Tiefsee
und sie sitzt auf dem Meeresboden.«
»Etwas muß es verhindert haben, daß die Sprengladungen nicht explodiert sind.«
»Das ist nur so eine Theorie von mir.«
»Nächste Frage. Wo würden Sie die Ladungen anbringen?«
»In den Laderäumen, im Maschinenraum, fast überall an Rumpfplatten, wenn sie nur unterhalb der Wasserlinie liegen.«
»In den Achterräumen waren keine Spuren von Ladungen«, erinnerte sich Pitt. »Somit bleiben noch der Maschinenraum und die vorderen Laderäume.«
»Wir haben uns schon so weit vorgearbeitet«, meinte Dover unbeeindruckt, »also könnten wir die Suche ebensogut zu Ende führen.«
»Es geht schneller, wenn wir uns trennen. Ich durchsuche den Maschinenraum. Sie kennen sich in so einem Schiff besser aus als ich…«
»Also nehme ich die vorderen Laderäume«, unterbrach ihn Dover.
Der hochgewachsene Mann von der Küstenwache ging einen Niedergang hinauf und pfiff dabei leise ein Lied vor sich hin. Er wiegte sich beim Gehen wie ein Bär; im Licht der schwankenden Taschenlampe in seiner Hand verschwand seine eindrucksvolle Silhouette schließlich. Einige Augenblicke später schirmten die Stahlschotten seinen Sprechfunk ab, und sein Pfeifen erstarb gleichfalls.
Pitt begann um das Labyrinth von Dampfrohren zu suchen, die von den alten, längst unbrauchbaren Kolbenmaschinen und Kesseln wegführten. Die Laufsteggitter oberhalb der Maschinen waren beinahe durchgerostet, so daß er vorsichtig auftrat. Der Maschinenraum schien in seiner Phantasie zum Leben zu erwachen – Knarren und Ächzen, Surren aus den Ventilatoren, Flüstergeräusche.
Er fand zwei Bordventile. Ihre Stellräder waren zugedreht und ließen sich nicht bewegen.
Also Essig mit der Bordventiltheorie, dachte er.
Eisige Kälte kroch über Pitts Nacken hoch, verbreitete sich in seinem ganzen Körper, und schlagartig wurde ihm klar, daß die Batterien, die die Heizung in seinem Anzug speisten, nahezu leer waren. Er knipste die Lampe für einen Augenblick aus. Die tiefe Finsternis drohte ihn beinahe zu ersticken. Er machte sie wieder an und schwenkte den Lichtstrahl rasch herum, als wollte er ein Gespenst von der Besatzung überraschen, das nach ihm griff. Aber hier gab es keine Geister. Nur die feuchte Eintönigkeit der Metallwände, die müden, altersschwachen Maschinen. Er hätte schwören können, daß er das scharrende Beben der Maschinen spürte, als begänne ihre dunkle Masse über ihm wieder zu arbeiten.
Pitt schüttelte den Kopf, um seine Phantasie von diesen wirren Vorstellungen zu befreien, und begann planmäßig die Seitenflächen des Rumpfes abzusuchen, indem er zwischen Pumpen und den mit Asbest verkleideten Röhren herumkroch, die sich in der Finsternis verloren. Er fiel von einer Leiter in zwei Meter tiefes, öliges Wasser, zog sich aus dem scheinbaren Griff des toten, bösen, häßlichen Kielraumes wieder hinauf, dessen ölige Schwärze jetzt seinen Anzug bedeckte, hing völlig außer Atem noch eine Minute an der Leiter und versuchte schließlich ganz bewußt, sich zu entspannen. Dann erkannte er die schwachen Umrisse eines Gegenstandes am äußersten Rand des Lichtstrahls. Ein verrosteter Aluminiumkanister in der Größe eines Zwanzig-Liter-Benzinbehälters, von dem Drähte zu einem an die inneren Rumpf platten geschweißten Deckbalken führten. Pitt hatte frühe r bei Bergungsunternehmen der Marine Sprengladungen angebracht und erkannte deshalb sofort die am Boden des Kanisters sitzende Sprengkapsel. Ein elektrischer Draht lief durch das Gitter zu dem darüberliegenden Deck.
Schweiß brach ihm aus allen Poren, obwohl er vor Kälte zitterte, und er kletterte wieder die Leiter hinauf; die Sprengladung ließ er vorerst dort, wo er sie gefunden hatte.
Dann begann er, die Maschinen und Kessel systematisch zu untersuchen.
Es gab nirgends Kennzeichnungen, keine Herstellerfirma, keine Kontrollstempel. Wo immer eine zur Identifizierung dienende Plakette angebracht gewesen war, hatte man sie entfernt.
Wo immer Buchstaben oder Nummern ins Metall graviert gewesen waren, waren sie weggefeilt worden. Nachdem er alle Ecken und Winkel um die Maschinen herum abgesucht hatte, spürte er glücklicherweise durch den Handschuh hindurch einen leicht vorstehenden Teil. Es war eine kleine Metallplakette unter einem der Kessel, die durch Schmierfett teilweise verborgen war. Er rieb den Schmutz weg und richtete den Lichtstrahl auf die geprägte Fläche. Dort stand:
###
Druck: 220 psi (Pfund pro Quadratzoll)
Temperatur:
Weitere Kostenlose Bücher