Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tiepolos Fehler: Kommissar Kilians erster Fall

Tiepolos Fehler: Kommissar Kilians erster Fall

Titel: Tiepolos Fehler: Kommissar Kilians erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
Vom Netzwerk:
Ausstattern sehr beliebt. Nicht nur wegen ihrer feinen Struktur. Sie wurden früher als Schreibfeder benutzt, weil ihre Spitze so hart ist. Die Einfuhr ist streng limitiert. Als Schreibfedern gibt es sie schon lange nicht mehr. Manchmal wurden sie auch von Kostümbildnern beim Theater eingesetzt.«
    »Und heute?«
    »Keine Ahnung. Aber lass mich mal überlegen. Der Bruder von der Bauers Gabriele war doch beim Theater. Irgendwo im Fundus.«
    »Das war doch so ein Kleiner, den sie mal in der Mädchenumkleide …«
    »Genau der«, lachte Hubert, »den sie mal mit einem Röckchen erwischt haben.«
    »Und ich dachte, der wäre nach München ab.«
    »War er auch. Bis er vor einem Jahr wieder auf der Matte stand. Er soll sich mit einem Typen aus der Maske eingelassen haben, bis der Regisseur sie hinter den Kulissen … na, du weißt schon.«
    »Nein, weiß ich nicht«, sagte Heinlein.
    »Ist ja Wurscht. Jeder nach seiner Fasson. Aber frag einfach mal nach dem Daniel. Mit Nachnamen hab ich’s nicht so.«
    Heinlein nahm noch einen Schluck vom Müller, verabschiedete sich und ging zu seinem Wagen. Der Schäferhund knurrte ihm nach, und Heinlein schaute, dass er sich schnellstens im Wagen in Sicherheit bringen konnte.
    *
    Kilian kam vom Alten Kranen und ging vorbei an der Alten Mainbrücke in die Domstraße. Vor ihm ragte der Dom mit seinen zwei Türmen in den blauen Himmel. Um den Vierröhrenbrunnen am Grafeneckhart sammelten sich Touristen, die sich mit dem Rathausturm im Hintergrund ablichten ließen. Davor waren die Tische des Ratskellers voll besetzt. Eine Straßenbahn kam nahezu unhörbar vorbei.
    Kilian ging die Domstraße hoch, vorbei an Schuhgeschäften, Eiscafés und Straßenmusikanten. Vor dem Sternbäck hatten sich fünf Musiker im schwarzen Frack aufgestellt und spielten Mozart. Zuhörer standen quer über der Straße, manche lehnten mit geschlossenen Augen gegen die gusseisernen Lampenpfähle, ließen sich die Sonne ins Gesicht strahlen und schienen weit entrückt. Die Tische neben dem Sternbäck waren prall gefüllt. Die Kellner jonglierten Cappuccini, Folienkartoffeln und Weingläser zwischen Passanten hindurch.
    Kilian atmete tief ein, es roch nach Meeresluft, so als stünde er in Genua am Porto Vecchio. Woher kam plötzlich dieser Geruch? Ein paar Schritte weiter stauten sich an der Ecke zum Kürschnerhof die Passanten, und jeder von ihnen hatte einen Shrimpcocktail oder ein Fischfilet in den Händen. Ein Fischrestaurant hatte sein Terrain auf die Straße hin erweitert, und Kilian dachte an die Fischerküchen, die es nahezu in jeder Hafenstadt gab. Diese hier war um Welten feiner und gepflegter. Hier konnte man sichergehen, nicht wegen eines zweifelhaften Fisches die nächste Toilette aufsuchen zu müssen.
    Er bog um die Ecke und fand den ehrwürdigen St. Blasius geschlossen. Jene kleine Wirtschaft, in die ihn seine Mutter geschleppt hatte, wenn sie bei stundenlangem Preisvergleichen von Kaufhaus zu Kaufhaus gerannt waren und vollkommen erschöpft etwas zur Stärkung zu sich nehmen mussten, damit sie weitere Stunden zwischen Wühltischen und Schnäppchenabteilungen nach dem billigsten Artikel suchen konnten. Auch stand das Traditionsgeschäft Deppisch nicht mehr, in das ihn seine Mutter mitgenommen hatte, um für eine Cousine ein Hochzeitsgeschenk aus der Zweiten-Wahl-Ware herauszuklauben. Jetzt prangten dort die Insignien eines bayerischen Kaufhauses. Er ging hinein und kam eine halbe Stunde später in gewohnter Kleidung heraus. Jeans, Cowboystiefel und Holzfällerhemd hatte er nach einigem geschickten Handeln mit dem Verkaufspersonal gegen zwei Anzüge eingetauscht. Keine Armanis, aber immerhin gewohnte Kleidung.
    Auf dem Marktplatz fand er alles beim Alten. Um die Marienkapelle scharten sich Buden, die Haushaltswaren und Tand an die Leute brachten. Am Café Michel waren alle Tische besetzt. Doch die alten Damen und die Kaffeegedecke mit Torten waren nahezu verschwunden. Heute versammelte sich eine junge Stadtbevölkerung an den Tischen mitten in der Stadt, um zu sehen und gesehen zu werden.
    Kilian nahm einen soeben frei gewordenen Platz an einem der Tische ein, an dem zwei junge Mütter sich über Kindererziehung und den nächsten Urlaub unterhielten. Es entging ihm nicht, dass sich ihr Gespräch in seine Richtung änderte, doch er ließ sich nicht in eine Unterhaltung verwickeln. Die Frauen nahmen es missbilligend zur Kenntnis und kamen auf den Urlaub zurück. Kilian bestellte ein Glas mainfränkischen

Weitere Kostenlose Bücher