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Tief

Tief

Titel: Tief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Croft
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Meer schwammen. Ständig hatte er sich mit Spekulationen gequält: Wale, die in Brighton strandeten, Wale, die die Themse hinaufschwammen und alles Glas in den umliegenden Gebäuden zerspringen ließen – Herrgott, was würde ihnen wohl als Nächstes einfallen?
    »Hallo, Dr. Ormond, mein Name ist David Green. Ich bin ein Reporter aus den Vereinigten Staaten und arbeite für den Enquirer . Sie stehen im Moment sicher ziemlich unter Druck, aber ich kann Ihnen ein wohlwollendes und äußerst lukratives Interview mit …«
    Und tschüs, dachte Roddy und löschte die Nachricht.
    »Mein Name ist Gillian Hendry, ich bin von Newsnight auf BBC2  …«
    … und tschüs.
    Er saß am Küchentisch und nahm ein spätes Frühstück zu sich. Tanya und ihre Mutter saßen im Wohnzimmer vor dem Fernseher und schauten zu, wie die Wale ins offene Meer verschwanden. Alle in der Wohnung waren die ganze Nacht über auf gewesen.
    »Sie haben gesagt, zweihundertvierzig Personen seien durch herabfallendes Glas getötet oder in der allgemeinen Panik zertrampelt worden«, verkündete Tanya, die gerade in die Küche kam. »Es gibt über tausend Verletzte und zwei Morde.«
    »Morde?«
    »Die Leute drehen durch und bringen jemanden um.«
    »Du lieber Himmel!«
    »Aber über achtzig Personen sind in den Fluss gefallen, und die Wale haben jeden Einzelnen von ihnen gerettet. Erstaunlich.«
    Roddy, der sein Handy ans Ohr hielt – zwanzig Nachrichten von Journalisten hatte er bereits gelöscht –, nickte.
    »Martin Grange, Geschäftsführer von Radio Brighton. Ich rufe persönlich an, Dr. Ormond, um zu betonen, wie sehr wir möchten …«
    Eine weitere Nachricht wurde gelöscht.
    »Dr. Ormond, hier spricht Kate Gunning. Wenn Sie diese Nachricht hören, legen Sie nicht auf, es ist zu wichtig …«
    Kate Gunning? Die machte wohl Witze!
    »… Ich habe etwas herausgefunden, etwas Großes, es hat mit den Walen zu tun, und Sie müssen es sich unbedingt anhören. Können Sie bitte …«
    Löschen. Kate Gunnings halbgare Theorien über Wale hatten ihm schon genug Kummer bereitet.
    »Und was werden Sie tun?«, fragte Tanya.
    »Ich möchte zu Derek Petersen fahren und mit ihm reden.«
    In diesem Moment klingelte sein Handy.
    »Hallo?«
    »Roddy?«
    »Wer ist da?«
    »Endlich! Ich bin’s, Joe!«
    »Welcher Joe?«
    »Joe Farelli, WhaleWorld Joe. Wissen Sie eigentlich, wie viele Nachrichten ich Ihnen aufs Band gesprochen habe, nachdem diese Killerwale London auf den Kopf gestellt haben? Viel zu viele!«
    »Ich höre sie gerade erst ab, bis zu ihrer bin ich noch nicht vorgedrungen.«
    »Wie ich hörte, haben Sie versucht, sich mit schwarzen Baumwollsocken zu erhängen?«
    »Sie müssen nicht alles glauben, was in den Zeitungen steht.«
    »Ich bin jedenfalls froh, dass Sie noch leben. Sie müssen nämlich hierherkommen – ich glaube, es gibt einen Zusammenhang zwischen dem Konvoi und Attila.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Das kann ich am Telefon nicht erklären, das müssen Sie sich schon selbst ansehen.«
    Roddy zögerte.
    »Sie sollten besser die Leute informieren, die jetzt verantwortlich sind. Ich habe nichts mehr damit zu tun.«
    »Das weiß ich – ich lese schließlich Zeitung. Wobei ich denen nicht glaube, dass Sie achtundsiebzig Wale mit bloßen Händen umgebracht haben. Aber dieser neue Typ, Petersen, er ist wie vom Erdboden verschluckt, und jetzt ist niemand mehr verantwortlich. Ich habe mir die Finger wund telefoniert, vom Stadtrat bis zur Regierung, aber keiner hört mir zu. Irgendjemand muss hierherkommen – und glauben Sie mir, Sie werden froh sein, dass Sie es getan haben.«
    *  *  *
    Als Roddy die Wohnung verließ, hatten auch die beiden letzten Journalisten aufgegeben. Es war ein kühler Sommertag, trocken, aber bedeckt. Roddy setzte sich in sein Auto, drehte den Schlüssel im Zündschloss und lauschte gereizt dem Surren des Anlassers.
    Ein paar Hundert Meter entfernt bog ein schwarzes BMW -Cabrio in die Straße ein. Kate Gunning musterte die Häuser links und rechts. Sie parkte vor dem Mietshaus, vor einem zerbeulten Ford Escort. Keine Journalisten, stellte sie erleichtert fest. Okay, wie mache ich es am besten?
    Halb hinter dem Lenkrad zusammengesunken, versuchte Roddy erneut, den Wagen zu starten. Hoffnungslos. Frustriert gab er auf und lehnte sich zurück. Er sah Kate Gunning im gleichen Moment, als sie ihn sah.
    »Ach, zum Teufel!«
    Ihm rutschte das Herz in die Hose, als er sah, wie sie ausstieg und auf ihn zukam. Wieder

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