Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tief im Hochwald - Kriminalroman

Tief im Hochwald - Kriminalroman

Titel: Tief im Hochwald - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Moni
Vom Netzwerk:
Kapelle errichten, an deren Stelle später eine Kirche gebaut wurde.
    Mit dem Wetter hatte man Glück. In der zweiten Septemberhälfte hätte es auch deutlich regnerischer sein können.
    Hajo freute sich aus zweierlei Gründen auf die Kirmes: Nicht nur, dass er den Kirmesbetrieb als solches mochte, er freute sich vor allem auf einen, den er lange nicht gesehen hatte, nämlich seinen Sohn Johannes. Da auch Johannes am Klassentreffen teilnehmen wollte, würde er sich endlich mal wieder in Hellersberg blicken lassen. Seine Frau Lenny hatte keinerlei Verständnis für das ländliche Leben und ließ sich nur selten dazu herab, ihren Schwiegervater zu besuchen, was Hajo allerdings nicht gerade bedauerte. Es gab nichts, womit sie zufrieden war. Darum freute sich Hajo umso mehr, dass nur Johannes zum Klassentreffen kam und Vater und Sohn mal wieder ein wenig Zeit zusammen haben würden. Hajo wusste nicht, ob die Bank in Luxemburg Johannes tatsächlich so wenig Zeit ließ oder ob sein Sohn sich nur vor den Familienbesuchen drückte, aber das war ihm auch nicht wichtig. Ab und zu ein Besuch aus einem ehrlichen Bedürfnis heraus war für ihn mehr wert als regelmäßige, unehrlich gemeinte Pflichtbesuche. Hajo hatte Wildschwein in Rotwein-Zimt-Beize eingelegt, die Kartoffelklöße und den Rotkohl dazu würde er selbst machen. Er hatte Birnen in Rotwein mariniert, und zum Nachtisch würde er Bratäpfel füllen. Den ganzen Freitag verbrachte Hajo in der Küche, und abends ging er zum Festplatz. Als er an einer Reihe Biertische vorbeikam, rief ein Mann im Alter seines Sohnes:
    »Hallo, Herr Nert, Sie haben das Konzert des Mundharmonikavereins verpasst. Ob Ihnen da je verziehen wird?« Die Runde lachte.
    Hajo sah sich am Tisch um, an dem einige ihm bekannte Gesichter saßen, aber auch ein paar Leute, bei denen er nur vermuten konnte, um wen es sich handelte. Die Gruppe rückte zusammen, damit Hajo sich dazusetzen konnte, und nach und nach stellte sich jeder vor und erzählte ihm und somit auch den Klassenkameraden, was in den vergangenen Jahren so passiert war und wohin es ihn verschlagen hatte.
    »Was ist überhaupt aus Udo geworden? Mit dem war Johannes doch früher viel zusammen«, erkundigte sich Doris. Alle am Tisch wurden still.
    »Hast du das damals nicht gehört? Udo ist angeblich im Studentenwohnheim aus dem offenen Fenster im vierten Stock gefallen, während seine Kumpels im Nachbarraum Karten gespielt haben. Geglaubt habe ich diese Version nie. Aber Udo war immer schon sehr still und in sich gekehrt«, erklärte Jürgen Rommelfanger.
    »Kommen sonst alle aus eurer Klasse?«, fragte Hajo.
    »Es ist ganz seltsam«, antwortete Matthias Zimmer. »Ich habe ja versucht, dieses Treffen zu organisieren, und habe alle angeschrieben. Viele Eltern wohnen nach wie vor in Hellersberg oder in der Umgebung, aber Jürgen und ich sind die Einzigen, die hier in der Gegend geblieben sind. Die Mädchen sind zum Großteil nur nach Trier oder Saarbrücken gezogen, aber die Jungs haben sich überallhin verstreut. Einer ist nach Amerika ausgewandert und kann logischerweise nicht kommen, Michael ist Tänzer in Berlin und hat am Wochenende einen Auftritt, kann daher auch nicht kommen, einer züchtet Schafe in Irland, ein anderer hat ein Weingut in Südfrankreich gekauft und steckt mitten in der Weinlese.«
    »Du wolltest eben erzählen, was aus den Zwillingen geworden ist«, meldete sich eine Frau zu Wort, von der Hajo wusste, dass sie Anna hieß.
    Matthias Zimmer zögerte kurz und erklärte schließlich:
    »Tja, die Zwillinge, Frank und Dirk. Zunächst wollte die Mutter mir gar nichts erzählen. Sie meinte nur, die beiden hätten kein Interesse an einem Klassentreffen. Ich war der Meinung, das sollten sie selbst entscheiden, und habe ihre Mutter gebeten, wenn sie mir die Adressen schon nicht nennen wollte, die Einladungen an ihre Söhne weiterzuschicken. Nach ein paar Tagen kam der Brief an Frank mit dem Vermerk ›unbekannt verzogen‹ zurück. Ich habe neulich zufällig den Cousin der Zwillinge getroffen. Der erzählte mir, Frank sei seines Wissens obdachlos und als Alkoholiker völlig abgestürzt. Entweder die Mutter weiß tatsächlich nicht, wo er wohnt, oder er hat ihr irgendeine Adresse gegeben, die nie gestimmt hat.«
    Schweigen legte sich über die Runde, bis schließlich einer fragte: »Und Dirk?«
    »Der lebt schon seit längerer Zeit in einer psychiatrischen Klinik, wie mir der Cousin erzählt hat. Zwei Selbstmordversuche, Ehe

Weitere Kostenlose Bücher