht übertrug sich auf Vanamoinen ... Wo hörte der eine Mann auf, und wo begann der andere? Welcher liebte ihre Tochter – oder taten es beide?
    Sie wandte den Blick von ihm ab und beobachtete, wie der Glanz rings um sie her immer intensiver wurde; sie spürte, wie der Druck auf ihren Geist sich verstärkte. Sie schloß die Augen, doch es nützte nichts; sie sah immer noch das Licht, und sie konnte es hören, es durchdrang sie, wie Sonnenstrahlen eine Fensterscheibe zu durchdringen vermögen. Es erhellte ihr Innerstes, ließ alle anderen Gedanken, Sorgen und Gefühle verblassen; es schnitt sie von ihrer eigenen Welt ab und vereinigte sie mit diesem Wunder, das unablässig nach ihr rief. Sie spürte weder Angst noch Zögern; bereitwillig und voller Begeisterung strebte sie der Verschmelzung mit dem unbekannten Mysterium entgegen, auf die sie sich ihr Leben lang vorbereitet hatte.
    Dann merkte sie, daß die Kapsel stehengeblieben war und Reede mit ihr sprach. Sie riß sich zusammen. »Herrin ...«, wiederholte er mit schwankender Stimme, »es ist soweit, wir steigen aus ... und gehen hinunter.« Mit dem Ärmel wischte er sich den Schweiß vom Gesicht. »Sie müssen ...«
    »Ja.« Sie hatte das Gefühl, sie könne Reede und Tammis durch die geschlossenen Augenlider sehen, wie wenn ihr Körper transparent geworden wäre, vergänglich, verzehrt durch das strahlende Feuer in ihr. »Ich weiß, was ich tun muß«, sagte sie ruhig. »Tammis ...« Sie nahm seine Hand, als er seinen Helm aufsetzen wollte. »Sei vorsichtig. Frage, wenn du mich brauchst, und ich werde dir antworten.« Sie rezitierte das rituelle Versprechen und sah, wie der Zweifel aus seinem Blick verschwand.
    Er nickte; sie spürte, wie er sich entspannte, und sich dem Sirenenruf der lebendigen Macht, die sie lockte, hingab. »Auf Wiedersehen, Mam«, flüsterte er und stülpte sich den Helm über den Kopf.
    »Ich werde bei dir sein«, sagte sie, um sich und ihn zu trösten. Dann wandte sie sich wieder an Reede. »Ich werde auch bei Ihnen sein«, versprach sie dem Mann, dessen Augen auf einmal dreinschauten, als seien sie so alt wie die Zeit selbst, und die leer waren wie die eines Blinden. Ohne ein Wort der Erwiderung setzte sich Reede mit jähen, unsicheren Bewegungen den Helm auf.
    In der Wand hinter ihnen tat sich plötzlich eine Tür auf. Reede drängte an ihr vorbei und steuerte darauf zu. Tammis folgte ihm, und ehe er durch die Öffnung verschwand, schaute er sich noch einmal um. »Ich hab dich lieb«, sagte sie, ohne zu wissen, ob er sie hörte.
    Sie ging zum Port zurück und sah sich um. Unter dem letzten Haltepunkt der Kapsel lag das Meer. Die Oberfläche schwoll an im Rhythmus der Brandung, die draußen vor Karbunkel tobte. Das eigenartig phosphoreszierende Wasser schien ein Eigenleben zu besitzen; grünlich glitzernd wirbelte es umeinander, gefangen in einem hypnotischen Tanz mit sich selbst. Sie roch den beißenden Duft des Ozeans, schmeckte das Aroma des grünen Lichts ... Auf einmal entdeckte sie zwei Gestalten, die hinabkletterten; langsam hangelten sie sich verdeckte Treppenstufen hinunter, oder sie nutzten zufällig vorhandene Lücken in

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