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Tiefer Schmerz

Tiefer Schmerz

Titel: Tiefer Schmerz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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Sonntagnachmittag in dem Material avis dem Vielfraßgehege in Skansen gefunden. Mit gewisser Wahrscheinlichkeit bedeutet das: Zwei Männer wurden dadurch getötet, daß ihnen ein so starker und überwältigender Schmerz zugefügt wurde, daß sie ihn nicht überlebt haben. Den Schmerz, also.«
    »Wenn nicht die Vielfraße schneller waren«, sagte Chavez.
    »Sicherlich«, räumte Hultin ein. »Dies ist jedenfalls bedenkenswert. Hier ist viel Haß im Spiel. Eine dermaßen raffinierte und fürchterliche Hinrichtungsmethode auszudenken erfordert seinen Mann.«
    »Oder seine Frau«, sagte Kerstin Holm.
    »Oder seine Frau«, räumte Hultin wiederum ein. »Also wird der folgende Punkt, › modus operandi checken‹, von größter Bedeutung sein. Ist eine derartige Hinrichtungsmethode früher schon einmal angewendet worden? Wann, wo, wie? Kerstin?«
    »Natürlich«, sagte Kerstin. »Ich werd’s versuchen.«
    »Der Punkt davor, ›nächste Angehörige‹, ist bereits abgearbeitet. Kerstin, Jorge und Paul haben gestern nachmittag je eins der Kinder von Leonard Sheinkman besucht. Berichte über die Gespräche mit den Geschwistern Sheinkman sind verteilt worden und sollten auf allen Schreibtischen liegen. Können wir eine Zusammenfassung bekommen?«
    »Ich war bei dem mittleren der Kinder«, sagte Chavez, »der Tochter Channa Nordin-Sheinkman in der Fridhemsgata. Eine sehr radikale Frau mit sehr dezidierten Meinungen. Kind der 68er-Bewegung. Hatte den Kontakt mit dem Vater nach dem Tod der Mutter 1980 stark eingeschränkt. Hatte also nicht viel zu sagen, außer daß er ein durch und durch autoritärer Mensch war, von dem sie so schnell wie möglich hatte wegkommen wollen. Sie bestand darauf, daß ich eine Notiz machte: Ich trauere nicht. Ich habe es also notiert. Sie lud mich übrigens zu einer ordentlichen Haschisch-Pfeife ein. Bitte macht eine Notiz, daß ich verzichtet habe, daran zu ziehen. Es sah mir zu bakteriell aus.«
    »Ich war bei dem jüngsten Sohn«, sagte Kerstin Holm.
    »David Sheinkman in Näsbypark. Er hat im großen und ganzen die Arbeit des Vaters als Gehirnchirurg und entsprechend als Forscher im Karolinska weitergeführt. Frau und vier Kinder zwischen acht und siebzehn. Im Unterschied zum Vater ist er ziemlich fromm und in der jüdischen Gemeinde aktiv. Er hatte das ganze ziemlich komplizierte Begräbnisarrangement auf sich genommen, und ich hatte den Eindruck, daß seine Trauer tief und echt war. Es scheint jedoch eine Liebe auf Distanz gewesen zu sein, sozusagen. Sie trafen sich nur an Feiertagen, und das auf eine ziemlich formelle Art und Weise. Man muß David ohnehin als einen sehr formellen Menschen bezeichnen. Penibel und kontrolliert. Ich bekam den Eindruck, daß der Vater ihm sehr ähnlich war. David Sheinkman ist wohl so nah an Leonard Sheinkman, wie wir je kommen können. Aber er hatte sehr wenig über ihn als Menschen zu sagen.«
    »Es sieht so aus, als liefe unser bester Kontakt mit der Familie über Harald Sheinkman, den ältesten Sohn«, sagte Hjelm. »Der alte Sheinkman wohnte in einer Dachwohnung in Haralds Haus, das ursprünglich seins gewesen ist, also Leonards. Geschieden und ausgebrannt, war Harald irgendwann in den achtziger Jahren auf die Bretter gegangen. Er ist Arzt, nicht Forscher, und inzwischen auch Schriftsteller. Ein sehr angenehmer Mann mit einem nicht ganz leicht zu nehmenden Humor. So etwas ist zu schätzen. Ich bin Leonards Wohnung durchgegangen. Vielleicht muß sie noch einmal angeschaut werden. Falls ja, kann ich das übernehmen. Ich habe auch einiges über Leonards Leben vor dem Krieg erfahren, Dichter, Familienvater. Ich habe einen ausführlichen Bericht geschrieben, falls es jemanden interessiert. Und ich habe sein Tagebuch aus Buchenwald. Das werde ich lesen. Allerdings ist es auf deutsch.«
    »Ausgezeichnet«, sagte Hultin. »In der Freizeit natürlich.«
    »Natürlich.«
    »Ihr fangt an müde auszusehen. Aber wir haben noch einen sogenannten Quadranten, nämlich ›Skansen‹. Nun wollen wir mal sehen, was unser anonymer Künstler geschrieben hat. Dieses ›Epivu‹. Da sind wir wohl noch nicht viel weiter gekommen. Ich gehe davon aus, daß das Wort in euren Hirnen gespeichert ist, am besten im Schmerzzentrum. Dann ›Seil‹. Darum kümmert sich Jorge, soweit ich verstanden habe.«
    »Aber ja doch«, sagte Chavez. »Die Seilproben von diversen Fabriken dürften im Lauf des Tages eintreffen.«
    »›Metalldraht‹ ist ein weiterer Punkt. Gefunden. Gehört zu Kerstins

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