Tiefsee
Nachdem er Kapstadt in Südafrika erreicht hatte, legte er bei einer Pipeline vor der Küste an und pumpte das Öl bis auf ein paar tausend Gallonen aus seinen Tanks heraus. Eine Woche später ging er unerklärlicherweise vor Westafrika unter. Für das Schiff und seine volle Ladung Öl wurde eine Schadensmeldung bei der Versicherung eingereicht. Die Untersuchungsbeamten waren davon überzeugt, daß das Schiff absichtlich versenkt worden war, aber sie konnten es nicht beweisen. Der Unternehmer der
Trikeri
wurde eingeschüchtert und verschwand still aus dem Geschäft. Die eingetragenen Eigner kassierten die Versicherungssumme und ließen sie über verschlungene Wege den Drahtziehern an der Spitze zukommen.«
»Passiert das oft?«
»Öfter, als man annehmen möchte«, antwortete Pitt.
»Du willst also deine Nase in das Bankkonto der Sosan Trading Company stecken?«
Pitt war nicht so dumm, Yaeger zu fragen, ob er das tun könnte. Er sagte einfach »Ja«
Yaeger unterbrach die Verbindung zum Computernetz von Lloyds, ging zu einem Aktenschrank und kam mit einem großen Hauptbuch zurück. »Sicherheitscodes der Banken«, erklärte er einfach.
Er machte sich an die Arbeit und hatte innerhalb von zwei Minuten die Bank von Sosan Trading aufgestöbert. »Ich habe sie!« rief er. »Die obskure Inchon-Zweigstelle einer großen Bank, deren Hauptquartier sich in Seoul befindet. Das Konto wurde vor sechs Jahren aufgelöst.«
»Sind die Kontoauszüge noch in den Akten?«
Ohne zu antworten, betätigte Yaeger die Tasten des Terminals, lehnte sich dann mit verschränkten Armen zurück und las die Auszüge. Die Daten blinkten weiter mit der Kontonummer und der Frage nach den gewünschten monatlichen Kontoauszügen.
Er sah Pitt erwartungsvoll an.
»März bis September 1976«, wies Pitt an.
Das Computersystem der Bank gab gefälligerweise Auskunft.
»Höchst merkwürdig«, fand Yaeger, als er die Daten entgegennahm. »Nur zwölf Transaktionen in einer Zeitspanne von sieben Monaten. Sosan Trading muß die allgemeinen Ausgaben und die Löhne bar bezahlt haben.«
»Woher stammen die Geldeinlagen?« fragte Pitt.
»Anscheinend von einer Bank in Bern in der Schweiz.«
»Wieder einen Schritt näher.«
»Ja, aber ab jetzt wird es kompliziert«, sagte Yaeger. »Die Sicherheitscodes sind komplizierter. Wenn diese Burschen von der Reederei so gewieft sind, wie es den Anschein hat, werden sie wahrscheinlich mit den Bankkonten so herumjonglieren, als handle es sich um einen Varieté-Akt.«
»Ich werde uns Kaffee holen, während du schon zu bohren beginnst.«
Yaeger sah Pitt einen Augenblick nachdenklich an. »Du gibst wohl niemals auf?«
»Nein.«
Yaeger war über die plötzliche Kühle in Pitts Ton überrascht.
Er zuckte etwas ratlos mit den Schultern. »Also gut, Sportsfreund, das wird keine leichte Sache. Vielleicht brauche ich die ganze Nacht dazu, und es entpuppt sich dann als Reinfall. Ich werde verschiedene Nummernkombinationen so lang aussenden müssen, bis ich auf die richtigen Codes stoße.«
»Hast du was Besseres vor?«
»Nein, aber wenn du schon Kaffee ho lst, wäre ich dir dankbar, wenn du auch ein paar Pfannkuchen auftreiben könntest.«
Die Bank in der Schweiz erwies sich als harter Brocken.
Jegliche Spur zu der Sosan Trading Muttergesellschaft verschwand dort. Sie kamen an sechs weitere Banken in dem kleinen Gebirgsland heran und hofften, sie würden vielleicht Glück haben wie ein Schatzsucher, der die Karte von Schiffswracks, die er sucht, in der falschen Schublade eines Archivs findet.
Aber sie fanden nichts Nützliches. Die Kundenkarteien sämtlicher Banken in Europa zu durchsuchen, stellte ein aussichtsloses Unterfangen dar. Es gab nämlich über sechstausend.
»Sieht ziemlich trostlos aus«, stellte Yaeger fest, nachdem er fünf Stunden lang auf den Bildschirm gestarrt hatte.
»Ja, glaube ich auch.«
»Soll ich weiter tippen?«
»Wenn es dir nichts ausmacht.«
Yaeger hob die Arme und streckte sich. »So komme ich wenigstens zu meinem Vergnügen. Du siehst aber aus, als hättest du genug. Warum haust du nicht ab und legst dich aufs Ohr? Wenn ich etwas herausfinde, rufe ic h dich an.«
Pitt ließ Yaeger dankbar im Hauptquartier der NUMA zurück und fuhr über den Fluß zum Flughafen. Er stellte den Talbot-Lago vor der Tür zu seinem Hangar ab, fischte einen kleinen Sender aus seiner Jackentasche und betätigte einen programmierten Code. Daraufhin stellten sich die Sicherheitsalarmanlagen ab, und das
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