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Tiepolos Fehler: Kommissar Kilians erster Fall

Tiepolos Fehler: Kommissar Kilians erster Fall

Titel: Tiepolos Fehler: Kommissar Kilians erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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Rosés und genoss die Sonne. Zwischen den Buden spielten drei Studenten auf einer Violine, einer Oboe und einem Cello. Davor lag ein Geigenkasten geöffnet, in dem Silbergeld funkelte. Sie spielen wahrscheinlich irgendwas von Mozart, dachte Kilian. Die ganze Stadt klang nach Mozart in diesen Tagen vor Beginn des eigentlichen Festes. Die Musik wirkte beruhigend auf ihn. Sie war beschwingt, leicht, verspielt, aber gleichzeitig strahlte sie eine Zufriedenheit aus, der sich Kilian in diesem Moment völlig hingeben konnte. In den zehn Jahren seiner Abwesenheit hatte sich einiges verändert. Soweit er bisher feststellen konnte, viel zum Vorteil. Das frühere, verschlafene Würzburg mit den verhärmten Gesichtern hatte einen Anstrich bekommen, der ihn an kleine italienische Städte wie Mantua oder Piacenza erinnerte. Es war ein munteres Treiben auf den Straßen, die Plätze waren mit Cafés gefüllt, die Menschen waren modischer geworden.
    Doch plötzlich hörte er eine vertraute Stimme. Ein Lachen, das er lange nicht mehr gehört hatte und das ihm in der Sekunde präsent war, als es ansetzte. Er wagte nicht, sich umzudrehen, kramte in seiner Tasche, holte einen Fünfer heraus, klemmte ihn unter den Aschenbecher und verschwand ein paar Schritte weiter hinter einer Bude. Er tat so, als würde er sich für eine Tasse interessieren, auf der ein fürchterlich geschmackloses Mein Schatzi eingraviert war, und spähte durch die herabhängenden Küchengeräte auf die Tische am Café Michel.
    Ja, das war sie. Sie sah gut aus, lachte viel und schien sich in der Begleitung des Mannes wohl zu fühlen. Kilian stellte die Tasse zurück und sah sich nach einem Fluchtweg um.
    *
    Die Putzfrau wies mit dem Lappen in der Hand auf eine große stählerne Tür. Dahinter sollte Heinlein den Gang bis ganz nach hinten gehen, dann rechts die Treppe hoch, wieder durch einen Gang und dann die vierte Tür auf der linken Seite nehmen.
    Er bedankte sich und gelangte schließlich zu der Tür, auf der in großen Lettern Kostümfundus stand. Er ging hinein und stand inmitten zweier endloser Reihen, die Kleidungsstücke und Accessoires aus allen Jahrhunderten, Moden und Größen bereit zu halten schienen. Spontan fühlte sich Heinlein in dieser Welt der tausendundein Leben wohl. Wenn er mehr Zeit gehabt hätte, dann wäre er als Napoleon in Paris eingeritten oder hätte sich als Alexander der Große in Athen feiern lassen. Auch in das Wams von Heinrich dem Achten hätte er sich gerne begeben. Doch das alles verblasste im Angesicht dessen, was da scheinbar achtlos aus einer Kiste heraushing – der Sextant, mit dem ein Christopher Columbus die Neue Welt entdeckt hatte! Heinlein ging auf die Kiste zu, nahm das Gerät in die Hand, prüfte die Einstellungen und hielt es in die Höhe, als wolle er die augenblickliche Position auf einem der Weltmeere bestimmen.
    »Legen Sie das bitte wieder zurück«, drang es scharf von hinten an ihn heran.
    Heinlein drehte sich um, und vor ihm stand ein zierlicher junger Mann mit dunklen langen Haaren, die er nach hinten zu einem Schwanz gebunden hatte. Die Lider schienen geschminkt zu sein, und einen Arm hatte er übertrieben provokant in seine Hüfte gestemmt, während er im anderen einen Umhang hielt, wie ihn Cäsar getragen haben musste, als er den Senatoren zum Opfer fiel.
    »Unbefugte haben hier keinen Zutritt. Bitte legen Sie das wieder zurück«, wiederholte der Mann seine Aufforderung.
    »Ich suche einen Herrn Singer, Daniel Singer«, sagte Heinlein und legte den Sextanten in die Kiste zurück.
    »Was wollen Sie von ihm?«
    »Das sag ich ihm, wenn ich ihn getroffen habe. Also, wo kann ich Herrn Singer finden?«, fragte Heinlein und hielt ihm seinen Dienstausweis entgegen.
    »Sie haben ihn gefunden. Was wollen Sie?«, fragte Singer und ging achtlos an ihm vorbei.
    »Ich möchte von Ihnen wissen, wo man eine solche Feder bekommt?«
    Heinlein zeigte ihm die Kopie von dem Vogel, doch Singer schenkte Frage und Kopie keine Aufmerksamkeit. Stattdessen stieg er eine Leiter hoch, um eine von der Decke hängende Stange zu erreichen, wo er den Umhang an einen nummerierten Platz hängte.
    »Haben Sie mich verstanden?«, wiederholte Heinlein seine Frage nun eindringlicher.
    »Ich habe Sie verstanden«, zischte Singer zurück und stieg von der Leiter herab.
    Er betrachtete uninteressiert das Tier und ging wortlos an Heinlein vorbei.
    »Hey, bleiben Sie stehen und geben Sie mir eine Antwort.«
    »Nicht in diesem Ton. Wer sind Sie

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