Tiefer
damit auch umgehen?», fragte
ich misstrauisch. Kevin zuckte kurz zusammen, nickte dann aber begeistert – wahrscheinlich war es das erste Mal, dass er mit
der Dickmann-Masche Erfolg hatte. «Hör her», sagte ich, «Vorspiel, ohne auf die Uhr zu sehen, du liegst nicht oben, erspar
mir irgendwelche gestammelten Satzfetzen, und wag es nicht, mir nochmal das Ohr zu lutschen!» Er nickte wieder. Gut, dachte
ich mir, seh ich ihn eben als eine Art Vibrator, bei dem man die Hände frei hat. Ich hatte mich für die Variante französisches
Anfeuchten und der Fick dann kniend von hinten entschlossen, dabei hab ich mindestens eine Hand für meine Muschi frei, muss
ihn nicht ansehen und kann die Fingerfertigkeiten, die mehr Sensibilität erfordern, selbst tun. Außerdem ist das meistens
eine eher kurze Nummer, denn ich wollte auf gar keinen Fall in die Verlegenheit kommen, nachher noch großartig Konversation
machen zu müssen. Zu seiner Verteidigung: Er bemühte sich redlich – und |152| wir alle wissen, was so ein Satz im Arbeitszeugnis bedeutet. Also wenn ich meinen Sexwuschel nicht derartig gut kennen würde
und wüsste, was ihn schlüpfrig und gut gelaunt macht, wär’s wahrscheinlich ein Fiasko geworden, aber so ging’s ganz gut: Als
ich kam, hatte ich den schwer schuftenden Kevin hinter mir fast vergessen. Aber dann, während ich noch leise schaukelnd kniete
und das Zucken im Bauch und die bunten Punkte vor den Augen genoss, fiel Kevin mit einem dumpfen Gurgeln über meinen Rücken,
als hätte er gerade einen Kollaps erlitten. Ich erlaubte ihm gnädig, eine ganze Minute zu ruhen, dann schob ich ihn auf die
andere Seite des Bettes, wo er liegen blieb wie ein erlegtes Wild.
Ich stand leise auf, zog mich an, angelte in meiner Handtasche nach dem Aufkleber, den ich eigentlich für meine kleine Schwester
gekauft hatte, die gerade ihren Führerschein gemacht hatte. Den leuchtend roten Schriftzug «Anfänger» klebte ich direkt auf
das Kopfteil seines Bettes, dann schlich ich mich aus der Wohnung. Zu Hause nahm ich meinen Lieblingsvibrator in die Hand,
ließ ihn freundlich summen und fragte mich, was Kevin ihm voraus haben sollte. Die nächsten Wochen ist das Jagdrevier vor
mir sicher. Ich bin wieder mal bedient. Warum ich immer an solche Männer gerate? Hach ich weiß auch nicht. Ich bin wohl einfach
zu nett.
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|153| Santa Baby
«Ja ist denn heut scho Weihnachten?», lachte Christine, warf die lockigen Engelshaare über die Schulter und zog den Weihnachtsmann
in ihre Wohnung. Der Fahrstuhl war wohl wieder mal kaputt, der Weihnachtsmann keuchte und stöhnte, und das war nach den sieben
Treppen auch kein Wunder. Außerdem trug er einen von diesen dick wattierten roten Plüschanzügen und eine wallende weiße Perücke
mit Vollbart. Und egal, ob er wirklich so dick war, oder ob er seinen Strampelanzug ausgestopft hatte, es musste furchtbar
anstrengend für ihn gewesen sein, den schweren Sack, den er auf dem Rücken trug, bis zu ihr hochzuschleppen. «Ja, durch den
Schornstein geht’s leichter», plapperte Christine immer noch kichernd und führte ihn ins Wohnzimmer, «falls du da durchpasst.»
Sie rieb die Knie aneinander und hatte vor Aufregung ganz rote Bäckchen. Sie setzte ihn auf eines ihrer schreiend bunten Plastiksofas
und genoss es, dass alles so stimmungsvoll war.
Draußen schneite es. Gerade hatte sie Plätzchen in den Ofen geschoben, und es duftete nach Kakao und Zimt. Glühwein hatte
sie auch genug da, um auf ihren Geburtstag anzustoßen. Sie sprang zum Telefon, hängte es |154| aus und freute sich wie eine Schneekönigin. Am 23. Dezember Geburtstag zu haben war als Kind nicht besonders lustig gewesen, aber seit Christine als Sekretärin in der Studienberatung
der Uni saß und so nette Kolleginnen und Kollegen hatte, war es immer ein ganz besonderer Tag.
Vor allem der eine mit den sanften grauen Augen, der sich um die Internetseiten kümmerte, gefiel ihr. Er hatte zwar keine
Ahnung, was er eigentlich tat, weil er Germanist war und kein Programmierer, aber irgendwie schaffte er es, sich schnell einzuarbeiten,
sodass er immer genug Zeit hatte, mit Christine einen Kakao zu trinken oder in die Mensa zu gehen. Schnelligkeit war etwas,
das Christine ungeheuer bewunderte, leider arbeitete sie dafür in der falschen Behörde. Der Süße hatte ihr eine Sonnenblume
mit ins Büro gebracht, keine Ahnung, wo er die im Winter herhatte.
Aber die
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