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Tiepolos Fehler: Kommissar Kilians erster Fall

Tiepolos Fehler: Kommissar Kilians erster Fall

Titel: Tiepolos Fehler: Kommissar Kilians erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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Biegen und Brechen aufmuntern.
    »Es reicht, Paolo«, schnauzte Kilian ihn an. »Ein nettes Städtchen … Da kann ich Parksündern nachstellen, Besoffene von der Straße lesen, Omas die Handtasche zurückbringen. Da werden um halb zehn die Bürgersteige hochgeklappt. Verstehst du? Glotze, Bierchen, Bettchen. Das war’s. Und die Frauen … mein Gott! Welche Frauen?«
    *
    Uschi war nicht wieder zu erkennen. Wie ein Derwisch tanzte sie auf dem Tisch mit Franz. Im Rhythmus des Sambas warf sie ihren Kopf hin und her. Durch ihre schwarzen Haare sahen die umstehenden, vormals korrekt gekleideten, jetzt der Uniformen fast entledigten Beamten das Weiß in Uschis Augen aufblitzen. Sie riss sich die Bluse aus dem Rock, und die Knöpfe flogen im weiten Bogen. Die Pumps folgten ihnen. Franz kniete breitbeinig zu ihren Füßen. Uschi packte ihn an den Schultern und riss ihm das Hemd vom Leib. Dann drehte sie seinen Kopf so, dass er ihr ins Gesicht sehen musste, schlängelte sich rhythmisch zu ihm in die Hocke und vergrub sein Gesicht zwischen ihren Brüsten.
    »Los, mach ihn fertig!«, rief ihr eine Kollegin zu.
    »Zeig’s uns!«, rief ein anderer.
    Uschi gehorchte. Sie erhob sich, ließ ihr Becken kreisen, zog den Rock hoch und ging einen Schritt vorwärts, sodass Franz zwischen ihren Beinen und unter dem Rock verschwand. Sie presste die Beine zusammen, ließ sie, den Kopf von Franz eingekeilt, kreisen und wirbelte mit den Armen in der Luft, als ritte sie einen wild gewordenen Bullen.
    Franz suchte sich aus dem Schraubstock zu befreien, indem er seine Hände gegen ihre Hüften stemmte. Es gelang ihm, und er tauchte aus der Klemme mit hochrotem Kopf hervor. Er schnaufte wie ein Stier nach Luft. Aber das schien ihm nicht viel auszumachen. Im Gegenteil, er war angestachelt. Mit einem Ruck zog er Uschi am Nacken an sich heran. Nase an Nase ging er im Takt der Musik mit ihr in die Knie nach unten, nach oben, nach unten und so fort. Uschi warf ihren Kopf nach hinten, zeigte ihre Kehle als Zeichen der Aufgabe und ließ sich von Franz auf dem Tisch herumwirbeln.
    Heinlein stand an der Fensterfront und schaute auf den Main hinunter. Dem Gewitter ging allmählich die Munition aus, und der Regen verebbte. Ein paar Gestalten versuchten, ein Boot, das sich losgerissen hatte, aus der Fahrrinne zu bekommen. Andere hielten die Arbeiter mit Seilen fest, damit sie nicht fortgespült wurden. Auf dem Marienberg erkannte er Lichter, die sich durch die verschlammten Weinbergstraßen wanden. Winzer mit Taschenlampen wahrscheinlich, die retten wollten, was nicht mehr zu retten war.
    Schömig war bereits gegangen. Er hatte sich nicht mehr länger auf den Beinen halten können.
    Heinlein schaute auf die Uhr. Halb zwei. Claudia wartete bestimmt noch auf ihn. Er hatte ihr zwar gesagt, dass es länger dauern könnte, aber sie widersprach, dass sie nicht eher ruhig schlafen könnte, bis er nach Hause gekommen war. Wie ginge es jetzt weiter, fragte er sich. Was würde kommen, und – viel entscheidender – wer würde Schömig ersetzen und sein neuer Partner oder vielmehr Boss werden? Wieder einer dieser gelackten Affen aus München? Ein besonderes Kaliber, das ihm Oberhammer versprochen oder eher angedroht hatte? Heinlein wollte nicht länger nachdenken, er hatte die Nase voll. Er würde mit Claudia über die Zukunft sprechen müssen, denn so ging es nicht weiter. Auf gar keinen Fall würde er sich länger zum Deppen machen lassen. Es müsste doch für einen kerngesunden Mann wie ihn etwas geben, was die Familie ernährte und die Nerven schonte.
    Er ging ohne eine Wort an Uschi, Franz und dem Kreis der johlenden Kollegen vorbei nach unten.
    Als Heinlein aus der Polizeidirektion kam, hörte er ein einstimmiges »Ausziehen! Ausziehen!« von oben. Er nahm es kaum wahr. Seine Gedanken kreisten um das Morgen. Was würde der Morgen ihm bringen?
    *
    Ein farbverschmierter Baumwollhandschuh tauchte den Pinsel in eine kleine Plastikschale und führte ihn an die Decke. Die rostbraune Farbe wurde schnell vom frischen Putz aufgesogen. Sie grenzte die Erde von einem Blau ab, dessen Ränder weiße aufgeschäumte Wellen zeigten. Daneben waren Fugen in den Putz gezogen, die Umrisse von tropischen Pflanzen vermuten ließen. Palmen ragten aus einem undurchlässigen Gestrüpp empor und bogen sich zur Seite. Die Wedel berührten knapp das Blau. Ein beigefarbenes Tier, auf seltsam starken Hinterbeinen, blickte sich zur Seite um. Aus dem Gebüsch starrten es zwei Augen an, die

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