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Tiefsee

Tiefsee

Titel: Tiefsee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler
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sich um Ertrunkene.«
    »Schade. Bei einem lebenden Individuum gibt es geringe Merkmale im Gesichtsausdruck, die kulturell anerzogen sind und von jemandem, der große Erfahrung mit den beiden Rassen besitzt, entdeckt werden können. Auf dieser Grundlage lassen sich recht gute Resultate erzielen.«
    »Da habe ich also Pech.«
    »Könnten Sie mir vielleicht ihre wesentlichen Gesichtsmerkmale schildern?«
    Pitt fürchtete sich zwar vor der Vorstellung, schloß jedoch die Augen und begann die Köpfe der Wasserleichen zu beschreiben, die er auf der
Eagle
gesehen hatte. Zuerst war die Erinnerung nur undeutlich, aber bald gelang es ihm, sich klar darauf zu konzentrieren und jedes Detail mit der Routine eines Chirurgen zu beschreiben, der eine Herztransplantation auf Band spricht.
    Inmitten der Schilderung brach er plötzlich ab.
    »Ja, Mr. Pitt, sprechen Sie bitte weiter.«
    »Ich habe mich soeben an etwas erinnert, das mir entfallen war. Die Gesichter von zwei der Leichen waren tatsächlich dicht behaart. Eine trug einen Schnurrbart und die zweite einen Spitzbart.«
    »Interessant.«
    »Sie waren also weder Koreaner noch Chinesen?«
    »Nicht unbedingt.«
    »Was könnten sie außer Japanern denn sein?«
    »Sie springen los, bevor Sie schauen, wohin, Mr. Pitt«, tadelte sie ihn, als würde sie einem ihrer Studenten die Leviten lesen.
    »Die Züge, die Sie mir beschrieben haben, sind deutlich klassisch mongolisch.«
    »Aber der Bartwuchs?«
    »Sie müssen auch die geschichtliche Entwicklung in Betracht ziehen. Die Japaner haben Korea seit dem sechzehnten Jahrhundert immer wieder überfallen und geplündert. Und fünfunddreißig Jahre lang, von 1910 bis 1945, war Korea eine japanische Kolonie, so daß sich also eine starke Vermischung ihrer speziellen genetischen Anlagen ergeben konnte.«
    Pitt zögerte, bevor er Dr. Perth die nächste Frage stellte. Dann wählte er seine Worte außerordentlich sorgfältig. »Wenn Sie also Ihren wissenschaftlichen Ruf aufs Spiel setzen und ein Urteil über die vermutliche Rassenzugehörigkeit der Männer abgeben sollten, die ich Ihnen beschrieben habe, wofür würden Sie sich da entscheiden?«
    Grace Perth antwortete wie aus der Pistole geschossen. »Wenn ich es in Prozentsätzen ausdrücken darf, würde ich meinen, daß die Vorfahren Ihrer Testgruppe zu zehn Prozent Japaner, dreißig Prozent Chinesen und sechzig Prozent Koreaner waren.«
    »Das klingt, als hätten Sie das allgemeine genetische Bild eines Durchschnittskoreaners entworfen.«
    »Nehmen Sie es so, wie es in Ihr Bild paßt, Mr. Pitt. Ich bin so weit gegangen, wie ich konnte.«
    »Ich danke Ihnen, Frau Doktor Perth.« Pitt jubelte beinahe.
    »Ich bin Ihnen sehr verbunden.«
33
    »Das ist also Dirk Pitt«, sagte Min Korjo. Sie saß in ihrem Rollstuhl und blickte über ein Frühstückstablett hinweg auf einen großen Fernsehschirm an ihrer Bücherwand. Lee-Tong saß neben ihr und betrachtete die Videoaufzeichnung von der
Hoki Jamoki
, die über der Präsidentenjacht ankerte. »Ich frage mich, wieso er das Wrack so schnell entdecken konnte. Es sieht so aus, als hätte er genau gewußt, wo er zu suchen hatte.«
    Min Korjo stützte ihr Kinn in die zarten Hände und neigte den ergrauten Kopf, während sie die Augen auf den Bildschirm geheftet hielt und die dünnen, blauen Venen in ihren Schläfen vor Konzentration pulsierten. Ihr Gesicht verzog sich ärgerlich.
    Sie sah aus wie eine alte ägyptische Mumie, deren Haut irgendwie gebleicht und gestrafft worden war. »Pitt und die NUMA«, zischte sie wütend. »Was haben diese gerissenen Hunde vor? Zuerst der Hokuspokus mit der Verlautbarung über die
San Marino
und die
Pilottown
und jetzt das.«
    »Es kann sich nur um einen Zufall handeln«, meinte Lee Tong.
    »Es besteht kein direkter Zusammenhang zwischen den Frachtschiffen und der Jacht.«
    »Ich denke eher an einen Denunzianten.« Ihre Stimme klang scharf wie ein Peitschenhieb. »Wir sind vermutlich verraten worden.«
    »Das ist kein zulässiger Schluß,
aunumi.«
Lee Tong fand ihren plötzlichen Zornausbruch irgendwie lustig. »Nur du und ich kennen die Wahrheit. Alle anderen sind tot.«
    »Man ist niemals gegen einen Fehler gefeit. Nur Dummköpfe halten sich für vollkommen.«
    Lee Tong war nicht in der Stimmung für die asiatische Philosophie seiner Großmutter. »Mach dir keine unnötigen Sorgen«, erwiderte er scharf. »Ein Aufklärungsteam der Regierung wäre sowieso irgendwann auf die Jacht gestoßen. Wir konnten den Präsidenten

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