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Tiefe Wunden

Titel: Tiefe Wunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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Ostermann. »Sie ist die beste Freundin von Jutta Kaltensee.«
    Bodenstein legte die Stirn in Falten und dachte nach, dann erhellte sich sein Gesicht. Er erinnerte sich an die Fotos, die er auf dem Mühlenhof gesehen hatte. Doch bevor er etwas sagen konnte, war Pia aufgesprungen und wühlte in ihrer Tasche, bis sie die Visitenkarte gefunden hatte, auf die der Immobilienmakler den Namen der Hausbesitzerin geschrieben hatte.
    »Das gibt’s doch nicht!«, sagte sie, als sie die Karte gefunden hatte. »Katharina Ehrmann gehört das Haus in Königstein, in dem wir Watkowiaks Leiche gefunden haben! Wie passt das denn jetzt zusammen?«
    »Ist doch klar«, behauptete Ostermann, der die Geldgier der Familie Kaltensee für ein äußerst plausibles Mordmotiv zu halten schien. »Sie haben Watkowiak umgebracht und wollten einen Verdacht auf Katharina Ehrmann lenken. Damit hätten sie zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen.«
     
    *
     
    Ritters Augen brannten, sein Kopf dröhnte. Die Buchstaben auf dem Monitor verschwammen vor seinen Augen. In den letzten zwei Stunden hatte er fünfundzwanzig Seiten geschrieben. Er war todmüde und gleichzeitig aufgekratzt vor lauter Euphorie. Mit einem Mausklick speicherte er die Datei und wechselte ins E-Mail-Programm. Katharina sollte morgen früh gleich lesen, was er aus ihrem Material gemacht hatte. Mit einem Gähnen stand er auf und trat ans Fenster. Jetzt musste er noch schnell die Tagebücher in den Banksafe legen, bevor er nach Hause fuhr. Marleen war zwar blauäugig, aber wenn sie das hier in die Finger bekam, dann würde sie alles begreifen. Und im schlimmsten Fall würde sie sich doch auf die Seite ihrer Familie schlagen. Ritters Blick fiel auf den leeren Parkplatz, auf dem neben seinem Cabrio nur noch ein dunkler Kastenwagen stand. Er wollte sich gerade abwenden, als für den Bruchteil einer Sekunde ein Licht im Fahrerbereich des Kastenwagens aufleuchtete und er die Gesichter von zwei Männern wahrnahm. Sein Herz begann, angstvoll zu klopfen. Katharina hatte gesagt, dass die Unterlagen brisant, vielleicht sogar gefährlich seien. Das hatte ihn am helllichten Tag nicht interessiert, aber jetzt, nachts um halb elf im einsamen Hinterhof eines Fechenheimer Gewerbegebietes, hatte dieser Gedanke zweifellos etwas Bedrohliches. Er ergriff sein Handy und wählte Katharinas Nummer. Sie meldete sich nach dem zehnten Klingeln.
    »Kati«, Ritter versuchte, gelassen zu klingen, »ich glaube, ich werde beobachtet. Ich bin noch im Büro und arbeite am Manuskript. Unten auf dem Parkplatz steht ein Kastenwagen, in dem zwei Typen sitzen. Was soll ich denn jetzt machen? Wer kann das sein?«
    »Beruhig dich«, erwiderte Katharina mit gesenkter Stimme. Im Hintergrund hörte Ritter Stimmengewirr und Klavierspiel. »Das bildest du dir sicher nur ein. Ich ... «
    »Das bilde ich mir nicht ein, verdammt!«, zischte Ritter. »Die stehen da unten und warten vielleicht auf mich! Du hast doch selbst gesagt, diese Unterlagen könnten gefährlich sein!«
    »So habe ich das doch nicht gemeint«, sagte Katharina besänftigend. »Ich habe nicht an eine konkrete Gefahr gedacht. Es weiß doch niemand von den Sachen. Jetzt fahr nach Hause, und schlaf dich mal ordentlich aus.«
    Ritter ging zur Tür und schaltete das Deckenlicht aus. Dann trat er wieder ans Fenster. Der Lieferwagen stand immer noch da.
    »Okay«, sagte er. »Aber ich muss die Tagebücher noch auf die Bank bringen. Meinst du, dass mir da was passieren kann?«
    »Nein, das ist doch Unsinn«, hörte er Katharinas Stimme.
    »Na gut.« Ritter fühlte sich etwas beruhigter. Wenn wirklich Gefahr drohte, würde sie anders reagieren. Er war schließlich ihr Goldesel, sie würde sein Leben nicht leichtfertig aufs Spiel setzen. Plötzlich kam er sich albern vor. Katharina musste ihn für ein Weichei halten!
    »Ich hab dir übrigens das Manuskript geschickt«, sagte er.
    »Oh, prima«, antwortete Katharina. »Ich lese es mir gleich morgen früh durch. Ich muss jetzt Schluss machen.«
    »Alles klar. Gute Nacht.« Ritter klappte sein Handy zu, dann packte er die Tagebücher in die ALDI-Tüte und das Laptop in seinen Rucksack. Seine Knie zitterten, als er den Flur entlangging. »Alles Einbildung«, murmelte er.

Mittwoch 9. Mai 2007
    »Du wirst nicht glauben, wer mich gestern angerufen hat«, sagte Cosima aus dem Badezimmer. »Ich sag dir, ich war ganz platt!«
    Bodenstein lag im Bett und spielte mit dem Baby, das glucksend nach seinem Finger griff und mit

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