Tief im Hochwald - Kriminalroman
gescheitert, zum Glück ohne Kinder. Er gilt wohl als nicht therapierbar und lebt so vor sich hin in seiner eigenen Welt.«
Alle schwiegen nachdenklich und bestürzt. Hajo erinnerte sich: Die Zwillinge waren außerordentlich hübsche Jungs gewesen, mit engelsgleichen Gesichtern, langen blonden Locken und großem Charme. Dass ausgerechnet sie so abgestürzt waren, schockierte alle.
»Wann kommt denn Johannes?«, riss Hartmut Hajo aus seinen Gedanken.
»Er muss heute lange arbeiten, kommt aber morgen Mittag zum Essen, damit er pünktlich zur Führung durch die Grundschule um vierzehn Uhr bei euch ist. Was habt ihr außerdem geplant?«
Eine der Frauen erläuterte, dass morgen um fünfzehn Uhr dreißig gemeinsames Kaffeetrinken geplant sei und anschließend im Wesentlichen ein gemütliches Beisammensein, was vermutlich in verschärftes Leistungstrinken ausarten werde. Sie wirkte dabei leicht pikiert. Die Männer lachten wie ertappte Jugendliche.
»Warte ab, vielleicht hatten Jürgen und ich eine weitere Idee«, sagte Matthias geheimnisvoll.
»Du darfst aber nicht vergessen, dass ich um achtzehn Uhr die Orgel zum Festamt spielen muss. Wir müssen versuchen, unseren Zeitplan einzuhalten«, ermahnte ihn der Organist.
»Ich lasse euch mal wieder allein und gehe zu meiner eigenen Altersklasse«, verabschiedete sich Hajo und pochte auf den Tisch.
Die ganze Woche über hatte Hajo versucht, mit Vanessa weitere Hinweise herauszufinden. Er war froh, eine Aufgabe zu haben, und hatte den Eindruck, die Ermittlungen mit seinen Kenntnissen übers Geocachen vorantreiben zu können. Nachdem Heiner anfangs gehofft hatte, die Morde seien eher zufällig auf Hellersberger Grund und Boden geschehen, war es nach den neusten Erkenntnissen augenfällig, dass die Morde mit den Caches, die sie gefunden hatten, zu tun hatten und miteinander in Zusammenhang standen. Hajo hatte viel mit Jonas telefoniert und ihm mit Vanessas Hilfe gemailt. Jonas hatte sie erst darauf hingewiesen, dass ein Travelbug eine zufällig generierte Nummer tragen würde und keinen verschlüsselten Namen. Außerdem war dieser Travelbug nirgendwo im Internet zu finden gewesen, und außer dem Lottoschein, der laut Hinweis in der Dose bleiben sollte, hatten sie auch keinen Gegenstand gefunden, der nach Nürnberg hätte gebracht werden sollen. Holger Zilk hatte ganz sicher nichts Derartiges bei sich gehabt, es bestand nur noch die Möglichkeit, dass der Mörder den betreffenden Gegenstand an sich genommen hatte. Auch die Kollegen in Nürnberg hatten in der Kirche St. Lorenz keinen Cache finden können, ebenso wie sie sich auf den Cache am Saar-Hunsrück-Steig bislang keinen Reim machen konnten. Nach Rücksprache mit den Kollegen im Saarland, in Nürnberg und Speyer konnten die Personen, die in einer offensichtlichen Beziehung zu den Opfern standen, zwischenzeitlich als mögliche Tatverdächtige ausgeschlossen werden, da sie alle, insbesondere Zilks Frau und ihr neuer Lebensgefährte, Alibis hatten. Auch die Freundin von Martin Winter war inzwischen aus dem Ausland zurückgekehrt und vernommen worden. Sie schilderte, dass ihr Freund in den letzten Tagen sehr nervös gewesen sei. Sie hatte es auf Stress am Arbeitsplatz zurückgeführt und ihm daher bei ihrem morgendlichen Telefonat empfohlen, vor der Arbeit cachen zu gehen, weil sie dachte, dass ihm ein Spaziergang durch die Natur ein wenig Ruhe bringen werde. Im Nachhinein räumte sie ein, dass sein Verhalten vielleicht auch ein Ausdruck von Angst gewesen sein könnte, was sie nicht erkannt habe, weil die beiden sich noch nicht so lange kannten. Die Freundin erzählte, Winter habe nicht viele Kontakte gehabt, sie konnte sich aber nicht vorstellen, dass er Feinde hatte, was auch die Kollegen und Nachbarn bestätigten. Mit seiner Familie hatte Winter schon vor Jahren gebrochen, darum war er schon als Jugendlicher aus Hellersberg fortgezogen. Warum, ließ sich nicht rekonstruieren. Die direkten Angehörigen lebten nicht mehr, die entferntere Verwandtschaft vertrat sehr unterschiedliche Theorien, die keine tatsächlichen Schlüsse zuließen.
Es schien so, als tappe die Polizei völlig im Dunkeln. Am Mittwoch war Vanessa nach Trier gefahren, als sie sicher wusste, dass ihr Lebensgefährte im Präsidium war. Sie hatte sich Kleidung und einige sonstige Utensilien geholt und sich auf einen längeren Aufenthalt in Hellersberg eingerichtet. Der Polizeichef hielt ihr bei ihren Ermittlungen den Rücken frei, und beide waren froh,
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