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Tiefer

Titel: Tiefer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Andresky
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Frauennabel
    Merhaba, dachte Achmed, ist das einzige Wort, das deutsche Touristen können, und deshalb sagen sie es dauernd und ersetzen
     damit alle anderen Wörter. Und wenn sie es sagten, klang es nicht wie ein Gruß, sondern wie «mehr haben». Die vier Touristen,
     die gerade seinen Laden betraten, offenbar zwei Pärchen, waren da nicht anders, alle vier sagten «merhaba», und zwar exakt
     gleichzeitig, als wären sie ein griechischer Chor in einer antiken Tragödie. Achmed nickte und lächelte. Die eine Touristin,
     die ihren Freund in jedem zweiten Satz «Spatz» nannte, war hübsch: sehr jung, mit so dunklen Haaren, das sie einen Blauschimmer
     hatten, wenn das Licht darauf fiel, und ihr Becken ausladend, als wäre sie aus einem Harem entlaufen, von dem die Touristen
     wahrscheinlich dachten, es gebe sie in der modernen Türkei immer noch. Achmed musste grinsen, als er an die Orgien dachte,
     die sich die Touristen ausdenken könnten:
    Wogendes Fleisch auf golddurchwirkten Stoffen. Hennabemalte, goldgeschmückte Hände, die lasziv in fremden Schößen liegen oder
     wild in dunklen Haarkrausen zucken. Ein dumpfes, atemloses Stöhnen, das den Raum erfüllt. Hunderte von feuchten, halb entblößten |86| Frauenleibern, die sich umeinander schlingen und räkeln. Und dann betritt der Sultan das Gemach, und ein Raunen geht durch
     den Raum. Die Frauen erheben sich, ziehen die Schleier beiseite, preisen ihre Brüste und strecken ihm ihre Hinterbacken entgegen,
     damit er dazwischengreifen und die Festigkeit prüfen kann. Seine Finger tasten da und dort und schlüpfen immer mal wieder
     zwischen ein paar geöffnete Schenkel, verreiben die Feuchtigkeit zwischen den Kuppen, um sich die richtige Gespielin für die
     Nacht auszusuchen. Und die Haremsdamen winden und spreizen sich, heben die Becken und tanzen und tun alles, um endlich einmal
     wieder rangenommen zu werden von ihrem Sultan.
    Achmed kicherte leise und wünschte sich, die Phantasien der Touristen wären Wirklichkeit und er selbst so ein Sultan, den
     die schönsten Frauen des Landes um einen Tropfen Ejakulat anbettelten. «Merhaba», sagte einer der beiden Männer wieder und
     zeigte auf die Auslagen. «Wir würden gerne etwas typisch Türkisches probieren.» Achmed nickte und lud sie mit einer Handbewegung
     ein, auf den Barhockern vor seiner Vitrine Platz zu nehmen. Einen Moment dachte er darüber nach, wie es wäre, hier leibhaftige
     Klischees zu verkaufen. Haremsdamen zum Beispiel, das wäre doch etwas «typisch Türkisches» für Touristen. Sie würden in blaue
     und goldene Schleier gehüllt aufgereiht hinter ihm auf einem schmalen Bord sitzen und leichtfüßig hinunterspringen, wenn ein
     Kunde kam. Und dann dürfte der die türkische Köstlichkeit probieren. Achmed wurde |87| heiß, er beschloss, sich erst mal auf diese Kunden zu konzentrieren und anschließend, wenn er wieder alleine war, auszumalen,
     wie so ein Geschäft voller dürftig verhüllter Mädchen aussehen könnte. Er hatte den kleinen Laden, in dem es Süßigkeiten und
     Gebäck aller Art gab, von einem Onkel geerbt, und da sein Studium in Bielefeld sowieso nicht besonders erfolgreich verlief,
     hatte er sich nach Istanbul aufgemacht, um Touristen den kulinarischen Zauber von tausend und einer Nacht in Keksform nahe
     zu bringen. «Nur ein Mund, der zuvor Süßes gegessen hat, kann dann Süßes sagen oder tun», dozierte er, «das ist zwar ein asiatisches
     Sprichwort, aber hier ist es auch so.» Er lächelte. Die Schöne aß gern Süßigkeiten, das sah man, der dünne Stoff ihrer Hose
     spannte sich über ihrem Po, als sie sich auf den Barhocker setzte, und Achmed bewunderte die Bewegung ihres schweren Busens
     beim Atmen und stellte sich vor, wie ihre Brustwarze jedes Mal den Stoff ihres Leinenoberteils streifte. Süßigkeiten verkaufen
     war besser als studieren in Bielefeld, in solchen Momenten wusste Achmed das ganz genau. «Baklava besteht aus mehreren Schichten
     Blätterteig, zwischen die eine Nussmischung eingebacken ist. Das Ganze wird dann mit Honig übergossen und in Scheiben geschnitten.»
     Die vier wunderten sich nicht einmal, dass er perfekt Deutsch sprach, sie erwarteten das wohl. Er reichte ihnen die Süßigkeit
     auf Servietten, und die vier bissen erwartungsvoll hinein. Die Schöne zog eine Schnute und verdrehte genussvoll die Augen.
     Auch die anderen waren begeistert. «Helva», sagte Achmed, |88| «ist noch etwas süßer. Gemahlene Sesamsamen und Zucker. Gibt es

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