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Tiefer Schmerz

Tiefer Schmerz

Titel: Tiefer Schmerz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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schwedisches Kennzeichen«, sagte sie. »Mehr können wir im Moment nicht sagen.«
    »Schwedisches Kennzeichen …«, sagte Viggo.
    Sara sagte: »Mit einem Bus mit ukrainischem Kennzeichen durch halb Schweden zu fahren, von Stockholm nach Karlskrona, wäre vermutlich schwierig geworden. Es hätte Aufmerksamkeit erregt. Wahrscheinlich ist der Bus gemietet.«
    »Sollen wir davon ausgehen«, sagte Viggo, »daß die Damen auch schwedische Pässe hatten? Daß sie die ganze Chose als Schwedinnen durchgezogen haben? Ihre richtigen Pässe sind wohl zurückgeblieben?«
    »Ja«, sagte Kerstin, stand auf und streckte sich. »Es ist ziemlich wahrscheinlich, daß sie mit falschen schwedischen Pässen versehen wurden, ja. Auf jeden Fall westeuropäischen. Damit es beim Zoll kein Problem gab. Wir gehen mit dem Porträt dieser Frau und mit dem Kennzeichen an die Öffentlichkeit, sobald die Techniker damit fertig sind. Und du, Sara, fährst du trotz allem nach Karlskrona?«
    »Es ist jetzt zu spät geworden«, sagte Sara und blickte auf ihre Uhr. »Meinen Informationen zufolge kommt morgen dieselbe Schicht aus Gdynia zurück. Ich passe sie in Karlskrona ab.«
    »Nimm Viggo mit«, sagte Kerstin. »Er scheint nicht besonders viel zu tun zu haben. Außerdem glaube ich, daß ein bißchen Seeluft ihn etwas abkühlen würde.«
    Viggo Norlander nickte eifrig.
    Es würde noch dreißig Jahre dauern, bis er wieder einmal rot werden würde.

26
    Endlich war es soweit. Chavez begriff nicht richtig, warum Hjelm eine so große Nummer daraus machte. Sie befanden sich in einer tristen alten Junggesellenwohnung in Eriksberg, südlich von Stockholm. Der Gastgeber servierte Kaffee und sah aus wie jeder x-beliebige Alte.
    Doch für Paul Hjelm war es ein heiliger Augenblick. Vermutlich würde er das gleiche empfinden, wenn er Zutritt zu Jan-Olov Hultins legendärem Haus am Ufer des Ravalen in Norrviken bekäme. Obwohl er bedeutend länger unter Erik Bruun gearbeitet hatte.
    Tatsache war, daß er von Bruun alles gelernt hatte; daran gab es nichts zu rütteln.
    Aber er kannte ihn nicht wieder.
    Es war nicht direkt ein tragisches Erlebnis, wie wenn man einen ehemaligen Sportstar in einem Körper herumwanken sieht, der jeden Augenblick in sich zusammenzufallen droht. Es war komplizierter.
    Kriminalkommissar Bruun war stets ein überaus kräftiger Herr mit über das Doppelkinn verteilten grauroten Bartstoppeln gewesen. Sein hervorstechendstes persönliches Merkmal war gewesen, daß stets eine ungewöhnlich übel riechende schwarze russische Zigarre zwischen seinen Lippen hing. Sein Büro bei der Polizeistation Huddinge, bekannt als Das Bruune Zimmer, wurde regelmäßig von der Gesundheitsbehörde beanstandet. Und nur die Tatsache, daß er unablässig gegen alle erdenklichen Vorschriften verstieß, verhinderte es, daß dieser souveräne Polizeibeamte noch weiter auf der Karriereleiter nach oben kletterte. Wenn wir in den letzten Jahrzehnten Erik Bruun als Reichspolizeichef gehabt hätten, sähe sehr vieles sehr viel besser aus, davon war Hjelm überzeugt.
    Jetzt war Bruun ein schlank gewordener alter Herr ohne Doppelkinn, ohne graurote Bartstoppeln, ohne schwarze Zigarren. Er sah entschieden gesünder aus – aber auch ein bißchen langweiliger.
    Und die legendäre Junggesellenbude in Eriksberg sah aus wie jede x-beliebige Junggesellenwohnung. Und der Pensionär servierte – Zimtschnecken.
    »Du weißt, daß ich ganz genau weiß, was du denkst«, sagte er und setzte sich.
    »Vermutlich«, sagte Paul Hjelm.
    »Es war notwendig«, sagte Bruun. »Sonst wäre ich gestorben. Die Legende hätte gelebt, und ich wäre gestorben. Mir ist es lieber, wenn die Legende stirbt und ich lebe.«
    »Das verstehe ich«, sagte Paul Hjelm.
    »Klar«, sagte Bruun und beugte sich vor. »Klar verstehst du. Aber du akzeptierst es nicht. Du akzeptierst nicht, daß ich ein normaler Pensionär geworden bin, der in Pantoffeln herumschlurft und aufgetaute Zimtschnecken mit hohem Schimmelfaktor auftischt. Es wäre besser gewesen, in der Legende zu leben. Tatsache ist, daß du in genau diesem Augenblick hier sitzt und bedauerst, daß der Infarkt mich nicht umgebracht hat.«
    »Du bist kein normaler Pensionär«, konstatierte Hjelm, biß in eine Zimtschnecke und fuhr fort: »Aber der Schimmelfaktor hat es wirklich in sich, verdammt.«
    »Was ist ein normaler Pensionär?« fragte Chavez, der auch teilhaben wollte an dieser Sitzung des Vereins für gegenseitige Bewunderung. »Ist es etwas in

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