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Tief

Tief

Titel: Tief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Croft
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eingeschlossen.«
    »Du lieber Himmel, Mami.«
    Sie hörten, wie der Kies der Einfahrt knirschte, als der Bentley vorfuhr. Eine Tür schlug, Rattigan stieg aus, und dann wurde der Wagen in die Tiefgarage gefahren. Die Haustür wurde geschlossen. Theresa verzog ängstlich das Gesicht.
    »Such dir irgendeinen Ort in Großbritannien aus«, schlug Ally vor. Sie küsste ihre Mutter auf die Wange und erhob sich.
    In ihrem Schlafzimmer stellte sie sich vor den großen Spiegel und betrachtete ihre Erscheinung. Knielanger grüner Rock, dunkelgrüne Strümpfe, weiße Bluse. Sie wartete zehn Minuten, dann ging sie nach unten. Leise öffnete sie die Tür zu dem kleinen Wohnzimmer, das auch Allys Zimmer genannt wurde, und spähte hinein.
    Ihr Vater saß zusammengesunken in einem Ledersessel und schniefte mitleiderregend. Auf seinem Schoß lagen irgendwelche Papiere. Ally stieß die Tür weiter auf und schlüpfte hinein. Ihr Vater war stark erkältet. Ständig putzte er sich die Nase und rieb sich die Augen. Ally schlich sich leise von hinten an ihn heran. Blinzelnd versuchte sie zu erkennen, was oben auf dem Stapel Papiere lag. Sie beugte sich noch weiter vor, dicht an seinem Kopf. Er roch nicht angenehm.
    Er nieste heftig, aber Ally zuckte nicht. Sie traute sich kaum zu atmen, als Rattigan sich seufzend wieder den Papieren zuwandte. Okay, dachte sie, nur noch einen Schritt näher, dann kann ich lesen, was da steht und …
    »Himmel!«
    Er zuckte zusammen, als wäre ein Stromstoß durch seinen Körper gefahren. Die Papiere auf seinem Schoß fielen zu Boden.
    »Daddy!«, rief Ally, schlang die Arme um seinen Hals und umarmte ihn von hinten.
    »Ich habe fast einen Herzanfall bekommen!«
    »Entschuldigung!« Um ihr gerötetes Gesicht zu verbergen, drückte Ally es in seine Halsgrube. »Oh, Daddy, ich muss dir etwas erzählen«, zwitscherte sie.
    »Was denn?«
    »Ich habe fünfhundert Pfund ausgegeben«, plapperte sie, »bei Harvey Nicks! In nur einer Stunde!«
    »Du böses Mädchen!«, sagte Rattigan.
    Er zog ihre Arme von seinem Hals, und Ally nutzte die Gelegenheit, um sich hinzuhocken und die Papiere aufzuheben. »Was ist das, Daddy?«
    »Nichts, worüber du dir Gedanken machen solltest, Liebling.«
    Als sie sie ihm reichte, überflog sie rasch das oberste Blatt. Es enthielt nur Zahlenkolonnen, ohne einen Hinweis darauf, womit sie zu tun haben könnten. Sie stand auf und sagte gespielt ärgerlich: »Warum machst du dir immer solche Sorgen, Daddy? Was ist los?«
    »Es sind nur Geschäfte, Ally. Alles sehr langweilig.«
    »Erzähl mir davon.«
    »Ich hatte ein kleines Projekt, sehr profitabel, aber es ist alles schiefgelaufen. Ich versuche gerade … das Chaos zu beseitigen.«
    »Was für ein Projekt?«
    Er zog sie auf den Schoß und lächelte traurig.
    »Wie soll ich dir helfen, wenn du mir nicht vertraust?«, gurrte sie.
    »Ally!«
    Er schlang die Arme um sie und drückte sie an seine mächtige Brust. Seine Finger spielten mit ihrem Pferdeschwanz. Sie machte einen halbherzigen Versuch, sich zu befreien, aber er hielt sie fest. Ihr Ohr und ihre Nase waren dicht an seiner Haut. Er roch nach Seife, nach Schweiß, nach Mann. Erneut versuchte sie freizukommen, als er niesen musste.
    »Daddy!«, sagte sie und wand sich.
    »Mein Liebling.«
    Er ließ sie einfach nicht los. Seine Hände glitten über ihren Rücken, und er umfasste mit der einen Hand ihren Hintern. Ally rührte sich nicht. Ihr Herzschlag setzte beinahe aus. Sie saß da wie erstarrt und fragte sich, was sie tun solle. Zum Glück klingelte in diesem Moment das Telefon, das neben dem Sessel lag, und als er es ergriff, sprang sie rasch auf.
    »Was ist?«
    Ally rückte ihren Rock zurecht und verließ das Zimmer. Draußen an der Tür blieb sie stehen. Ihr Atem kam hastig und stoßweise, und sie musste sich erst beruhigen, bevor sie erlauschen konnte, was ihr Vater sagte. Ach, du lieber Himmel, dachte sie die ganze Zeit.
    *  *  *
    Ein dunkelblauer Ford Fiesta, etwa vier Jahre alt und sehr schmutzig, fuhr durch Minton Brag, etwa eine halbe Stunde von Plymouth entfernt. Am Steuer saß ein Funkoffizier der Royal Navy, der vorhatte, ein Telefonat in einer öffentlichen Telefonzelle zu führen. Natürlich gab es auch in Plymouth, wo er stationiert war, Telefonzellen, aber er wollte kein Risiko eingehen; dort hätte ihn ja einer seiner Kameraden sehen können.
    Er fuhr an einem Süßwarenladen vorbei und parkte hinter einer altmodischen roten Telefonzelle. Er zog ein Päckchen

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