Tiefer
Frauennabel
Merhaba, dachte Achmed, ist das einzige Wort, das deutsche Touristen können, und deshalb sagen sie es dauernd und ersetzen
damit alle anderen Wörter. Und wenn sie es sagten, klang es nicht wie ein Gruß, sondern wie «mehr haben». Die vier Touristen,
die gerade seinen Laden betraten, offenbar zwei Pärchen, waren da nicht anders, alle vier sagten «merhaba», und zwar exakt
gleichzeitig, als wären sie ein griechischer Chor in einer antiken Tragödie. Achmed nickte und lächelte. Die eine Touristin,
die ihren Freund in jedem zweiten Satz «Spatz» nannte, war hübsch: sehr jung, mit so dunklen Haaren, das sie einen Blauschimmer
hatten, wenn das Licht darauf fiel, und ihr Becken ausladend, als wäre sie aus einem Harem entlaufen, von dem die Touristen
wahrscheinlich dachten, es gebe sie in der modernen Türkei immer noch. Achmed musste grinsen, als er an die Orgien dachte,
die sich die Touristen ausdenken könnten:
Wogendes Fleisch auf golddurchwirkten Stoffen. Hennabemalte, goldgeschmückte Hände, die lasziv in fremden Schößen liegen oder
wild in dunklen Haarkrausen zucken. Ein dumpfes, atemloses Stöhnen, das den Raum erfüllt. Hunderte von feuchten, halb entblößten |86| Frauenleibern, die sich umeinander schlingen und räkeln. Und dann betritt der Sultan das Gemach, und ein Raunen geht durch
den Raum. Die Frauen erheben sich, ziehen die Schleier beiseite, preisen ihre Brüste und strecken ihm ihre Hinterbacken entgegen,
damit er dazwischengreifen und die Festigkeit prüfen kann. Seine Finger tasten da und dort und schlüpfen immer mal wieder
zwischen ein paar geöffnete Schenkel, verreiben die Feuchtigkeit zwischen den Kuppen, um sich die richtige Gespielin für die
Nacht auszusuchen. Und die Haremsdamen winden und spreizen sich, heben die Becken und tanzen und tun alles, um endlich einmal
wieder rangenommen zu werden von ihrem Sultan.
Achmed kicherte leise und wünschte sich, die Phantasien der Touristen wären Wirklichkeit und er selbst so ein Sultan, den
die schönsten Frauen des Landes um einen Tropfen Ejakulat anbettelten. «Merhaba», sagte einer der beiden Männer wieder und
zeigte auf die Auslagen. «Wir würden gerne etwas typisch Türkisches probieren.» Achmed nickte und lud sie mit einer Handbewegung
ein, auf den Barhockern vor seiner Vitrine Platz zu nehmen. Einen Moment dachte er darüber nach, wie es wäre, hier leibhaftige
Klischees zu verkaufen. Haremsdamen zum Beispiel, das wäre doch etwas «typisch Türkisches» für Touristen. Sie würden in blaue
und goldene Schleier gehüllt aufgereiht hinter ihm auf einem schmalen Bord sitzen und leichtfüßig hinunterspringen, wenn ein
Kunde kam. Und dann dürfte der die türkische Köstlichkeit probieren. Achmed wurde |87| heiß, er beschloss, sich erst mal auf diese Kunden zu konzentrieren und anschließend, wenn er wieder alleine war, auszumalen,
wie so ein Geschäft voller dürftig verhüllter Mädchen aussehen könnte. Er hatte den kleinen Laden, in dem es Süßigkeiten und
Gebäck aller Art gab, von einem Onkel geerbt, und da sein Studium in Bielefeld sowieso nicht besonders erfolgreich verlief,
hatte er sich nach Istanbul aufgemacht, um Touristen den kulinarischen Zauber von tausend und einer Nacht in Keksform nahe
zu bringen. «Nur ein Mund, der zuvor Süßes gegessen hat, kann dann Süßes sagen oder tun», dozierte er, «das ist zwar ein asiatisches
Sprichwort, aber hier ist es auch so.» Er lächelte. Die Schöne aß gern Süßigkeiten, das sah man, der dünne Stoff ihrer Hose
spannte sich über ihrem Po, als sie sich auf den Barhocker setzte, und Achmed bewunderte die Bewegung ihres schweren Busens
beim Atmen und stellte sich vor, wie ihre Brustwarze jedes Mal den Stoff ihres Leinenoberteils streifte. Süßigkeiten verkaufen
war besser als studieren in Bielefeld, in solchen Momenten wusste Achmed das ganz genau. «Baklava besteht aus mehreren Schichten
Blätterteig, zwischen die eine Nussmischung eingebacken ist. Das Ganze wird dann mit Honig übergossen und in Scheiben geschnitten.»
Die vier wunderten sich nicht einmal, dass er perfekt Deutsch sprach, sie erwarteten das wohl. Er reichte ihnen die Süßigkeit
auf Servietten, und die vier bissen erwartungsvoll hinein. Die Schöne zog eine Schnute und verdrehte genussvoll die Augen.
Auch die anderen waren begeistert. «Helva», sagte Achmed, |88| «ist noch etwas süßer. Gemahlene Sesamsamen und Zucker. Gibt es
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