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Tief

Tief

Titel: Tief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Croft
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Was war mit den Maschinen? Was zum Teufel war das gewesen?
    Er drehte sich zu der kleinen grauen Box, die am Schott befestigt war, und klappte den Deckel auf. Innerlich verfluchte er die Tatsache, dass das weltweite Seenot- und Sicherheitsfunksystem nur digitale Selektivrufe ermöglichte. Er gab die Codenummer ein, scrollte durch bis zum Seenot-Menü und drückte dann den großen roten Knopf, auf dem SEENOT stand.
    *  *  *
    Die Marine-Fregatte HMS Ascension befand sich achtzig Seemeilen südlich von der Jasmine. Das Notsignal erregte sofort die Aufmerksamkeit des Funkoffiziers. Auf seinem IMMARSAT - C -Bildschirm erschienen automatisch Position und Identität der Jasmine. Sie hatten gewusst, dass sie da war.
    Die Prozedur war einfach. Zuerst würde der Funkoffizier die Brücke informieren, dann die Küstenwache in Falmouth via Satellitentelefon verständigen und die Information an den wachhabenden Offizier weitergeben. Als Nächstes würde er den Radaroffizier des Schiffs über den Zwischenfall informieren; der Radaroffizier würde der Küstenwache helfen, festzustellen, welches Schiff der Jasmine am nächsten war.
    Er rief die Brücke an und wollte gerade die Küstenwache informieren, als die Brücke zurückrief.
    »Liegen diese Koordinaten nicht innerhalb von SONAZ ?«, fragte der Kommandant der HMS Ascension .
    Als die Bestätigung kam, wurde eine verschlüsselte Botschaft nicht an die Küstenwache, sondern an den Marine-Geheimdienst geschickt.
    *  *  *
    Es war kurz nach dem Aufprall. Einer der Maschinisten lag tot da, er war gegen den Maschinenblock geschleudert und von einem Kolben zermalmt worden. Der chinesische Koch wurde vermisst. Der Rest der Mannschaft war an Deck, die meisten verletzt. Der Bootsmann hatte das Bewusstsein noch nicht wiedererlangt. Matrose Ravn war aus dem Frachtraum geborgen worden, aber er zitterte unkontrolliert, und Matrose Matejko hatte einen hysterischen Anfall gehabt und stand jetzt da wie erstarrt. Der Erste Offizier ordnete an, dass die Rettungsboote zu Wasser gelassen werden sollten.
    Auf der Brücke befanden sich Kapitän Schwarzkop, der Erste Nautische Offizier und der Erste Ingenieur.
    »Kein Wasser eingedrungen«, betonte der Erste Ingenieur. »Kein Tropfen. Aber die Maschine läuft nicht mehr.«
    Kapitän Schwarzkop steckte in einer Zwickmühle: das Schiff manövrierunfähig im Sperrgebiet, eine illegale Fracht an Bord, und er hatte einen Notruf hinausgeschickt. Sie mussten die Fracht unbedingt löschen, bevor sie gerettet wurden.
    Das Telefon auf der Brücke läutete.
    »Kapitän … Was? … Wiederholen Sie das … Wie viele? … Ich komme es mir ansehen.« Er legte auf. »Die Brücke gehört Ihnen«, sagte er zum Ersten Offizier.
    »Wohin gehen Sie?«
    Unten auf dem Deck wechselte der Kapitän ein paar Worte mit den Männern, die das Rettungsboot zu Wasser ließen. Er versicherte der Mannschaft, sie würden keinesfalls das Schiff verlassen, es handle sich lediglich um eine Vorsichtsmaßnahme. Dann ging er zum Bug. Dort standen zwei Seeleute, umklammerten mit behandschuhten Händen die Reling und schauten aufs Wasser. Kapitän Schwarzkop trat neben sie und blickte ebenfalls hinunter.
    Unter dem dichten Nebel hob und senkte sich der Ozean. Aber hinter den weißen Nebelschwaden erkannte man drei dunkle Leiber. Zwei waren kaum zu erkennen, sie trieben reglos im Wasser. Der dritte Leib war direkt unter ihnen und berührte fast den Schiffsrumpf. Auch dieses Tier war tot.
    »Der ist bestimmt dreißig Meter lang«, sagte der Kapitän. »Fast ein Drittel der Schiffslänge.«
    Die beiden Männer antworteten nicht.
    »Was ist es für einer?«
    »Ein Blauwal.«
    Der Kopf des Tiers war fast vollständig eingedrückt. Bis zu den Augen war alles nur noch ein blutiger Brei aus grauer Haut, weißen Knochen und hellrotem Speck. Die Augen waren aus ihren Höhlen gesprungen und schwammen, an Gewebefäden hängend, neben dem mächtigen Kadaver im Wasser. Kapitän Schwarzkop kämpfte gegen eine Welle von Übelkeit an; das tote Auge war so groß wie ein Fußball, und er hatte das Gefühl, es starrte ihn an.
    Zweihundert Meter unter der Jasmine ist alles dunkel. Acht erwachsene Blauwale umkreisen langsam das Schiff. Sie berühren einander mit ihren langen Schwimmflossen. Einer von ihnen dreht sich, damit ein Weibchen über seinen Bauch schwimmen kann, und sie bewegt sich sanft über ihn, ganz langsam, sodass die Furchen unter ihrer Kehle seine berühren. Dann drehen sie sich zusammen,

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