Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tiefflug: Der vierte Fall für Kommissar Jung (German Edition)

Tiefflug: Der vierte Fall für Kommissar Jung (German Edition)

Titel: Tiefflug: Der vierte Fall für Kommissar Jung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Pelte
Vom Netzwerk:
waren. Und so freute er sich auf die kommenden Stunden, wenn auch verhalten.
    Der Anlass schien Jung locker genug für eine bequeme Freizeitgarderobe. Er hatte eine beigefarbene, schlanke Chino gewählt und dazu sein dunkelblaues Lieblingspoloshirt von John Smedley, das er sich in einem seltenen Anfall von Leichtsinn geleistet hatte. Gegen die Kühle der Nacht wählte er eine helle, modische Strickjacke aus reinem Alpaka. Svenja hatte sie ihm zum Geburtstag geschenkt, nicht ohne darauf hingewiesen zu haben, dass diese Wolle eine Garantie gegen unansehnlichen Abrieb und hässliches Pilling sei. Überhaupt wäre sie heute, so dachte er, mit seinem Outfit zufrieden gewesen, was beileibe nicht immer der Fall war.
     
    *
     
    Tiny klopfte kurz vor 22 Uhr an die Haustür. Sie begrüßten sich nur flüchtig. Jung wunderte sich, dass Tiny nicht vorschlug, noch einen Aperitif vor der zu erwartenden langen Nacht zu nehmen. Stattdessen komplimentierte er Jung wortkarg in sein Auto und fuhr los, als hätte er einen Geschäftstermin abzuarbeiten.
    »Sag mal, Tiny, auf welche Party gehen wir eigentlich?«, begann Jung ein Gespräch.
    »Weißt du, die Briten haben hier unten seit Langem ihre Finger im Tourismusgeschäft. Viele Hotels, Restaurants, Bars und Clubs laufen unter ihrer Regie.«
    »Dominieren sie den Markt an der Algarve etwa?«
    »Dominieren ist vielleicht zu stark, aber ihre Geschäfte und ihre Handelsverbindungen mit Portugal haben eine lange Tradition, ähnlich wie im Portwein-Geschäft. Du hast sicherlich davon gehört.«
    »Ich habe davon gehört, ja.« Jung beließ es bei seiner vagen Bemerkung. Er wollte nicht schon wieder auf Weine zu sprechen kommen.
    »Die Briten kennen sich untereinander wie eine Familie«, fuhr Tiny fort. »Sie treffen sich, wenn die Saison beginnt, und trinken sich Mut an. Nach der Saison feiern sie, dass alles endlich ein Ende hat. Tourismus ist die Soft-core-Variante von Krieg, sagen sie.«
    »Aha! Dann sind sie heute Abend ja noch gut bei Kräften. Hoffentlich schlagen sie nicht über die Stränge. Man hört in dieser Hinsicht einiges von den Engländern. Nicht unbedingt Gutes.«
    Tiny brach in eine Lachsalve aus, die Jung angesichts der relativen Harmlosigkeit seiner Bemerkung übertrieben fand.
    »Ja, ja, die Engländer. Mein Gott, darunter gibt es wirklich Typen, weiß der Henker.« Er schüttelte den Kopf. »Aber wenn’s uns zu bunt wird, können wir ja gehen.«
    Jung schwieg verblüfft. Eine so abgeklärte Bemerkung hatte er aus Tinys Mund nicht erwartet.
    »Woher kennst du die Briten eigentlich, Tiny?«
    »Ich war oft hier unten.« Er schwieg kurz. »War Fluglehrer auf einem Platz, nicht weit weg von hier. Die Portugiesen hatten uns das erlaubt. Bei uns zu Hause ging nichts mehr, wegen Fluglärm, du weißt schon.«
    »Du meinst, ihr konntet machen, was ihr wolltet, ohne den Protest der Bevölkerung im Nacken.«
    »Na ja, die Portugiesen wurden gut dafür bezahlt. Das hatten sie bitter nötig. Sie waren noch nicht in der EU oder erst am Anfang.« Tiny sah kurz zu Jung hinüber und konzentrierte sich dann wieder auf die Straße.
    »Verstehe.«
    »Meine freie Zeit genoss ich größtenteils hier unten, an der Algarve.«
    Jung stieß bitter auf, welche Mühe er hatte, seinen Urlaub zu genießen – mit entlaufener Gattin und zugelaufenem Verdächtigen.
    »Mit deinen Frauen aus dem Club, ich weiß«, merkte Jung genervt an.
    »Genau. Aber nicht nur mit denen. Ich lernte auch viele Engländerinnen kennen. Und natürlich deren bevorzugte Locations.« Er lachte leise.
    »Aha, daher stammen also deine Kontakte.« Jung nickte mehrmals wie ein aufgezogener Spielzeugautomat.
    Tiny war zügig gefahren. Sie waren schon in Albufeira angekommen, und Jung fragte sich, ob er allein wieder zurück nach Carvoeiro finden würde. Tiny stellte das Auto in einer schmalen Gasse ab. Sie gingen die Gasse hinunter bis an eine Promenade, die sich hoch über dem Meer eine Steilküste entlangschlängelte. Landseitig reihten sich Familienhotels, Restaurants, Clubs und Bars. Von der gegenüberliegenden Steinmauer aus hatte man einen unbegrenzten Blick über den Atlantik, auf dem in der Ferne die Lichter kleiner Fischerboote funkelten, von dem aber ansonsten in der Dunkelheit nicht viel zu sehen war. Nur das Klatschen der Wellen an den Strand drang deutlich zu ihnen herauf.
    Tiny stieß die Tür zu einer Bar auf, die wie ein englischer Pub eingerichtet war. Das Publikum stand dicht gedrängt an Stehtischen und

Weitere Kostenlose Bücher