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Tiefsee

Tiefsee

Titel: Tiefsee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler
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Leiche, die wie ein Springteufel durch die offene Luke brach.
30
    Pitt taumelte zum Schott zurück und sah wie gelähmt, wie eine unheimliche Ansammlung von schwimmenden Trümmern und Leichen aus dem Maschinenraum hervorbrach. Sie trieben zur Decke, wo sie in grotesken Stellungen wie gefangene Luftballons hingen. Obwohl die Körpergase begonnen hatten sich auszudehnen, war das Fleisch noch nicht in Verwesung übergegangen. Ausdruckslose Augen traten unter Haarsträhnen hervor, die sich im unruhigen Wasser bewegten.
    Pitt war bemüht, das Gefühl von Schock und Abscheu zu überwinden, und wappnete sich für die scheußliche Aufgabe, vor der es nun kein Zurück mehr gab. Von Übelkeit und kalter Furcht erfüllt, glitt er durch die Luke in den Maschinenraum.
    Vor seinen Augen befand sich ein Leichenschauhaus voller Toter. Bettzeug, Kleider aus halbgeöffneten Koffern, Kissen und Polster, alles, was genügend Auftrieb besaß, um zu schwimmen, mischte sich unter einen Schwarm von Leichen. Der Anblick war ein Alptraum, den man sich nie vorstellen und der selbst durch einen Horrorfilm Hollywoods nie erreicht werden konnte.
    Die meisten Leichen trugen weiße Uniformen der Küstenwache, was ihr geisterhaftes Aussehen verstärkte, nur wenige einfache Arbeitskleidung; keine wies jedoch Verletzungen oder Wunden auf.
    Er verbrachte nur knappe zwei Minuten dort drinnen, duckte sich, wenn eine leblose Hand seinen Arm streifte oder ein weißes, ausdrucksloses Gesicht Zentimeter vor seiner Gesichtsmaske vorbeitrieb. Er hätte schwören können, daß sie ihn alle anstarrten, etwas von ihm verlangten, das er ihnen nicht geben konnte. Einer war anders gekleidet als die übrigen, denn er trug einen Strickpullover unter einem eleganten Regenmantel.
    Pitt durchsuchte rasch die Taschen des Toten.
    Pitt hatte genug gesehen, um diese Szene sein Leben lang im Gedächtnis zu behalten. Er kletterte hastig die Leiter empor und verließ den Maschinenraum. Sobald er diesem grausigen Ort entflohen war, hielt er an, um sein Luftanzeigegerät abzulesen.
    Die Nadel zeigte hundert Pfund an, was vollkommen genügte, um wieder an die Oberfläche zu gelangen, wenn er nicht trödelte. Er fand Giordino, der gerade einen eingebauten Lebensmittelschrank durchsuchte, und deutete mit dem Daumen nach oben. Giordino nickte und schwamm durch einen Korridor zum Außendeck voraus.
    Eine große Welle der Erleichterung durchflutete Pitt, als die Jacht unter ihnen im Dunkel verschwand. Sie hatten keine Zeit mehr, nach der Bojenleine zu suchen, deshalb stiegen sie im Strom ihrer Luftblasen hoch, die aus dem Auslaßventil ihrer Preßluftflaschen strömten.
    Langsam wurde das fast braunschwarze Wasser graugrün.
    Endlich erreichten sie die Wasseroberfläche fünfzig Meter flußabwärts von der
Hoki Jamoki
.
    Sandecker und ein paar Ingenieure der Schiffsbesatzung erblickten sie sofort und begannen die Rettungsleine einzuziehen. Sandecker hielt die hohlen Hände an den Mund und schrie: »Haltet euch fest, wir ziehen euch herein.«
    Pitt winkte, er war dankbar, daß er sich auf den Rücken legen und entspannen konnte. Er war zu erschöpft, um etwas anderes zu tun, als langsam gegen die Strömung zu gleiten und zu sehen, wie die Bäume am Flußufer vorbeiglitten. Einige Minuten später wurden er und Giordino auf das Deck des alten Fischerbootes gezogen.
    »Ist es die
Eagle?«
fragte Sandecker, der seine Neugierde nicht unterdrücken konnte.
    Pitt wartete mit der Antwort, bis er seine Preßluftflaschen abgenommen hatte. »Ja«, bestätigte er endlich, »es ist die
Eagle

    Sandecker konnte sich nicht entschließen, die entscheidende Frage zu stellen, die in ihm brannte. Er umging sie also. »Etwas gefunden, worüber Sie spreche n wollen?«
    »Außen ist sie unbeschädigt. Sie sitzt aufrecht auf dem Grund, ihr Kiel steckt in etwa einem halben Meter Schlick.«
    »Kein Zeichen von Leben?«
    »Nicht von außen.«
    Pitt wollte offensichtlich keine Auskunft geben, wenn er nicht gefragt wurde. Seine gesunde braune Hautfarbe wirkte seltsam blaß.
    »Konnten Sie hineinsehen?« fragte Sandecker.
    »Zu dunkel, um etwas erkennen zu können.«
    »Also gut, verdammt nochmal, nun sagen Sie es schon.«
    »Da Sie mich so freundlich fragen«, sagte Pitt kalt und blickte Sandecker in die Augen. »Es finden sich in der Jacht mehr Leichen als auf einem Friedhof. Sie sind im Maschinenraum vom Boden bis zur Decke aufgeschichtet. Ich habe einundzwanzig gezählt.«
    »O Gott!« keuchte Sandecker

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