Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tiefschlag

Tiefschlag

Titel: Tiefschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Baker
Vom Netzwerk:
drängendes Schlafbedürfnis überkam, wenn er mit dem Scanner den Polizeifunk abhörte und nicht kapierte, was die da eigentlich redeten. Also, halb konnte er es schon verstehen. Kompliziert wurde die ganze Geschichte aber, wenn er den Schiffahrtswetterbericht im Radio hörte, dann verstand er den auch nicht, weil er nämlich keinen Schimmer hatte, wo sich diese Orte befanden: Dogger Bank, Cromarty, Stärke sieben abnehmend... Haargenau das gleiche wie beim Polizeifunk, nur der Schiffahrtswetterbericht langweilte ihn nicht, und ihn überkam auch nicht dieses überwältigende Schlafbedürfnis. Der Schiffahrtswetterbericht konnte ewig weitergehen, wenn’s nach ihm ging. Er konnte einfach dasitzen und es sich wieder und immer wieder reinziehen.
    Na, welche Erklärung gibt’s dafür? Solche Dinge lassen sich nur erklären, indem man zugibt, sie nicht erklären zu können. Bestenfalls konnte man noch sagen, daß es wahrscheinlich eine Naturgewalt war. So was in der Richtung. Eine ökologische Notwendigkeit.
    Und Gus hatte immer gesagt, bevor er bei Ausübung seiner Pflichten ermordet wurde, daß eines Tages, vielleicht nicht morgen, vielleicht auch nicht übermorgen, aber eines Tages jemand ins Büro einbrechen würde. Und wenn wir eine Kamera genau auf die Tür gerichtet hätten, könnten wir den- oder diejenigen identifizieren. Damals hatte Gus die Kamera an der Wand montiert und an den Videorecorder angeschlossen. Und nachdem Gus ermordet worden war, war Geordie nicht mit zur Beerdigung gegangen, weil er nicht von Gespenstern heimgesucht werden wollte.
    Statt dessen vergewisserte er sich, daß Gus’ Kamera eingeschaltet war, wann immer das Büro unbeaufsichtigt gelassen wurde. Und jeden Monat hatte er ein frisches Band in den Recorder eingelegt, denn Gus hatte gesagt, so wär’s das beste, denn Videobänder würden verschleißen, nachdem man sie mehrere Male benutzt hatte.
    Und jetzt klaubte er die Kamera aus dem Durcheinander und sah, daß der unbekannte Einbrecher sie nicht einfach nur von der Wand gerissen hatte. Er oder sie hatten die Kamera so lange gegen die Wand oder auf den Boden geschlagen, bis das Objektiv kaputt und dieses Ende der Kamera völlig eingedrückt war. Sie war alles, was von Gus noch da war, und Geordie bezweifelte stark, daß sie je wieder benutzt werden konnte.
    «Das Aufnahmegerät ist hier», sagte Celia, beugte sich vor und zerrte an dem Videorecorder. Er bewegte sich ein Stück, hatte sich aber mit irgend etwas verkeilt, so daß sie es nicht aus dem Haufen ziehen konnte.
    Geordie legte die Kamera fort und ging zu Celia. Er hob den Recorder vom Boden auf und sah sofort, daß die gesamte Frontblende fehlte. Er betätigte den Knopf, der normalerweise das Band auswarf, doch es tat sich nichts. Geordie drückte die Klappe des Ladeschachts nach innen und sah, daß das Band noch im Gerät steckte. Nicht erkennen konnte er jedoch, ob es beschädigt war, und heraus bekam er es ebenfalls nicht.
    «Ich habe einen Schraubenzieher in meiner Tasche», sagte Celia.
    Das war wieder eines der Dinge, mit denen Celia einen echt verblüffen konnte. Sie war auf jede Eventualität vorbereitet. Ein Schraubenzieher in der Handtasche. Wer hätte an so was gedacht? Sie reichte Geordie ein winziges Bündel. Als er es auseinanderwickelte, stellte er fest, daß es eine kleine Werkzeugtasche aus Öltuch war. Es gab einen Handgriff und all die anderen Teile wie Korkenzieher, Messer, Schere, Kreuzschraubenzieher, die man sofort benutzen konnte, sobald man sie in den Handgriff steckte.
    Er fand den geeigneten Aufsatz, steckte ihn in den Handgriff und machte sich daran, die Vorderseite des Recorders abzuschrauben. Nach wenigen Minuten hatte er es geschafft und konnte das Band herausnehmen, das dem äußeren Augenschein nach unbeschädigt war.
    Geordie und Celia sahen sich im Büro um, als gingen sie davon aus, etwas zu finden, auf dem sie es sich ansehen konnten. Doch da war nichts.
    «Wir könnten es mit zu mir nehmen», sagte Celia, packte ihr Werkzeug wieder zusammen und verstaute es im richtigen Fach ihrer Handtasche.
    «Was ist mit Sam?» fragte Geordie. «Er wird nicht wissen, wo wir sind. Ich ruf ihn kurz an.» Er drehte sich zu der Stelle um, wo der Schreibtisch gestanden hatte, der Schreibtisch mit dem Telefon. Aber da war weder ein Schreibtisch noch ein Telefon. Nur leerer Raum.
    Komisch. Schon ein komisches Gefühl, sich die Tatsache zu Bewußtsein zu bringen, daß nichts mehr da war. Es war nicht mal mehr

Weitere Kostenlose Bücher