Tief im Hochwald - Kriminalroman
gegeben hätte, gab es kaum Ausschlusskriterien. Dennoch konzentrierten sich ihre Ermittlungen im Wesentlichen auf katholische Männer unter sechsundvierzig Jahren, die kein eindeutiges Alibi vorweisen konnten. Das betraf vor allem die Freiberufler und Selbstständigen, deren Alibis schwerer zu überprüfen waren, weil sie keine geregelten Arbeitszeiten hatten und ihre Abwesenheit möglicherweise niemandem auffiel. Somit kamen vor allem Handwerker und Künstler in Betracht, von denen es in Hellersberg aber einige gab.
Die Trierer Kollegen der Sonderkommission schwärmten aus, um einige Hellersberger und den Holzerather Schreiner Uwe Lauer nach ihren Alibis zu befragen, während die anderen zusammen zu rekonstruieren versuchten, welche Hellersberger weder auf der Kirmes, dem Handwerkermarkt noch bei der Beerdigung gewesen waren, sich aber nachweislich zu diesen Zeiten in Hellersberg aufgehalten hatten. Dabei kam ihnen zugute, dass am Freitag der letzte Schultag vor den Herbstferien gewesen war. Manche waren in die Ferien gefahren und hatten darum die Beerdigung aus gutem Grund verpasst. Diejenigen konnten somit als Mörder von Thomas Jungblut ausgeschlossen werden.
Der erste Mord war inzwischen fast vier Wochen her. Viele wussten nicht mehr zuverlässig, was sie zu den verschiedenen Todeszeitpunkten gemacht hatten, geschweige denn, dass sich mögliche Alibigeber zuverlässig daran hätten erinnern können, ob sie an diesen Tagen und zu genau diesen Zeiten mit eventuellen Verdächtigen zusammen gewesen waren. Landscheid raufte sich darüber die wenigen Haare, die ihm geblieben waren.
Gegen Mittag brachte Pastor Lämmle eine Übersicht der Lieder und des Altarschmucks sowie sonstiger Details der beiden Trauerfeiern vorbei. Bernadette wollte sich auf weitere Caches in der Region konzentrieren. Das war zwar nicht ihr Aufgabengebiet, aber vom Cachen hatte sie von allen Anwesenden zweifellos die meiste Ahnung. Der Computerspezialist fand das Thema spannend und ließ sich von Bernadette und Hajo erklären, wie Cachen funktionierte. Gemeinsam suchten sie im Internet nach neu gelegten oder auch schon bekannten Geocaches. Hajo bot an, einige Caches abzulaufen, damit niemand von der Sonderkommission wertvolle Zeit verlor, aber zum einen hatte er kein Auto zur Verfügung, zum anderen fanden die Polizeibeamten es zu gefährlich, ihn allein loszuschicken. Ausgerechnet der Computerspezialist, der sich sonst nie freiwillig bewegte, bot an, sich mit Hajo auf den Weg zu machen.
»Denkt bitte daran, dass man nicht überall im Wald Handyempfang hat. Meldet euch bitte trotzdem zwischendurch mal, damit wir wissen, dass es euch gut geht«, gab Vanessa ihnen mit auf den Weg.
ZWÖLF
Der Montag hatte mit Bodennebel begonnen, der sich zäh über die Felder legte, aber darüber ließ sich ein strahlender Tag erahnen. Die Jugendlichen hatten sich für ein Uhr verabredet, da sie keine allzu weite Strecke über den Ruwer-Hunsrück-Radweg fahren, sondern vor allem an einem der Rastplätze grillen wollten. Ein Klassenkamerad von Philipp hatte sich neulich den Knöchel verstaucht und konnte noch nicht in die Pedale treten, aber er hatte angeboten, mit dem Auto zu einem der vielen Parkplätze an der Strecke zu kommen und Grillgut und Getränke mitzubringen. Sie sollten ihn von unterwegs anrufen, sobald abzusehen war, wann sie dort eintreffen würden. In Richtung Trier verlief der Radweg fast nur bergab, sodass die Jugendlichen zunächst ein Stück in Richtung Hermeskeil fuhren, um später eine umso längere Abfahrt zu haben. Sie waren zu sechst, da war es gut, dass sie den Radweg nehmen konnten und nicht auf der Straße fahren mussten. Der Radweg führte über eine ehemalige Bahnstrecke fernab von jedem Verkehr. So war es angenehm zu fahren, wenn man sich unterwegs auch noch unterhalten wollte.
Der Radweg war ein riesiger Erfolg für die Region. Da er auf der alten Bahntrasse verlief, hatte er keine größeren Steigungen oder Kurven, sondern stieg nur sanft, aber stetig von Trier in Richtung Hermeskeil an. In Waldrach war der Radweg so beliebt, dass für die vielen Spaziergänger, Inlineskater und Hundebesitzer extra eine zweite Spur angelegt worden war, damit für die Radfahrer noch genug Platz blieb. Auf dem Radweg konnten sowohl Streckenfresser, denen es darum ging, schnelle Trainingsstrecken zu fahren, als auch Familien mit Kleinkindern auf Laufrädern ihren Spaß haben. In regelmäßigen Abständen gab es Rastplätze, gut erreichbare
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