Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tiepolos Fehler: Kommissar Kilians erster Fall

Tiepolos Fehler: Kommissar Kilians erster Fall

Titel: Tiepolos Fehler: Kommissar Kilians erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
Vom Netzwerk:
mit dem Rücken an die Bar und beobachtete, was an diesem Abend geboten wurde.
    Das Brazil war eine Kellerbar, die in der Mitte eine Tanzfläche hatte. Um sie herum standen Stehtische. Im hinteren Bereich gab es Sitzmöglichkeiten, von denen aus man einen guten Blick auf alles hatte, was die Treppe herunterkam. An diesem Abend waren auffällig viele Frauen gekommen.
    Das Motto des Abends lautete: Spanischer Flamenco. Dementsprechend trugen viele Frauen einen weiten, meist mit Blumen oder orientalischer Ornamentik verzierten Rock. Darüber eine Bluse und die Haare streng nach hinten gebunden. Manche hatten das notwendige Schuhwerk, hochhackige, mit einem Band am Knöchel fixierte schwarze Flamenco-Schuhe an. Sie fanden sich zu kleinen Gruppen zusammen und besprachen, wer als Nächstes tanzen sollte. Männer waren an diesem Abend nur Zaungäste. Wer beherrschte auch schon einen Flamenco, eine Bulería oder Sevillana?
    Der Barmann stellte zwei bis zum Rand gefüllte Caipirinhas auf den Tresen.
    »Zum Wohl«, sagte er. »Auf einen guten Abend.«
    Kilian bedankte sich und schob ein Glas zu Heinlein rüber. Er nahm es und betrachtete es unschlüssig.
    »Was ist?«, fragte Kilian.
    »Da ist ein Strohhalm drin.«
    »Macht nix. Trinken Sie mit oder ohne. Das kommt aufs Gleiche raus.«
    Heinlein entschied sich für den Strohhalm. Er züllte vorsichtig und schluckte.
    »Bäh, ist des sauer«, sagte er, verzog das Gesicht und schob das Glas weg.
    Kilian nahm einen tiefen Schluck und ließ ihn sich genüsslich die Kehle hinunterlaufen.
    »Das ist genau, was ich jetzt gebraucht habe«, sagte er.
    Und zu Heinlein: »Rühren Sie mit dem Halm den Zucker von unten auf. Dann wird er süßer.«
    Heinlein nahm den Halm und stocherte in seinem Caipirinha herum, als wollte er einen Fisch harpunieren. Dabei schwappte das Getränk über und lief Heinlein über die Hand.
    »Nicht stochern«, unterbrach ihn Kilian und machte es ihm vor. »Benutzen Sie den Halm wie einen Besen und bringen Sie den Zucker nach oben, damit er sich besser verteilt.«
    Heinlein schaute zu, wie Kilian gekonnt den Zucker vom Boden aufwirbelte, ohne dass das Glas überlief. Er machte es ihm nach und hatte den Trick gleich heraus. Er lächelte zufrieden und nahm einen zweiten Schluck.
    »Schon viel besser«, lobte Heinlein die eigene Arbeit.
    Kilian nahm den Halm aus seinem Glas, stieß mit Heinlein an und leerte es in einem Zug. Heinlein beobachtete ihn aufmerksam, nahm dann auch den Halm heraus, setzte das Glas an und leerte es.
    »Noch zwei«, rief Kilian dem Barmann zu.
    »Die gehen aber auf mich!«, fügte Heinlein gönnerhaft hinzu.
    »Herr Heinlein«, setzte Kilian an, »ich wollte mich noch entschuldigen. Irgendwie war ich heute Nachmittag nicht in bester Verfassung. Tut mir Leid. Und das mit dem Schneider…«
    »Entschuldigen Sie sich am besten bei ihm selbst. Er hat gute Arbeit geleistet.«
    Kilian versprach, dass er das gleich morgen nachholen würde. Doch zuvor war Flamenco angesagt. Zwei Spanierinnen, zumindest sahen sie allem Augenschein nach so aus, stellten sich vis-à-vis in der Mitte der Tanzfläche auf. Eine der beiden hob die Arme an die Seite ihres Kopfes und formte mit den Fingern einen Fächer. Die andere tat es ihr gleich. Beide verharrten in Stille, schauten sich stolz mit steifem Hals und aufrecht gestreckten Schultern in die Augen. Um die beiden herum hatte sich ein Kreis anderer Frauen gebildet, die auf den Einsatz der Musik warteten.
    Der DJ forderte jeden auf, sich am Tanzen zu beteiligen. Insbesondere die Männer seien gefordert und würden dankbar von den Frauen willkommen geheißen. Die Kerle duckten sich, als seien sie nicht gemeint, während die Frauen darauf warteten, dass sich einer traute.
    Ein schroffer Schlag in die Saiten einer Gitarre genügte, um die beiden in Bewegung zu setzen. Ihre Hände formten kreisrunde Figuren, schlangen sich ineinander, lösten sich wieder, wanden sich über ihre Köpfe und wieder zurück, als gelte es, die Partnerin zu umwerben, sie zu verführen. Eine tiefe Frauenstimme tönte aus den Lautsprechern. Sie gab den Tänzerinnen das Signal zum Spiel ihrer Hände, Beine, Hüfte und Oberkörper. Sie folgten ihr bereitwillig und wanden sich eng aneinander vorbei, um sich erneut in die Augen zu schauen.
    »Schaut ja lustig aus«, sagte Heinlein.
    »Das ist nicht lustig, das ist Verführung«, verbesserte Kilian ihn.
    »Sind die beiden vielleicht …?«
    »Nein. Das ist ein Tanz für Frauen. Was sie da

Weitere Kostenlose Bücher