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Tiefsee

Tiefsee

Titel: Tiefsee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler
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festem, würdigendem Blick an. »Als Leiter des NUMA haben Sie die undankbare Aufgabe, Admiral, diesen Stoff zu neutralisieren. Ich erteile Ihnen Vollmacht, jede Regierungsstelle oder -abteilung, die über die erforderliche Sachkenntnis verfügt, einzuspannen, den Nationalen Wissenschaftsrat, die Armee, die Küstenwache, den Umweltschutz, wen immer.« Er dachte eine Weile nach, dann fragte er: »Wie wirkungsvoll ist im Meerwasser aufgelöstes Nervengas S?«
    Sandecker sah müde aus, seine Gesichtszüge wirkten angespannt. »Ein Teelöffel voll tötet jeden lebenden Organismus in zwanzig Millionen Litern Seewasser.«
    »Dann sollten wir es besser
finden
«, erklärte der Präsident mit einem Anflug von Verzweiflung in der Stimme. »Und verdammt rasch!«
3
    Tief unten im trüben Wasser des James River, vor der Küste von Newport News in Virginia, kämpften zwei Taucher gegen die Strömung an, während sie sich einen Weg durch den Schlamm bahnten, der am verrottenden Rumpf eines Wracks klebte.
    In der schwarzen, dimensionslosen Flüssigkeit hatte man kein Gefühl für Richtung. Die Sicht betrug nur wenige Zentimeter, während sie sich verbissen am Rohr einer Absaugvorrichtung festhielten, die den dicken Schlamm hinaufbeförderte und ihn zwanzig Meter weiter oben im Sonnenschein auf einen Schleppkahn spuckte. Sie arbeiteten beinahe im völligen Dunkel, denn ihre einzige Lichtquelle waren die schwachflimmernden Unterwasserlampen, die am Rand des Kraters befestigt waren, den sie in den letzten Tagen langsam ausgehöhlt hatten.
    Das einzige, was sie erkennen konnten, waren im Wasser schwebende Teilchen, die an den Sichtgläsern ihrer Tauchermasken vorbeitrieben wie windgepeitschter Regen.
    In dieser Lage konnten sie kaum glauben, daß es oben eine Welt mit Himmel und Wolken und Bäumen gab, die sich in der Sommerbrise wiegten. In dem Alptraum aus aufgewirbeltem Schlamm und ständiger Dunkelheit schien es ihnen unwahrscheinlich, daß sich in kaum fünfhundert Meter Entfernung Menschen und Autos auf den Gehsteigen und Straßen der kleinen Stadt bewegten.
    Es gibt Leute, die behaupten, daß man unter Wasser nicht schwitzen kann, aber man
kann
.
    Die Taucher fühlten, wie ihnen der Schweiß trotz der eng anliegenden Taucheranzüge aus den Poren drang; sie begannen eine schleichende Müdigkeit zu spüren, obwohl sie sich erst seit acht Minuten auf dem Grund befanden.
    Zoll um Zoll arbeiteten sie sich in ein gähnendes Loch an der Steuerbordseite des Rumpfes vor. Die Planken, die die höhlenartige Öffnung umgaben, waren zertrümmert und verbogen, als hätte eine Riesenfaust sich in das Schiff gerammt.
    Sie begannen Gebrauchsgegenstände freizulegen: einen Schuh, das Scharnier einer alten Truhe, einen Messingzirkel, Werkzeug, sogar ein Stück Stoff. Es war ein unheimliches Gefühl, Gegenstände zu berühren, die seit 120 Jahren niemand mehr zu Gesicht bekommen hatte.
    Einer der Männer machte eine Pause, um die Luftanzeige zu kontrollieren. Er rechnete sich aus, daß sie noch weitere zehn Minuten arbeiten konnten und dann noch immer einen ausreichenden Vorrat an Atemluft hatten, um die Oberfläche zu erreichen.
    Sie drehten das Ventil der Absaugvorrichtung zu, so daß der Sog abgestellt wurde, und warteten darauf, daß die Strömung des Flusses die aufgewirbelte Schlammwolke wegschwemmte.
    Bis auf das Blubbern der verbrauchten Atemluft wurde es still.
    Ein weiterer Teil des Wracks wurde sichtbar. Die Deckbalken waren geborsten und nach innen gedrückt.
    Seilschlingen hingen in dem trüben Wasser wie schlammverkrustete Schlangen. Das Innere des Rumpfes sah düster und unheildrohend aus. Sie konnten fast die ruhelosen Gespenster der Männer spüren, die mit dem Schiff untergegangen waren.
    Plötzlich hörten sie ein seltsames Brummen; nicht das Geräusch, das der Außenbordmotor eines kleinen Bootes verursacht, sondern stärker, wie das entfernte Dröhnen eines Flugzeugmotors. Es war unmöglich, die Richtung festzustellen, aus der das Geräusch kam.
    Sie lauschten einige Augenblicke, während das Brummen lauter wurde, verstärkt durch die bessere Leitfähigkeit des Schalls im Meer. Es war ein Geräusch an der Oberfläche, das sie nicht betraf, also schalteten sie die Absaugvorrichtung wieder ein und kehrten an ihre Arbeit zurück.
    Kaum eine Minute später stieß das Ende des Saugrohres auf etwas Hartes. Sie drehten das Luftventil rasch wieder zu und schoben aufgeregt den Schlamm mit den Händen weg. Bald erkannten sie, daß sie

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