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Tief im Hochwald - Kriminalroman

Tief im Hochwald - Kriminalroman

Titel: Tief im Hochwald - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Moni
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sich bei der Arbeit nicht begegnen zu müssen. Stattdessen stand Vanessa in engem Kontakt mit ihrem Trierer Kollegen Gunter Hermesdorf, der seinerseits gut mit der Kriminaltechnik zusammenarbeitete. Die Ermittlungen im Fall des toten Saarländers musste Vanessa im Wesentlichen den Kollegen des Nachbarbundeslandes überlassen. Sie stand aber ständig mit ihnen in Verbindung, da die Erkenntnis, dass Winter gebürtiger Hellersberger gewesen war, den Verdacht nahelegte, dass er nicht zufällig auf Hellersberger Grund ermordet worden war.
    Ruth Eiden hatte Vanessa inzwischen einen Sondertarif angeboten, der letztlich günstiger war als eine Mietwohnung in Trier und die täglichen Fahrten in den Hunsrück. Und da Vanessa sowieso das Gefühl hatte, dringend Abstand von ihrem alten Leben zu brauchen, und bislang keine Energie für ein neues hatte, fühlte sie sich inzwischen in Hellersberg ganz gut aufgehoben.

    Am Samstagmorgen stand Hajo schon früh auf, um das Mittagessen vorzubereiten. Der Braten musste für mehrere Stunden in den Backofen, die Klöße und die Bratäpfel, deren Füllung schon im Kühlschrank wartete, konnte er bereits vorbereiten. Wenn Johannes um vierzehn Uhr an der Schule sein wollte, würden sie früh essen müssen. Hajo hatte überlegt, ob er Vanessa zum Essen einladen sollte, aber er wollte den Mittag allein mit seinem Sohn genießen. Sie könnte am nächsten Tag kommen und mit ihm zusammen die Reste essen, das wäre dann auch keine derart formelle Einladung. Er fürchtete sich davor, sich vor seinem Sohn erklären zu müssen, dabei wollte er nur nett sein. Zugegeben, es tat ihm gut, jemanden zu umsorgen, aber für ihn war es eher so, wie man sich um eine Schwiegertochter gekümmert hätte, mehr steckte nicht dahinter.
    Als Johannes kam, war noch Zeit genug für einen Aperitif im Wohnzimmer. Sie tranken gemütlich einen alten Sherry zusammen, und Hajo lauschte den Erzählungen seines Sohnes über dessen Arbeit, über die vielen Veranstaltungen, die sie neuerdings besuchten, wo Jonas nicht mehr zu Hause war, und über den Garten. Hajo nahm wahr, dass sein Sohn vermied, das Gespräch auf Lenny oder Jonas zu bringen, denn Johannes wusste, dass Hajo es nicht guthieß, dass sie Jonas abgeschoben hatten. Es war nicht dessen Entscheidung gewesen, ein Jahr nach Amerika zu gehen, aber Lenny hatte gemeint, in Jonas’ Alter brauche man so etwas dringend zur Persönlichkeitsbildung. Leider litt Lenny immer wieder unter der Vorstellung, sie müsse an Jonas all das verwirklichen, was sie selbst verpasst hatte. Und da es Jonas als das kleinere Übel erschien, ein Jahr bei Fremden zu sein, als es mit seiner Mutter zu verbringen, hatte er sich gefügt.
    Als Hajo Johannes in der warmen Bauernküche zu Tisch bat, entfuhr diesem ein anerkennendes »Mannomann!«. Er bedankte sich dafür, dass sich sein Vater sichtlich Mühe gegeben hatte, und gab zu, er habe ein schlechtes Gewissen, weil er sich so selten blicken ließ. Es war einer dieser seltenen Momente, in denen Johannes sich seinem Vater öffnete und erzählte, wie sehr es ihn störe, dass Lenny nur Karriere, Geld und ihr persönliches Vergnügen im Kopf habe, und dass es schwer sei, ein vernünftiges Leben mit ihr zu führen. Johannes musste sich selbst eingestehen, dass sie sich entfremdet hatten. Seit nicht einmal mehr Jonas als Bindeglied vor Ort war, besuchten sie zwar zusammen verschiedene Veranstaltungen, aber eher aus gegenseitiger Rücksichtnahme, nicht aufgrund gemeinsamer Interessen. Johannes stand von der Bank auf, trat hinter seinen Vater und nahm ihn liebevoll in den Arm.
    »Ich danke dir, Paps. Ich komme gern nach Hause, und mir wird gerade schmerzlich bewusst, dass ich das viel zu selten tue. Damals, nach dem Abitur, konnte ich nicht schnell genug in die Stadt ziehen, heute merke ich, dass Hellersberg eigentlich immer meine Heimat war und immer noch ist.«
    Hajo schluckte die aufsteigenden Tränen runter, räusperte sich und überlegte, welche Reaktion angemessen wäre. Er hätte Johannes sagen können, wie sehr es ihn verletzte, dass dieser sich so selten blicken ließ. Stattdessen sagte er voller Liebe und mit Wärme in der Stimme: »Ich bin froh um jeden Moment, den du bei mir bist, aber ich bin auch froh, dass du dein eigenes Leben führst.«
    Hajo schluckte die Vorwürfe hinunter, die er hegte, seit Johannes nach Katharinas Tod so schnell wie möglich sein Erbe verkauft hatte, um an Geld zu kommen. Er konnte sich vorstellen, wie schwer es war,

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