Tief atmen, Frau Doktor!
Freddie jovial.
»Aber Sie sitzen nicht am Steuer eines Fahrzeuges«, betonte Schutzmann Wilkins.
»Wir waren alle bei einem Absch... Abschiedsessen«, erzählte ihm Roland. »Weißt du, wer den Ehrenschutz übernommen hatte? McTavish, die Eisenfaust, dein Polizeidirektor persönlich.«
Schutzmann Wilkins hinderte sich daran, impulsiv zu salutieren.
»Wir sind gegangen, als der blöde Kerl noch wegen der Rechnung verhandelte.« Freddie dachte nach. »Hoffentlich läßt er zehn Pfund unter dem Teller.«
Biggin gähnte noch herzhafter. »Ich muß wirklich gehen. Bemühe dich nicht wegen dem Kaffee, Timothy.«
»Gute Nacht, junger Freund.« Freddie legte Schutzmann Wilkins den Arm um die Schultern. »Du kannst mich mal einen Tag zum Fischen begleiten. Wenn ich mich recht erinnere, bist du verdammt geschickt mit der Forellenfliege. «
»Dr. Hill!« Alle drei blieben beim Eingang stehen, erschreckt durch den Befehlston des Polizisten. Er holte tief Atem. »Straßenverkehrsordnung für 1972, Abschnitt 5«, zitierte er schnell. »Sie stehen unter Verdacht des Vergehens, auf einer Straße oder an einem anderen öffentlichen Ort in alkoholisiertem Zustand ein motorisiertes Fahrzeug gelenkt zu haben oder versucht zu haben, es zu lenken.«
Die drei starrten ihn verblüfft und schweigend an.
»Ich muß Sie bitten, sich einem Alkoholtest zu unterziehen, Dr. Hill«, fuhr er ruhig fort und holte unter dem Schalter eine viereckige Blechschachtel hervor.
»Alkoholtest? « rief Roland aus.
»Wenn er einen Alkoholtest machen muß, dann müssen auch wir einen machen«, erklärte Freddie mannhaft. »Wir sind die Drei Musketiere. Einer für alle, alle für einen.«
»Athos!« sprach Roland feierlich und schlug sich an die Brust.
»Porthos!« verkündete Freddie, schnappte sich ein Lineal vom Schreibtisch und zielte mit Fechthieben auf Schutzmann Wilkins' Zwerchfell.
»Du liebe Güte, wie hieß denn der dritte?« murmelte Biggin. »Harris? Nein, das ist Drei Männer in einem Boot. Ich hab's! Aramis. Ja, ich bin Aramis«, rief er aus und sah sehr zufrieden mit sich aus.
Schutzmann Wilkins holte zwei Alkoholteströhrchen. Freddie schnappte sie vom Schalter. »Eins für dich und eins für mich«, wies er Roland an. »Eins, zwei, drei, blasen!«
Die beiden Ärzte bliesen hinein, als wären es Neujahrspfeifchen.
Schutzmann Wilkins setzte schweigend ein drittes zusammen, das er Biggins aushändigte. »Ich -« Er schluckte. »Ich kann Sie wegen Trunkenheit und Erregung öffentlichen Ärgernisses verhaften.«
Freddie und Roland wechselten einen Blick. Der Abend nahm allmählich die unglaubliche Absurdität eines Horrorfilms im Fernsehen an. »Uns verhaften?«
»Und wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt«, fügte Schutzmann Wilkins in einem Atemzug hinzu.
»Erinnert ihr euch daran, wie wir den kleinen Timothy hier gegen Windpocken behandelt haben?« fragte Freddie laut.
»Ein abscheulicher Anblick noch dazu«, pflichtete Roland ihm bei.
»Und die Läuse?«
»Und die Schulschwänzerei. Erinnerst du dich noch, Timothy?« sagte Roland. »Wir haben deiner Mutter eine Bescheinigung gegeben. Darin ist gestanden, daß du an einer Schulphobie leidest. Natürlich hast du nichts dergleichen gehabt. Du warst einfach stinkfaul. Sonst -«
»Hättest du Ärger mit der Polizei gekriegt«, sagte Freddie leichthin.
Sie wurden durch laute Schluckaufgeräusche unterbrochen. »Ich kann meines überhaupt nicht aufblasen«, klagte Biggin.
»Bring Dr. Hill ein Glas Wasser, Timothy, sei so freundlich«, wies Roland ihn an.
Timothy zögerte. Aber die Ehrerbietung, die er seit seiner Kindheit für Mitreburys geachtetste und netteste Ärzte empfunden hatte, trug den Sieg über sein polizeiliches Pflichtgefühl davon. Er verschwand in der Küche des Polizeireviers.
»Ich muß wirklich versuchen, es aufzublasen«, murmelte Biggin. »Wenn auch nur, um Timothy eine Freude zu machen.«
»Oh, ich tu's für dich«, bot Freddie sich großzügig an und blies kräftig in das Röhrchen. »Warum bringen wir ihn nicht zum Lachen?« schlug er Roland vor. »Das wirkt todsicher bei Schluckauf.«
»Ja wirklich, jemand hat mir beim Abendessen einen sehr komischen Witz erzählt«, stimmte Roland freudig zu. »Worum ging es gleich? Ach ja. Da war dieses Mädchen, wißt ihr. Eine Debütantin oder so.«
»Heute gibt es keine Debütantinnen mehr«, wandte Biggin unter heftigem Schluckauf ein.
»Es ist vor Jahren passiert«, erklärte Roland. »Das Mädchen ist zum
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