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Tiefsee

Tiefsee

Titel: Tiefsee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler
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»Sind Sie verletzt?«
    »Ein bißchen was gezerrt, aber ich glaube nicht, daß ich mir etwas gebrochen habe.«
    »Können Sie rasch gehen?«
    »Ich bin soweit in Ordnung«, log Dover durch die zusammengebissenen Zähne. »Was ist mit dem Beweisstück?«
    »Lassen Sie es, wo es ist«, drängte ihn Pitt. »Schauen wir, zum Teufel, daß wir aus dem Loch hinauskommen.«
    Ohne ein weiteres Wort eilten sie durch die Lagerräume in den engen Verbindungsgang zwischen den Frischwassertanks. Pitt legte einen Arm um Dover und zog ihn halb, halb trug er ihn durch die Dunkelheit.
    Pitt hatte das Gefühl, daß der Verbindungsgang kein Ende nehmen wollte. Sein Atem ging allmählich stoßweise, und sein Herz klopfte ihm heftig gegen die Rippen. Er hielt sich nur noch mit Mühe auf den Beinen, während die alte
Pilottown
unter den Erdstößen schwankte und bebte. Sie erreichten den Laderaum Nummer 4 und kletterten die Leiter hinunter. Er ließ Dover ohne zu wollen los, und dieser fiel auf das Deck. Die kostbaren Sekunden, die er damit verlor, Dover wieder auf die Beine zu helfen und ihn zur gegenüberliegenden Leiter zu führen, erschienen ihm wie eine Ewigkeit.
    Kaum hatte Pitt den Fuß auf die schuppigen Sprossen gesetzt, als ein donnerähnlicher Krach ertönte, etwas an ihm vorbeifiel und auf dem Deck aufschlug. Er leuchtete nach oben. In diesem Augenblick zerbrach der Lukendeckel, und Tonnen von Steinen und Trümmern ergossen sich in den Laderaum.
    »Raufklettern, verdammt noch mal, kletter’ rauf!« brüllte er Dover zu. Seine Brust hob und senkte sich, und das Blut hämmerte in seinen Ohren. Nur unter äußerster Willensanstrengung stieß er Dovers hundert Kilogramm die Leiter hinauf.
    Plötzlich rief eine Stimme etwas. Im Lichtstrahl über ihnen erschien eine Gestalt, die sich durch die obere Luke beugte, den verletzten Dover packte und ihn in den hinteren Laderaum zog.
    Pitt wußte instinktiv, daß es Giordino sein mußte. Der stämmige kleine Italiener hatte ein sicheres Gefühl dafür, im richtigen Augenblick am rechten Ort aufzutauchen.
    Dann war Pitt oben angelangt und kroch in den Laderaum, der die Container mit dem Nervengift enthielt. Der Lukendeckel war noch unversehrt, weil der abschüssige Boden darüber nicht so dicht am Heckteil lag. Als Pitt die unterste Leitersprosse erreichte, leiteten hilfreiche Hände Dover zum Achteraufbau und damit vorläufig in Sicherheit. Giordino packte Pitt am Arm.
    »Wir haben während des Erdbebens einige Verluste erlitten«, meldete er düster.
    »Wie schlimm?« fragte Pitt.
    »Vier Verwundete, zumeist Knochenbrüche, und ein Todesfall.«
    Giordino zögerte, und Pitt wußte es sofort. »Mendoza?«
    »Einer der Behälter hat ihre Beine zermalmt«, erklärte Giordino, und seine Stimme klang jetzt ernster, als Pitt es je bei ihm erlebt hatte. »Sie erlitt einen komplizierten Bruch. Ein Knochensplitter durchbohrte ihren Anzug…« Seine Worte erstarben.
    »Und das Nervengift tropfte auf ihre Haut«, beendete Pitt den Satz, worauf ein Gefühl von Hilflosigkeit ihn wie ein Schock durchfuhr.
    Giordino nickte. »Wir haben sie hinausgetragen.«
    Pitt fand Julie Mendoza, die auf dem Achterdeck der
Pilottown
lag. Über ihren Köpfen stieg eine große Wolke vulkanischer Asche in den blauen Himmel, die glücklicherweise nach Norden und somit vom Schiff weg trieb.
    Sie lag etwas von den anderen entfernt. Die unverletzt gebliebenen Umweltschutzleute kümmerten sich um die lebenden Opfer. Nur der junge Offizier von der
Catawaha
stand neben ihr, sein Körper zuckte krampfhaft, während er heftig in seinen Luftfilter erbrach.
    Jemand hatte ihr den Helm abgenommen. Ihr Haar lag ausgebreitet auf dem rostigen Deck und glänzte im Schein der untergehenden Sonne orangefarben. Pitt würde nie mehr vergessen, wie ihr Gesicht aussah, und diese Erinnerung bliebe ihm bis ins Grab.
    Ihre Augen standen offen und starrten ins Nichts, das Kinn war vor unerträglicher Qual vorgeschoben. Das Blut, das in Rinnsalen aus dem geöffneten Mund, aus Nase und Ohren geflossen war, verfärbte sich beim Trocknen in der Sonne kupferfarben. Sogar aus den Augenhöhlen war es gesickert. Die wenigen Flächen, die von ihrer Gesichtshaut zu sehen waren, verfärbten sich bereits bläulichschwarz.
    Pitts einzige Gefühlsregung war kalte Wut. Sie wallte in ihm auf, als er neben ihr niederkniete und wiederholt mit der Faust auf das Deck schlug.
    »Das ist noch nicht das Ende«, knurrte er bitter. »Ich lasse es bei dem nicht

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