Tief
egal, solange ihr nur glücklich seid, aber ich hatte Angst um dich.«
Ally blickte sie verwirrt an.
»Aber Daddy hätte Dave doch nichts getan?«
Doch dann sah sie ihrer Mutter ins Gesicht, und die hässliche Prellung bewies ihr das Gegenteil.
»Oh, Mama, warum hast du es mir bloß nie gesagt?«
»Als du noch jünger warst, ging es nicht, glaub es mir.«
»Und warum erzählst du es mir jetzt?«
Theresas Stimme wurde mit einem Mal überraschend resolut.
»Ich glaube, Daddy hat etwas Schreckliches getan. Ich brauche deine Hilfe.«
»Meine Hilfe?«
Eine Pause trat ein. Ally wartete. Dann lächelte Theresa.
»Ally, vor langer Zeit habe ich einen Mann geliebt, der … Er war in der letzten Zeit häufig in den Nachrichten …«
»Roddy Ormond?«
Theresa sah sie erstaunt an. »Woher weißt du …«
»Ich war als Freiwillige in Brighton Beach, und er hat mich anscheinend erkannt. Als er meinen Namen hörte, stand er förmlich unter Schock.«
»Er hat mich geliebt. Er hat mich sehr geliebt.«
»Ich weiß.«
»Hat er dir das gesagt?«
»Nein, er sagte nur ›Ich kannte Ihre Mutter‹. Es war die Art, wie er es gesagt hat.«
Theresa schloss die Augen. Ihre Stimme war noch leiser, als sie fortfuhr: »Dein Vater ist so beschädigt, wie man nur sein kann. Und er will sich nicht helfen lassen.«
»Oh, Mami.«
»Deshalb bin ich zu dir gekommen. Ally, er scheint etwas mit dieser Walgeschichte zu tun zu haben. Ich habe gehört, wie er sagte, er würde Roddy vernichten , und …« Sie machte eine ungläubige Geste. »Und ich glaube, es ist ihm gelungen.«
»Wie meinst du das?«
»Ich weiß, dass er Roddy irgendetwas angetan hat. Ich bin zwar nicht sicher, was, aber … Ally, du musst nach Hause kommen …«
»Was?«
»Du bist die Einzige, die noch ein wenig Macht über ihn besitzt, die Einzige, die keine Angst vor ihm hat. Ich möchte, dass du mit mir nach Hause kommst und herausfindest, was er getan hat.«
Ally nickte. Das war eine gute Idee. Sie konnte sich um ihre Mutter kümmern und kam außerdem eine Zeit lang – oder auch länger – von Dave weg.
Die Tür ging auf.
»Äh …«, sagte Dave.
Ally schüttelte wütend den Kopf, aber Theresa bedeutete ihm, hereinzukommen.
»Ihr habt sicher etwas Wichtiges zu besprechen«, sagte Dave. »Aber ich habe gerade etwas im Radio gehört und würde gerne den Fernseher einschalten.«
Er schaltete das Gerät ein. Es war ein altes Modell, und lange bevor das Bild erschien, hörte man bereits den Ton.
»… schwimmen nun an Purfleet vorbei«, sagte eine Stimme. »Hintereinander, in raschem Tempo, begleitet von Booten der Wasserschutzpolizei … Eine außergewöhnliche Szene …«
»Was ist denn da los?«, fragte Ally.
Das Bild erschien auf der Mattscheibe.
* * *
Tanya Grant kam in das Zimmer ihres Bruders gerannt.
»Oh!«, stieß sie hervor.
Roddy stand nackt mitten im Zimmer.
»Er will gerade duschen gehen«, erklärte Whitaker und reichte Roddy einen Morgenmantel.
»Es ist schon wieder was mit Walen passiert«, verkündete Tanya.
Roddy blickte langsam auf.
»Haben sie es wieder getan?«, fragte er.
»Nein, es ist etwas anderes. Sie bringen es gerade im Fernsehen.«
Er zog den Morgenmantel an und ging an ihr vorbei aus dem Zimmer.
Unten schrie Whitakers Mutter auf.
»Ich dulde keine unbekleideten weißen Männer in diesem Zimmer!«
Roddy hockte sich vor den Fernseher, drückte die Fingerspitzen auf die Schläfen und versuchte, einen klaren Kopf zu bekommen … Das war allerdings schwierig, weil auf dem Bildschirm gerade Hunderte von Killerwalen gezeigt wurden, die die Themse in London hinaufschwammen.
»Das … Das ist einfach unglaublich.«
Gebannt verfolgte er die Ereignisse auf dem Bildschirm. Am Ufer standen überall Leute und fotografierten: Die glänzenden schwarzen Rücken der Killerwale reflektierten das Blitzlicht. Die Geschöpfe machten einen ruhigen Eindruck, aber Roddy wusste, dass ihnen äußerst unbehaglich zumute sein musste – das Meer für das schmutzige Süßwasser der Themse zu verlassen, war für sie unerträglich.
»Dr. Ormond, auf dem Anrufbeantworter ist eine Nachricht von Derek Petersen für Sie. Es scheint dringend zu sein«, unterbrach Tanya ihn.
»Kann ich ihn anrufen? Kann ich hier irgendwo ungestört telefonieren?«
»Das Telefon steht in Mamas Zimmer«, antwortete sie.
»Nein!«, heulte Mrs Grant. »Nicht in meinem Schlafzimmer!«
Mrs Grants Zimmer war voller Blumen: frische Blumen in Vasen,
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