Tiefer - Im Sog der Lust (German Edition)
wütend auf die Erde. Sein Lächeln machte Bess ja schon ganz schwach, aber dieser wütende Blick ließ ihr Herz lauter als die Brandung klopfen. „Was zum Teufel hat sie für ein Problem mit mir? Wenn sie nicht rumläuft und erzählt, ich würde Heather vögeln, erfindet sie irgendeinen Scheiß darüber, dass ich schwul bin.“
Bess brauchte nicht lange, um den Sinn hinter seinen Worten zu verstehen. Als sie reumütig auflachte, schaute er auf. „Ich glaube nicht, dass das was mit dir zu tun hat“, sagte sie.
„Nein?“ Er stemmte die Hände in die Hüften und schaute noch grimmiger. Das von oben auf ihn fallende Licht ließ seine Augen im Dunkeln liegen, aber Bess sah das wütende Funkeln in seinem Blick. „Womit dann?“
„Ähm …“ Bess war genauso lange mit Andy zusammen, wie sie Missy kannte, aber trotzdem hatte es immer eine gewisse Rivalität zwischen ihnen gegeben, die allerdings keines der Mädchen jemals zugegeben hätte. „Missy muss sich beweisen, dass die Jungs sie lieber mögen oder so. Ich weiß es nicht. Wenn ich sage, dass mir ein Junge gefällt, schmeißt sie sich sofort an ihn ran.“
Diese kleine Enthüllung hing zwischen ihnen, und Bess wünschte sich, sie hätte sie zurücknehmen können. Nicks Mundwinkel verzogen sich langsam zu einem Lächeln, womit er noch mehr wie ein Pirat aussah als sonst. Einen Herzschlag später lächelte Bess auch. Sie hätte nicht aufhören können, selbst wenn sie gewollt hätte. Sie schauten sich an, und etwas Unausgesprochenes blitzte zwischen ihnen auf. Ein Verstehen. Zumindest fühlte es sich für sie so an, und als Nick endlich sprach, schien es ihm genauso zu gehen.
„Ich dachte, sie wäre deine Freundin.“
„Ja. Na ja.“ Bess zuckte mit den Schultern. „Ist sie auch. Irgendwie.“
„Mädchen“, sagte Nick mit einem Kopfschütteln. „Jesus.“ Er warf ihr aus dem Augenwinkel einen Blick zu und ließ ein Lächeln folgen. „Also … sie hat dir nicht gesagt, dass ich dich um eine Verabredung bitten wollte?“
Bess’ Herz schlug ihr bis zum Hals, sodass sie nicht sicher war, ob sie würde sprechen können … bis die Worte doch ihren Weg fanden. „Nein. Hat sie dir gesagt, dass ich einen Freund habe?“
„Nein.“ Nick betrachtete sie. „Hast du?“
Nach kurzem Zögern nickte Bess; sie traute sich nicht zu sprechen. „Irgendwie“ schien ihr eine zu gefährliche Antwort auf die Frage. Nick trat mit der Schuhspitze in den Kies.
Dann hielt er inne und neigte den Kopf. „Was für eine blöde Kuh.“
Bess zuckte wieder die Schultern; er sprach nur aus, was sie vorhin gedacht hatte. Sie hätte sich keine Gedanken darüber machen müssen, illoyal zu klingen. Missy kümmerte sich anscheinend ja auch nicht um die ungeschriebenen Regeln zum Thema Wildern in fremden Revieren.
„Wir sollten es ihr heimzahlen“, schlug er vor. „Ihr einen kleinen Schluck ihrer eigenen Medizin geben.“
Bess hatte schon oft genug daran gedacht, aber nie gewusst, wie. „Meinst du?“
Er nickte. „Absolut.“
„Und wie sollen wir das deiner Meinung nach anstellen?“
Es war, als wenn er eine Klappe an ihrem Scheitel geöffnet hätte und ihr erwärmten Honig, dickflüssig und süß, in den Kopf gießen würde, der sich langsam in ihrem gesamten Körper verteilte. Unter diesem Blick fühlte sie sich matt. Und ungezogen.
„Sag ihr nichts. Lass sie einfach denken, dass zwischen uns was ist.“ Nick grinste erneut. „Es wird sie verrückt machen, wenn sie nichts Genaues weiß. Oder?“
Bess erschauerte bei dem Gedanken an seinen Vorschlag. Er kam ihr verrückt und irgendwie gefährlich vor. Trotzdem gab es keinen Zweifel, wie ihre Antwort lauten würde. Überhaupt keinen. „Okay.“
Nick streckte seine Hand aus. „Das wird ein Spaß.“
Bess legte ihre Handfläche an seine und schloss die Finger. Nick hatte große, starke Hände, die ein wenig rau waren. Seine Fingerspitzen strichen vorsichtig über ihren Handrücken, ein Gefühl, das durch die plötzliche Vorfreude noch verstärkt wurde.
Er würde sie in genau diesem Moment näher zu sich heran ziehen. Sie vielleicht küssen, um ihren Deal zu besiegeln. Bess’ Lippen öffneten sich unwillkürlich, ihr Körper spannte sich an, aber Nick ließ ihre Hand los – und Bess sehnsüchtig zurück.
„Ja, Spaß“, wiederholte sie mit rauer Stimme und räusperte sich. Sie trat einen Schritt zurück, das Fahrrad war nun wieder eine Barriere zwischen ihnen. „Ich muss jetzt los. Danke fürs
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