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Tiefe Wunden

Titel: Tiefe Wunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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nicht lächerlich, Herr Hauptkommissar«, unterbrach Dr. Engel ihn scharf. »Sie haben sich mit der Landtagsabgeordneten Kaltensee zu einem Tête-à-Tête getroffen und sie anschließend zu sexuellen Handlungen genötigt.«
    Die angeschwollene Ader an Bodensteins Schläfe zeigtePia, dass es ihm nur noch mit äußerster Mühe gelang, nicht die Beherrschung zu verlieren.
    »Sollte das in irgendeiner Weise publik werden«, sagte die Kriminalrätin, »wird mir nichts anderes übrigbleiben, als Sie vom Dienst zu suspendieren.«
    Bodenstein starrte sie grimmig an. Sie hielt seinem Blick stand.
    »Auf wessen Seite stehst du eigentlich?«, fragte er. Offen bar hatte er Pias Anwesenheit ganz vergessen. Auch Nicola Engel achtete nicht mehr auf Zuhörer.
    »Auf meiner«, erwiderte sie kalt. »Das solltest du mittlerweile begriffen haben.«
     
    Es war Viertel nach elf, als Henning mit Reisetasche und seiner kompletten Ausrüstung auf dem Birkenhof eintraf. Bodenstein und Pia saßen in der Küche am Tisch und aßen Thunfischpizza aus Pias eiserner Tiefkühlreserve.
    »Wir können morgen früh um halb fünf fliegen«, verkündete Henning und beugte sich über den Tisch. »Bah, dass du dieses Zeug immer noch essen kannst.«
    Erst dann schien ihm die gedrückte Stimmung aufzufallen. »Was ist denn los?«
    »Wie begeht man den perfekten Mord?«, fragte Bodenstein düster. »Sie haben doch sicher ein paar gute Tipps für mich.«
    Henning warf Pia einen fragenden Blick zu.
    »Oh, da würde mir sicherlich etwas einfallen. Vor allen Dingen sollten Sie vermeiden, dass Ihr Opfer auf meinem Tisch landet«, sagte er dann leichthin. »Um wen geht’s?«
    »Um unsere zukünftige Chefin. Dr. Nicola Engel«, sagte Pia. Bodenstein hatte ihr mittlerweile unter dem Siegel der Verschwiegenheit erzählt, woher Nicola Engels Abneigung gegen ihn kam. »Sie hat mir verboten, nach Polen zu fahren.«
    »Na ja, genaugenommen fahren wir ja auch nicht. Wir fliegen.«
    Bodenstein blickte auf. »Stimmt.« Er grinste zögerlich.
    »Damit wäre das geklärt.« Henning nahm sich ein Glas aus dem Regal und goss sich einen Schluck Wasser ein. »Bringt mich mal auf den neuesten Stand.«
    Bodenstein und Pia berichteten abwechselnd von den Ereignissen der letzten vierundzwanzig Stunden.
    »Wir brauchen unbedingt Beweise für das, was angeblich am 16. Januar 1945 passiert ist«, schloss Pia. »Sonst können wir eine Mordanklage gegen Vera Kaltensee vergessen. Im Gegenteil: Sie wird uns mit Anzeigen und Klagen überziehen. Und kein Gericht der Welt wird sie aufgrund der Aussage von Auguste Nowak verurteilen; schließlich kann sie immer noch behaupten, dass sie selbst damals keinen Schuss abgegeben hat. Außerdem wissen wir nicht, wo die Tagebücher sind, und Ritter ist bisher auch nicht wiederaufgetaucht.«
    »Auch Vera und Elard Kaltensee sowie Auguste Nowak sind verschwunden«, fügte Bodenstein hinzu. Er unterdrückte mit Mühe ein Gähnen und warf einen Blick auf die Uhr.
    »Wenn Sie morgen früh nach Polen fliegen, lassen Sie bitte Ihre Dienstwaffe hier«, sagte er zu Pia. »Nicht dass es noch irgendwelche Schwierigkeiten gibt.«
    »Klar.« Pia nickte. Im Gegensatz zu ihrem Chef war sie hellwach. Bodensteins Handy klingelte. Er nahm das Gespräch entgegen, während Pia die benutzten Teller in die Spülmaschine räumte.
    »Auf dem Grundstück des Mühlenhofs wurde ein weibliches Skelett gefunden«, berichtete er kurz darauf mit müder Stimme. »Und die Schweizer Kollegen haben sich gemeldet. Vera Kaltensee ist weder in ihrem Haus in Zürich noch im Tessin.«
    »Hoffentlich ist es nicht schon zu spät«, sagte Pia. »Ich würde alles darum geben, sie vor Gericht zu bringen.« Bodenstein erhob sich von seinem Stuhl.
    »Ich fahre nach Hause«, sagte er. »Morgen ist auch noch ein Tag.«
    »Warten Sie, ich mache das Tor hinter Ihnen zu.« Pia folgte ihm hinaus, begleitet von den vier Hunden, die an der Haustür gelegen und auf das Signal zur letzten Abendrunde gewartet hatten. An seinem Auto blieb Bodenstein stehen.
    »Was sagen Sie der Engel morgen, wenn sie nach mir fragt?«, wollte Pia wissen. Sie hatte ein ungutes Gefühl, schließlich stand Bodenstein ohnehin schon haarscharf vor einer Suspendierung.
    »Mir fällt schon etwas ein.« Er zuckte mit den Schultern. »Machen Sie sich deswegen keine Gedanken.«
    »Sagen Sie doch, dass ich einfach geflogen bin.« Bodenstein sah sie nachdenklich an, dann schüttelte er den Kopf.
    »Das ist nett gemeint, aber das werde ich

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