Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tiefer Schmerz

Tiefer Schmerz

Titel: Tiefer Schmerz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
Vom Netzwerk:
früh Banker und übernahm unmittelbar nach dem Krieg eine von Mailands führenden Banken. Wie und von wann an diese ursprünglich so respektable Bank für kriminelle Transaktionen benutzt wurde, entzieht sich unserer Kenntnis. Wir suchen Beweise. Wir finden keine Beweise. Wir sind irritiert darüber, daß wir keine Beweise finden.«
    Arto Söderstedt nickte langsam. Dann sagte er: »Wollte er nach New York?«
    »Nein«, sagte Marconi. »Er verläßt seinen Palast inzwischen nicht mehr. Es ist über ein Jahr her, seit er zuletzt aus dem Haus gegangen ist.«
    »Ich verstehe«, sagte Söderstedt.
    Er überlegte eine Weile, dann fuhr er fort: »Ich hätte gern einen Grundriß des Palazzo Riguardo.«
    Italo Marconi betrachtete ihn mißtrauisch. »Sie hätten gern einen Grundriß des Palazzo Riguardo?«
    »Ja. Danke.«
    »Es ist möglich, daß Sie di Spinelli unter Druck setzen können, ohne daß er es merkt«, sagte Marconi. »Aber Sie können mich nicht täuschen, ohne daß ich es merke. Wollen Sie irgendeinen Teufelskram aushecken, der meine ganze Ermittlung aufs Spiel setzen kann?«
    »Mitnichten«, sagte Arto Söderstedt und fühlte sich verdächtigt. Daran war er anderseits ziemlich gewöhnt.
    »Und was um alles in der Welt wollen Sie dann mit einem Grundriß des Palazzo Riguardo?« stieß der normalerweise sehr beherrschte Kommissar hervor. Seine Schnurrbartenden schwirrten wie die Rotoren eines Hubschraubers. Er erhob sich von seinem Platz am Schreibtisch und trat ans Fenster. Dort schien er sich wieder zu beruhigen. Mit dem Rücken zu seinem Europolkollegen fuhr er unwirsch fort: »Ich weiß nicht, was Sie im Schilde führen, Sadestatt, und das irritiert mich. Ich habe die schrecklichsten Befürchtungen, daß Sie mit Ihren Mißgriffen die Arbeit von vielen Jahren zunichte machen. Was haben Sie sich dabei gedacht, hinzugehen und di Spinelli geheime Informationen zu enthüllen?«
    »Ich habe schon versucht, das zu erklären«, sagte Söderstedt geduldig. »Er weiß bereits alles. Ich habe ihm keinerlei Neuigkeiten erzählt. Wir wissen, daß er es weiß, und wir sagen ihm, daß wir wissen, daß er es weiß. Daß unbekannte Mörder den Handlanger der Vielfraße den Vielfraßen vorgeworfen haben. Daß dieser Handlanger im Begriff war, in Stockholm für die Vielfraße ein Netz von organisierter Prostitution zu errichten. Daß diese Prostituierten anschließend verschwanden. All dies weiß er ganz genau. Er ist bereits auf der Jagd nach ihnen. Es ist gut, wenn er weiß, daß wir das auch wissen.«
    »Und Sie glauben nicht, daß er das durchschaut?« sagte Marconi und drehte sich um, sogleich ein bißchen interessierter.
    »Doch, sicher«, sagte Söderstedt. »Und deshalb ist er zufrieden. Ich glaube, daß er gerade eingesehen hat, daß er bei unserem Gespräch Zufriedenheit empfand. Das ist der Grund, warum er nicht mehr mit mir reden will. Ich habe ihn dazu gebracht, sich zufrieden zu fühlen. Jetzt grämt er sich deswegen. Er brütet darüber nach, was er mir verraten hat, während er diese Zufriedenheit empfand. Ich glaube, diese Unsicherheit ist gut.«
    »Es sieht so aus, als spielten Sie sein Spiel«, sagte Marconi und setzte sich mit einem Plumps.
    »Es ist gut, wenn es so aussieht«, sagte Arto Söderstedt und sah dämlich aus. Marconi betrachtete diesen Gesichtsausdruck und fand ihn grundfalsch. Er nickte und lächelte.
    »Und deshalb brauchen Sie einen Grundriß von seinem Palast? Das ist ja vollkommen logisch.«
    Arto Söderstedt lächelte ebenfalls. »Genau«, sagte er.
    »Logisch ist noch untertrieben.«
    Marconi fuhr fort zu nicken: »Und Sie glauben also …?«
    »Ja. Daß er in Gefahr ist.«
    »Daß Marco di Spinelli in Gefahr ist? Wissen Sie, was für phantastische Sicherheitssysteme dieser Palast hat? Wissen Sie, wie viele Wachen er hat? Dort hineinzukommen ist etwa das gleiche, wie in Fort Knox einzudringen.«
    »Sie wissen, daß Sie meiner Meinung sind, Kommissar«, sagte Arto Söderstedt. »Sie kommen und holen ihn sich.«
    »Wer denn?« fragte Italo Marconi, ohne daß es wirklich eine Frage war.
    Und Arto Söderstedts Antwort war keine wirkliche Antwort: »Die Erinnyen«, sagte er.

29
    Es war Freitag, der zwölfte Mai. Die Zeit war ein wenig träger geworden. Es würde wohl möglich sein, am Wochenende freizubekommen.
    Die Zeit war lästig. Sie verhielt sich nicht wie gewöhnlich.
    Wahrscheinlich war sie aus den Fugen geraten.
    Sand im Getriebe, vermutete Paul Hjelm. Wenn das Vorspiel einer

Weitere Kostenlose Bücher