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Tiefer

Titel: Tiefer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Andresky
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auslutschte. Und dabei würden sie immer wieder an die
     Backstube zurückdenken, wie die Frau da gelegen hatte und wie sie die Frauennabel auf ihrem Bauch geformt hatten.
    Achmed sah ihnen grinsend nach und murmelte: «Touristen und ihr Klischee vom schwülen Orient. Denen kann man echt alles erzählen.»
     Noch einmal griff er sich behaglich an die Hose und ging zurück zu seinen sirupgetränkten Versuchungen.

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    |94| Die Nacht der Hennen
    Hen’s night. Gackerndes Gekreisch und bunte Kleider, viel zu kurze Miniröcke, pinke gespitzte Lippen wie Schnäbel, ununterbrochenes
     Geschnatter und Gekicher, schrille Stimmen und die Hackordnung, die alte, grausame, mit Schultertätscheln und Bussibussi durchgesetzte
     Hackordnung, die Aline schon im Büro hasste wie Maul- und Klauenseuche. Aline stand immer ganz unten in dieser Hackordnung.
     Nicht nur in der Bürogemeinschaft, die sie zu diesem idiotischen Junggesellinnen-Abend überredet hatte, sondern auch in ihrer
     Beziehung zu Max, ihrem zukünftigen Ehemann.
    Die anderen bestimmten, und sie, das Küken, gehorchte.
    Max bestimmte, dass sie hoch geschlossene graue Kostüme trug, sich nicht schminkte und vor allem nicht alleine ausging, und
     die angeblichen Freundinnen im Büro bestimmten, dass sie sich dagegen wehren müsse, und schleppten sie in dieses Lokal, dieses
     Etablissement. Wenn Max das wüsste, würde er glatt die Hochzeit platzen lassen. «Contenance» war eines der ersten Worte, die
     sie von ihm gelernt hatte, die nächsten waren «Haltung», «Diskretion» und «standesgemäß». Max kam aus den so genannten besseren
     Kreisen, er sprach |95| von seiner Mutter als der «Frau Mama», mit Betonung auf dem hinteren a, und dass man dieser Patriarchin niemals widersprechen
     durfte, war Aline schon klar, bevor sie ihr vorgestellt worden war. Auch unter den Frauen dieser neuen Familie war Aline in
     der Hackordnung wieder ganz unten, und weil sie dieses Leben auf der niedrigsten Sprosse gut kannte, fügte sie sich widerspruchslos.
    «Das wird kla-a-a-a-se», kreischte die dicke Katja in ihr Ohr und klatschte dabei in die Hände wie eine Bruthenne, die mit
     den Flügeln schlägt. Aline zuckte zusammen und lächelte verkrampft. Die Disko lag in einem Gewerbegebiet, und die Schrift
     über der Eingangstür war pink wie die Münder der Bürohühner. Zumindest würde Aline hier niemanden treffen, den sie kannte.
     Das war ihre Bedingung gewesen, als die Ersten anfingen, ihren Junggesellinnen-Abend zu planen. Christel aus der Londoner
     Partnerfirma war auf diesen bescheuertsten aller Einfälle gekommen. «Bei uns in London», so fing sie wie immer ihren Satz
     an, «gibt es vor der Hochzeit die Hen’s night, das letzte Mal Spaßhaben für die Braut.» Aline wurde augenblicklich in dem
     Maße blass im Gesicht wie ihre Kolleginnen rot. Sie plapperten und schwatzten durcheinander, planten, ein T-Shirt für Aline zu drucken mit einer Aufschrift wie: «Nimm mich, bevor ich vergeben bin», dann sollte sie auf dem Marktplatz Kondome
     an Passanten verkaufen, während die Mädels mit Rasseln und Tuten einen Heidenlärm machen und «Old McLady has some fun» |96| grölen würden. Und das so verdiente Geld würde man anschließend in einer Bar auf den Kopf hauen. Und Aline, die nie laut wurde,
     sich immer im Hintergrund hielt und zusammenzuckte, sobald sie jemand ansprach, sagte ungewöhnlich laut «niemals», mit einem
     Nachdruck, der alle überraschte. Aline verschwand auf die Toilette, setzte sich in eine Kabine und wischte sich den Schweiß
     von der Stirn. Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn Max von dieser Aktion gehört hätte, «du bist jetzt eine Dame», hatte
     er gesagt, als er ihr den Verlobungsring überreichte, «eine Dame unserer Familie. Bitte verhalte dich danach und enttäusche
     mich nicht und sei comme il faut.» Das Letzte musste Aline in einem Wörterbuch nachschlagen, aber auch ohne die genaue Übersetzung
     hatte sie direkt verstanden, dass Max von ihr ein standesgemäßes Benehmen erwartete. Beim Kondomverkaufen hatte sie sich durchsetzen
     können, bei der nächsten Idee ihrer Kolleginnen nicht. Und so drängelten sie sich inmitten einer gackernden Meute vor dem
     Eingang dieser Disko, in der es jeden Freitag eine Men-Strip-Show zu sehen gab, über die das ganze Büro sprach, sogar die
     Männer, die sie ja gar nicht sehen durften, und sogar der kultivierte, sanfte Tom mit den schönen Händen, der den ganzen Tag
     leise

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