Tiefe Wunden
am 24. März 1991 zu tun.«
Pia bemerkte Behnkes hungrigen Blick. Wieso hatte er sich nichts zu essen bestellt?
»Noch was?« Bodenstein griff nach der Pfeffermühle und würzte das Carpaccio nach.
»Ja. Ich habe was über Watkowiaks Hemd herausgefunden«,fuhr Ostermann fort. »Die Hemden dieser Marke werden in Manufaktur und ausschließlich für einen Herrenausstatter in der Schillerstraße in Frankfurt hergestellt. Die Geschäftsführerin war sehr kooperativ und hat mir Rechnungskopien zur Verfügung gestellt. Weiße Hemden in Größe 41 wurden zwischen dem 1. März und dem 5. Mai genau vierundzwanzigmal verkauft. Unter anderem ... « Er machte eine wirkungsvolle Pause, um sich die volle Aufmerksamkeit aller Anwesenden zu sichern. »... kaufte eine Anja Moormann auf Rechnung von Vera Kaltensee am 26. April fünf weiße Hemden in Größe 41.«
Bodenstein hörte auf zu kauen und richtete sich auf.
»Na, die soll sie uns jetzt mal zeigen.« Pia schob Behnke ihren Teller hin. »Nimm nur. Ich kann nicht mehr.«
»Danke«, murmelte dieser und verputzte die übrige halbe Pizza in weniger als sechzig Sekunden, als habe er seit Tagen nichts mehr gegessen.
»Was war bei den Nachbarn von Goldberg und Schneider?« Bodenstein sah Behnke an, der mit vollen Backen kaute.
»Ich habe dem Mann, der das Auto gesehen hat, drei verschiedene Logos gezeigt«, erwiderte Behnke. »Er hat nicht eine Sekunde gezögert und auf das von Nowak gezeigt. Außerdem hat er die Uhrzeit präzisiert. Er ist um zehn vor eins mit dem Hund rausgegangen, nachdem irgendein Film auf ARTE vorbei war. Um zehn nach eins ist er zurückgekommen, da war das Auto weg und das Tor der Einfahrt zu.«
»Nowak wurde um Viertel vor zwölf von den Kollegen in Kelkheim angehalten«, sagte Pia. »Er kann locker danach nach Eppenhain gefahren sein.«
Bodensteins Handy klingelte. Er warf einen Blick aufs Display und entschuldigte sich für eine Minute.
»Wenn wir morgen immer noch nicht weiter sind, habenwir zwanzig Kollegen am Hals.« Ostermann lehnte sich zurück. »Da habe ich überhaupt keinen Bock drauf.«
»Das hat keiner von uns«, antwortete Behnke. »Aber wir können den Täter ja nicht herbeizaubern.«
»Wir haben aber jetzt mehr Anhaltspunkte und können konkretere Fragen stellen.« Pia beobachtete durch die großen Fenster ihren Chef, der mit dem Handy am Ohr auf dem Parkplatz hin und her ging. Mit wem sprach er wohl? Normalerweise verließ er zum Telefonieren nie den Raum. »Und wissen wir mehr über das Messer, mit dem Monika Krämer getötet wurde?«
»Ach ja.« Ostermann schob seinen Teller weg und suchte in den mitgebrachten Unterlagen, bis er eine der verschließbaren farbigen Plastikmappen gefunden hatte, die ein wichtiger Bestandteil seines Ablagesystems waren. So salopp er mit Pferdeschwanz, Nickelbrille und lässiger Kleidung auch wirken mochte, war Ostermann doch ein ausgesprochen strukturierter Mensch.
»Bei der Mordwaffe handelt es sich um ein Emerson Karambit Fixed Blade mit einem Skelettgriff, nachgebildetes indonesisches Design, ein taktisches Kampfmesser zur Selbstverteidigung. Emerson ist ein amerikanischer Hersteller, das Messer ist aber in verschiedenen Internetshops bestellbar und in dieser Ausführung seit 200 auf dem Markt. Es hatte eine Seriennummer, die herausgefeilt wurde.«
»Damit scheidet Watkowiak als Täter völlig aus«, sagte Pia. »Ich fürchte, der Chef hat recht mit dem Profikiller.«
»Womit habe ich recht?« Bodenstein kehrte an den Tisch zurück und machte sich über den Rest seines nur noch lauwarmen Chicken Curry her. Ostermann wiederholte die Info über das Messer.
»Okay.« Bodenstein wischte sich den Mund an der Serviette ab und blickte ernst in die Gesichter seiner Mitarbeiter.»Hört mir zu. Ich erwarte von euch ab sofort hundert Prozent mehr Einsatz! Wir haben von Nierhoff einen Tag Galgenfrist bekommen. Bisher haben wir mehr oder weniger im Trüben gefischt, aber jetzt gibt es ein paar konkrete Spuren, die ...«
Wieder klingelte sein Handy. Diesmal nahm er das Gespräch entgegen und lauschte einen Moment. Seine Miene verfinsterte sich.
»Nowak ist aus dem Krankenhaus verschwunden«, teilte er der Runde mit.
»Er sollte heute Nachmittag noch mal operiert werden«, sagte Hasse. »Vielleicht hat er Schiss gekriegt und sich aus dem Staub gemacht.«
»Woher wissen Sie das?«, fragte Bodenstein.
»Wir haben ihm heute Morgen eine Speichelprobe abgenommen. «
»Hatte er Besuch, als ihr bei ihm
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