Tief im Herzen: Roman (German Edition)
sollte einen Jungen in Ruhe lassen, der lauter Zweier bekommt.« Er hob die Hand, bevor sie etwas dazu sagen konnte. »Potential. Die allerbesten Menschen haben mein Potential entwickelt. Wir werden daran arbeiten.«
»Gut.« Sie fing wieder an zu wischen. »Ihr Anwalt hat sich wegen der Vormundschaft mit mir in Verbindung gesetzt. Man wird sie Ihnen wahrscheinlich übertragen, zumindest vorläufig. Aber Sie müssen mit regelmäßigen Kontrollen rechnen.«
»Das heißt, mit Ihnen.«
»Das heißt, mit mir.«
Cam hielt kurz inne. »Können Sie auch Fenster putzen?«
Sie konnte nicht anders, sie mußte lachen, als sie Seifenwasser in die Spüle goß. »Ich habe auch mit einigen Ihrer Nachbarn geredet und werde mich noch mit anderen unterhalten.« Sie wandte sich ihm wieder zu. »Von nun an wird Ihr Leben ein offenes Buch für mich sein.«
Er stand auf, nahm den Schrubber, näherte sich ihr mehr als es die Höflichkeit zuließ. »Lassen Sie es mich wissen, wenn Sie zu einem Kapitel kommen, das Sie persönlich interessiert.«
Ihr Herz begann heftig zu schlagen. Ein in persönlicher Hinsicht gefährlicher Mann, dachte sie. »Ich habe keine Zeit für Romane.«
Sie wollte zurücktreten, doch er nahm ihre Hand. »Ich mag Sie, Ms. Spinelli. Ich bin mir noch nicht im klaren darüber, warum, aber es ist so.«
»Das sollte uns den Umgang miteinander erleichtern.«
»Falsch.« Er fuhr mit dem Daumen über ihren Handrücken. »Es wird alles komplizieren. Aber vor Komplikationen habe ich keine Angst. und es wird allmählich Zeit, daß es mit meinem Glück wieder aufwärtsgeht. Mögen Sie italienisches Essen?«
»Mit einem Namen wie Spinelli?«
Er grinste. »Stimmt. Ich könnte ein geruhsames Essen in einem anständigen Restaurant in Gesellschaft einer hübschen Frau gut brauchen. Wie wär’s mit heute abend?«
»Ich wüßte keinen Grund, warum Sie sich heute abend nicht ein geruhsames Essen in einem anständigen Restaurant in Gesellschaft einer hübschen Frau gönnen sollten.« Sie befreite ihre Hand. »Aber wenn Sie mich einladen wollen, lautet die Antwort nein. Erstens wäre es nicht klug, zweitens bin ich bereits vergeben.«
»Verdammt, Cam, hast du mich nicht hupen hören?«
Anna drehte sich um und sah sich einem völlig durchnäßten, ungehaltenen Mann gegenüber, der zwei prallvolle Tüten mit Lebensmitteln hereintrug. Er war groß, gebräunt und beinahe schön. Und zudem außer sich vor Wut.
Phillip schüttelte sich das Haar aus den Augen und konzentrierte sich auf Anna. Seine Miene veränderte sich blitzschnell – von erbost zu charmant.
»Hallo. Tut mir leid.« Er stellte die Tüten auf dem Tisch ab und lächelte ihr zu. »Ich wußte nicht, daß Cam Gesellschaft hat.« Dann entdeckte er den Eimer und den Schrubber, der zwischen ihnen lehnte, und zog die falsche Schlußfolgerung. »Ich wußte gar nicht, daß er eine Haushaltshilfe engagieren wollte. Aber Gott sei Dank.« Phillip
nahm ihre Hand und küßte sie. »Ich bete Sie jetzt schon an.«
»Mein Bruder Phillip«, erklärte Cam trocken. »Dies ist Anna Spinelli von der Fürsorge. Du kannst dir das Süßholzgeraspel sparen, Phil.«
Der Charme blieb. »Ms. Spinelli. Wie nett, Sie kennenzulernen. Ich glaube, unser Anwalt hat sich mit Ihnen in Verbindung gesetzt.«
»Ja, richtig. Mr. Quinn hat mir gesagt, daß Sie jetzt hier wohnen werden.«
»Ich sagte doch, Sie sollen mich Cam nennen.« Er ging zum Herd, um sich Kaffee nachzuschenken. »Es wird verwirrend sein, wenn Sie uns alle mit Quinn anreden.« Cam hörte das Klappern an der Hintertür und holte eine weitere Tasse heraus. »Vor allem jetzt«, sagte er, als die Tür aufsprang und ein tropfnasser Mann, gefolgt von einem Hund, hereinkam.
»Jesus, dieses Mistwetter ist aber schnell aufgezogen.« Während Ethan seine Regenjacke auszog, stellte der Hund sich breitbeinig hin und schüttelte sich heftig. Anna zuckte nur zusammen, als Wasser auf ihr Kostüm spritzte. »Hat gerade gewittert, da …«
Er entdeckte Anna und nahm automatisch seine nasse Mütze ab, dann fuhr er sich mit der Hand durch sein feuchtes Haar. Beim Anblick von Frau, Eimer und Schrubber dachte er schuldbewußt an seine schlammigen Stiefel. »Ma’am.«
»Mein zweiter Bruder, Ethan.« Cam reichte Ethan eine Tasse mit dampfendem Kaffee. »Diese Frau, die dein Hund gerade von Kopf bis Fuß mit Wasser bespritzt und mit Hundehaaren bestäubt hat, ist die Sozialarbeiterin.«
»Tut mir leid. Simon, sitz!«
»Ist schon gut«, fuhr Cam
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