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Tief im Wald und unter der Erde - Winkelmann, A: Tief im Wald und unter der Erde

Titel: Tief im Wald und unter der Erde - Winkelmann, A: Tief im Wald und unter der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Winkelmann
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Leder knarzte leise. Er hielt die Handflächen aneinandergepresst und stützte sein Kinn auf die Fingerspitzen. Mit seinem feisten Gesicht und der hohen Stirn erinnerte er Hendrik in diesem Moment an eine Buddha-Statue. Hoffentlich erwies er sich auch als ähnlich weise!
    »Ich weiß nicht …«, begann er, nachdem Hendrik geendet hatte. »Für mich passt das nicht zusammen. Sie sind doch schon seit einiger Zeit an diesem Mirkovich und seinem Partner dran. Kann es nicht sein, dass irgendein Konkurrent versucht, das auszunutzen?«
    »Möglich ist vieles. Ich will das auch nicht ausschließen und werde selbstverständlich in diese Richtung ermitteln. Ich halte es aber aus besagten Gründen für nicht sehr wahrscheinlich. Wir sollten uns in diesem frühen Stadium der Ermittlungen alle Optionen offenhalten … aber das wissen Sie selbst ja am besten.«
    »Diese andere Option, Hendrik, kann es sein, dass sie in Richtung eines Serientäters geht?«
    Hendrik stockte kurz. Das Wort war heraus. Döpner überraschte ihn damit.

    »So weit würde ich nicht unbedingt gehen«, sagte Hendrik und spürte beinahe, wie er sich selber in den Arsch trat.
    »Aber Sie haben daran gedacht, nicht wahr?«
    Hendrik zuckte mit den Schultern. »Im Ansatz, ja.«
    »Hendrik, Sie sind doch clever. Es ist Ihnen doch klar, dass ich aufgrund der dünnen Beweislage keine Sonderermittlungsgruppe einsetzen kann, die haufenweise Geld verschlingt. Serientäter! Herrgott! Stellen Sie sich die Presse vor. Wir sind hier nicht in Amerika. Hierzulande, gerade in unserer Region, haben die Menschen keine Erfahrung mit Serientätern und wissen auch nicht, wie sie damit umgehen sollen. Und unter uns gesagt, wir haben auch keine Erfahrung damit, nicht wahr.«
    »Das nicht, aber …«
    »Nein, Kriminalrat Hendrik, das ist mir zu früh. Wenn Sie mit etwas Stichhaltigem kommen, bin ich der Letzte, der Ihnen Steine in den Weg legt. Aber nicht in diesem Stadium. Arbeiten Sie mit der Karminter zusammen … eine sehr fähige Frau übrigens … aber lassen Sie um Himmels willen nicht durchblicken, es könnte sich um einen Serientäter handeln. Schließlich sind erst zwei Mädchen verschwunden. Und die haben nichts, aber auch gar nichts miteinander zu tun. Von diesem ominösen Unfall mal ganz zu schweigen.«
    »Also bleibt es bei geteilter Ermittlungsarbeit?«
    Döpner nickte. »Offiziell und vorerst ja. Was Sie und KHK Karminter intern machen, bleibt wie immer weitestgehend Ihnen selbst überlassen. Sie kennen mich, ich vertraue Ihnen. Habe ich mich klar ausgedrückt?«
    Klar wie ein Politiker, dachte Hendrik, sagte es aber nicht.Vielleicht würde er in ein paar Jahren auf der anderen Seite des Schreibtisches sitzen und Entscheidungen treffen
müssen, die seine Untergebenen nicht verstehen konnten. Dann würde er sich über ein wenig Respekt sicher auch freuen.
    Vorerst freute Hendrik sich darüber, dass das Gespräch beendet war und er endlich seine Blase erleichtern konnte.

3.
    Tag, abends
    Westliche Winde brachten feuchte Luft vom Atlantik mit, die auf ihrem Weg die Kälte der Nordsee aufsog und tief ins Landesinnere trug. Für Schnee war die Temperatur noch nicht niedrig genug, aber der feine Regen war trotzdem schneidend kalt, peitschte von der Seite und trieb die Menschen zur Eile. In Regenjacken gehüllt liefen sie mit hochgezogenen Schultern durch den Ort, blickten weder auf noch nach rechts oder links, trabten durch die Dunkelheit und waren sich wohl bewusst, dass sie das Böse nicht sehen würden, selbst wenn es neben ihnen herliefe. Aus diesen Gedanken erwuchs eine innere Kälte, die viel schlimmer war als jene vom Seewind herangetragene, aber nur die mutigsten der Marienseer Männer, die hier unterwegs waren, gestanden sich ein, dass es diese Angst war, die ihren Beinen zu schnellerem Schritt verhalf. Angst vor dem Unbekannten, dem Bösen und letztendlich auch davor, dass das Böse gar nicht unbekannt war, dass es vielleicht sogar in diesem Ort sein Zuhause hatte.
    Gegen neunzehn Uhr füllte sich die Waldschänke zusehends. Wirt und Ortsvorsteher Ullrich Bockhop, kurz Ulli genannt, begrüßte jeden einzelnen durchgefrorenen Einwohner von Mariensee per Handschlag. Er hatte geladen, und so gut wie alle, die sich auch sonst aktiv für den Ort engagierten, kamen. Darüber hinaus noch einige, die sich kaum einmal in seiner Kneipe sehen ließen. Die Buschtrommel funktionierte noch sehr gut hier in Mariensee.
Ulli hatte die Einladung zur außerordentlichen

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