Tief in meinem Herzen
man um sie weint. Wenn du älter bist, wirst du feststellen, dass es genügend andere Frauen gibt. Erst recht für einen Mann, der über Geld und Macht verfügt.“
Macht ist das Zauberwort, das alle Türen und Tore öffnet, dachte Cesario zynisch. Für die Cossus, die keinen Sohn hatten, der die Bank später einmal übernehmen konnte, war ein Zusammenschluss mit der Piras-Bank durch die Heirat eine ideale Lösung gewesen. Und Raffaella hatte sich den Wünschen ihrer Eltern gefügt. Cesario wusste nicht, ob sie aus freien Stücken eingewilligt hatte, ihn zu heiraten. Aber nur achtzehn Monate nach der Hochzeit hatte sie ihre Pflicht erfüllt und ihm einen Nachfolger geboren.
Alles schien perfekt, hätte Raffaella nicht ihr Herz an einen anderen Mann verloren. Wieder einmal hatte die Liebe alles zerstört: Raffaella entschied sich, Cesario zu verlassen. Doch Cesario wollte seinen Sohn nicht aufgeben. Das hatte zu dem bitteren Streit geführt, der in dem Unfall endete, bei dem Raffaella und Nicolo ums Leben gekommen waren.
Cesarios Gesichtsmuskeln zuckten, als er jetzt vor dem Kamin stand und auf die Frau hinabsah, deren Ankunft im Schloss so viele verdrängte Emotionen in ihm aufgewühlt hatte.
Sophie schien inzwischen satt zu sein und betrachtete mit weit aufgerissenen Augen ihre Umgebung. Mit dem seidigen schwarzen Haar und den großen dunklen Augen sah das kleine Mädchen aus wie eine Puppe. Cesario schaffte es kaum, seinen Blick von ihm abzuwenden.
„Wann ist sie geboren worden?“, fragte er abrupt.
„Am achtundzwanzigsten Oktober.“
Cesario versteifte sich bei Beths Antwort. Argwöhnisch sah er sie an.
„Dann kann es nicht sein, dass sie mein Kind ist. Wenn Sophie heute vor einem Jahr gezeugt worden ist, dann wäre sie im Dezember auf die Welt gekommen.“ Er holte tief Luft. „Wissen Sie was? Ich will ehrlich zu Ihnen sein. Ich kann mich absolut nicht daran erinnern, mit dieser Frau auf dem Foto geschlafen zu haben. Ich habe an dem Abend jedoch eine Menge getrunken und kann nicht mit hundertprozentiger Sicherheit garantieren, sie nicht mit auf mein Zimmer genommen zu haben. Aber Melanie Stewart muss bereits schwanger gewesen sein, wenn sie sieben Monate später das Kind zur Welt gebracht hat.“ Sein Tonfall wurde spöttisch. „Sie hätten ein bisschen rechnen sollen, bevor sie ihr Spielchen spielen, Ms Granger.“
„Ich spiele kein Spielchen“, gab Beth scharf zurück. „Sophie war eine Frühgeburt. Darum ist sie auch so klein für ein vier Monate altes Baby.“ Sie errötete, als sie Cesarios ungläubigen Blick bemerkte. „Ich sage die Wahrheit. Mel war krank, und die Ärzte mussten einen frühzeitigen Kaiserschnitt vornehmen.“
„Ach ja? Und wo ist Melanie Stewart jetzt? Warum kümmert sie sich nicht um ihre Tochter? Und welche Rolle spielen Sie bei dem Ganzen?“
„Mel ist tot.“
Beths Stimme versagte bei diesen Worten. Sie sah Sophie an und eine Welle von Schmerz erfasste sie bei dem Gedanken an ihre verstorbene Freundin. Mel war immer die Starke gewesen, die, die nichts so leicht umhauen konnte. Mit ihren schlagfertigen Sprüchen hatte sie Beth immer vor den Schuljungs in Schutz genommen, die Beth damals gehänselt hatten.
Cesarios ungeduldiger Blick holte sie zurück in die Gegenwart. Ein wenig atemlos fuhr sie fort.
„Letzten Herbst gab es eine schwere Grippe-Epidemie in England, die besonders für schwangere Frauen gefährlich war. Mel hatte erst gedacht, sie hätte nur eine leichte Erkältung. Nach zwei Tagen lag sie dann auf der Intensivstation und kämpfte um ihr Leben. Die Ärzte entschieden, Sophie per Kaiserschnitt zu holen. Sophie war winzig, als sie zur Welt kam. Sie wog nur drei Pfund und musste einige Wochen lang im Brutkasten bleiben.“
Beth stiegen Tränen in die Augen, als sie daran dachte, wie sie die kleine Sophie durch die Glasscheibe beobachtet hatte. Wie sie gehofft und gebetet hatte, dass dieses kleine Bündel Mensch überlebt.
„Ein paar Tage lang schien es Mel besser zu gehen, und die Ärzte waren optimistisch. Sie war sogar in der Lage, Sophie einige Minuten im Arm zu halten. Kurz darauf starb sie völlig unerwartet. Die Ärzte meinten, der Grippevirus habe ihr Herz zu stark angegriffen.“
Durch den Tränenschleier vor ihren Augen blinzelte Beth Cesario an. Endlich hatte sie seine ganze Aufmerksamkeit. Sie musste ihn davon überzeugen, dass er Sophie gegenüber eine Verantwortung zu tragen hatte. Angestrengt sprach sie weiter.
„Ein paar Tage
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