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Tiefe Wunden

Titel: Tiefe Wunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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Goldberg und Schneider?«, fragte Kathrin Fachinger schüchtern.
    »Nein«, erwiderte Bodenstein. »Er ist ein Gewohnheitsverbrecher, aber kein Mörder. Und ich glaube auch nicht, dass er Frau Krämer umgebracht hat.«
    Fachinger und Ostermann sahen ihren Chef erstaunt an.
    »Ich habe die Befürchtung, dass ein Dritter die Finger im Spiel hat. Damit wir nicht weiter herumschnüffeln, musste schnell ein Täter her, dem man die Morde an Goldberg und Schneider in die Schuhe schieben kann.«
    »Sie denken, dass der Mord an Monika Krämer ein Auftragsmord gewesen sein könnte?« Ostermann zog die Augenbrauen hoch.
    »So etwas vermute ich«, bestätigte Bodenstein. »Dafür sprechen das professionelle Vorgehen und der Einsatz eines Kampfmessers. Die Frage ist: Würde Goldbergs Familie so weit gehen? Immerhin hatten sie innerhalb von vierundzwanzig Stunden das BKA, das Innenministerium, den amerikanischen Generalkonsul, den Frankfurter Polizeipräsidenten und die CIA mobilisiert, um zu verhindern, dass herauskommt, was wir schon herausgefunden hatten, nämlich dass der ermordete Goldberg alles andere als ein jüdischer Überlebender des Holocaust war.« Er sah seine Kollegen eindringlich an. »Eins ist klar: Irgendjemand, der viel zu verlieren hat, scheut vor nichts zurück. Deshalb müssen wir bei unserenweiteren Ermittlungen sehr, sehr vorsichtig sein, um nicht noch mehr unschuldige Menschen in Gefahr zu bringen.«
    »Dann ist es doch sogar gut, dass Nierhoff jetzt verkündet, wir hätten den Täter gefunden«, bemerkte Ostermann, und Bodenstein nickte.
    »Genau. Deshalb halte ich ihn auch nicht davon ab. Der mögliche Auftraggeber des Mordes an Monika Krämer wird sich in Sicherheit wiegen.«
    »Auf ihrem Handy wurden übrigens mehrere alte SMS von Watkowiak gefunden«, sagte Pia nun. »Alle in Groß- und Kleinschreibung, und nicht einmal hat er sie als ›Süße‹ bezeichnet. Die SMS, die wir gefunden haben, stammte nicht von ihm. Jemand hat unter falschem Namen ein Handy gekauft, wahrscheinlich ein Prepaid-Gerät, und die SMS an Monika Krämer verschickt, um den Mordverdacht auf Watkowiak zu lenken.«
    Jeder begriff die Tragweite dieser Schlussfolgerung, und für eine Minute herrschte Schweigen im Raum. Watkowiak mit seinem ellenlangen Vorstrafenregister war ein wunderbar glaubhafter Mordverdächtiger.
    »Wer weiß denn überhaupt, dass wir Watkowiak als Täter im Visier haben?«, fragte Kathrin Fachinger. Bodenstein und Pia wechselten einen raschen Blick. Das war eine gute Frage. Nein, es war die Frage, die es zu beantworten galt, falls es tatsächlich nicht Watkowiak gewesen war, der Monika Krämer erst geblendet und dann regelrecht abgeschlachtet hatte.
    »Vera Kaltensee und ihr Sohn Siegbert auf jeden Fall«, sagte Pia in die schweigende Runde und dachte an die Männer in den martialischen schwarzen Uniformen auf dem Mühlenhof. »Und wahrscheinlich auch der Rest der Familie Kaltensee.«
    »Ich glaube nicht, dass Vera Kaltensee etwas damit zu tun hat«, widersprach Bodenstein. »So etwas passt überhaupt nicht zu ihr.«
    »Nur weil sie eine große Wohltäterin ist, muss sie noch lange kein Engel sein«, entgegnete Pia, die als Einzige ahnte, weshalb ihr Chef die alte Dame so unbedingt in gutem Licht sehen wollte. Bodenstein, der durch seine Arbeit sämtliche Abstufungen der Gesellschaft vom Bodensatz bis hin zur Oberschicht kannte, war noch immer seinem anerzogenen Klassendenken verhaftet. Seine gesamte Familie gehörte zum Adel wie die geborene Freifrau von Zeydlitz-Lauenburg.
    »Hat jemand Interesse an Laborergebnissen?« Ostermann klopfte auf den Hefter, der vor ihm lag.
    »Natürlich.« Bodenstein beugte sich vor. »Gibt es etwas über die Tatwaffe?«
    »Ja.« Ostermann schlug den Hefter auf. »Es handelte sich eindeutig um dieselbe Waffe. Die Munition ist etwas ganz Besonderes, nämlich in beiden Fällen eine 9 x 19-Parabellum-Patrone, hergestellt irgendwann zwischen 1939 und 1942. Das konnten sie im Labor anhand der Metalllegierung feststellen, die seitdem in dieser Zusammensetzung nicht mehr verwendet wird.«
    »Unser Mörder benutzt also eine Neun-Millimeter-Waffe und Munition aus dem Zweiten Weltkrieg«, wiederholte Pia. »Wo bekommt man so etwas her?«
    »Das Zeug kann man im Internet bestellen«, behauptete Hasse. »Und wenn nicht da, dann auf Waffenbörsen. Ich finde es nicht so ungewöhnlich, wie es erst mal klingt.«
    »Okay, okay«, erstickte Bodenstein die Diskussion im Keim. »Was gibt es sonst

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