Tierarzt
fragte Helen und sah mich erwartungsvoll an.
»Oh, ich glaube, ich habe ein großartiges Geschäft gemacht«, erwiderte ich mit einem Anflug von Selbstgefälligkeit.
»Wirklich?«
»Ja.« Ich beschloß, meinen Trumpf auszuspielen. »Und die Sache hat mich nur drei Shilling gekostet.«
»Drei Shilling! Zeig... wo...«
»Bleib! Ich bin gleich wieder da.« Ich ging auf den Treppenabsatz hinaus und faßte wieder unter die Schnüre. Es war gottlob das letzte Mal... Ein Ruck, und mit einem Satz war ich wieder drinnen und stellte meine Beute stolz zur Schau.
Helen starrte auf die beiden Stapel. »Was ist das?«
»Die Geographie der Welt in vierundzwanzig Bänden«, erklärte ich triumphierend.
»Die Geographie der... das ist alles?«
»Ja, mehr ging leider nicht. Aber sieh nur – sind es nicht herrliche Bücher?«
In den Augen meiner Frau spiegelten sich Ungläubigkeit und ein leichtes Staunen. Eine Sekunde lang zuckten ihre Mundwinkel, dann räusperte sie sich und wurde plötzlich energisch.
»Nun gut, wir müssen sehen, daß wir ein Regal für sie finden. Laß sie vorläufig erst mal da liegen.« Sie wandte sich wieder ihrer Hausarbeit zu. Doch es dauerte nicht lange, da unterbrach sie sie.
»Riechst du was?«
»Ja, hm... ich glaube, es sind die Bücher, Helen. Sie sind scheint’s leicht modrig... aber das vergeht schnell.«
Doch der merkwürdige Geruch war ziemlich durchdringend, und nach kurzer Zeit hatte man das Gefühl, in einem Mausoleum zu sein.
Ich sah, daß Helen meine Gefühle nicht verletzen wollte, aber mit zunehmender Bestürzung blickte sie immer wieder verstohlen auf die Bücher. Ich beschloß, es für sie zu sagen.
»Vielleicht sollte ich sie vorläufig lieber unten aufbewahren.«
Sie nickte dankbar.
Der Abstieg war eine Qual, die noch dadurch vergrößert wurde, daß ich geglaubt hatte, mit dem Bücherschleppen hätte es ein Ende. Schließlich erreichte ich glücklich das Sprechzimmer und stellte die beiden Stapel hinter dem Schreibtisch ab. Während ich mir noch schwer atmend die Hände rieb, kam Siegfried herein.
»Hallo, James, wie war die Fahrt nach Leeds?«
»Danke, es hat alles bestens geklappt. Wir bekommen vom Labor Bescheid, sobald die Bakterienkultur angelegt ist.«
»Ausgezeichnet!« Mein Kollege öffnete den Schrank, um etwas hineinzulegen. Gleich darauf fing er an zu schnuppern.
»Was stinkt denn hier so abscheulich?«
Ich hüstelte. »Ich habe mir in Leeds ein paar Bücher gekauft, und sie scheinen etwas feucht zu sein!« Ich deutete hinter den Schreibtisch.
Siegfrieds Augen weiteten sich, als er die Doppeltürme sah. »Was, zum Teufel, sind denn das für Bücher?«
Ich zögerte. »Die Geographie der Welt in vierundzwanzig Bänden.«
Er sagte nichts, sondern blickte schweigend von mir zu den Büchern und wieder zurück. Und er schnüffelte noch immer. Zweifellos hinderte ihn nur seine gute Erziehung daran, mir zu sagen, ich solle die verdammten Dinger schleunigst hier rausschaffen.
»Ich werde sie woanders unterbringen«, sagte ich und verließ eiligst mit den Büchern das Zimmer. Als ich mit den beiden Stapeln den Korridor entlangwankte, überlegte ich fieberhaft, was ich mit ihnen bloß anfangen sollte. Aber als ich mich der Kellertür näherte, schien sich eine Lösung abzuzeichnen.
Der Keller war riesig und würde ein angemessener Ruheplatz für meine Bücher sein. Früher war hier ein richtiger Weinkeller gewesen, doch jetzt bewahrten wir nur Kohle und Brennholz darin auf. Ich hörte dumpfe Schläge, als ich die Treppe hinunterging. Offenbar war Tristan beim Holzhacken.
Er hielt inne, als er mich mit meiner Last erblickte, und stellte die unvermeidliche Frage.
Ich antwortete, wie ich hoffte, zum letztenmal: »Die Geographie der Welt in vierundzwanzig Bänden.« Und dann erzählte ich ihm haarklein meine Erlebnisse.
Während er mir zuhörte, schlug er einen Band nach dem anderen auf, schnüffelte daran und legte ihn eiligst zurück. Und er brauchte mir nichts zu sagen, ich wußte es bereits: meine kostbaren Bücher würden ein für allemal hier unten bleiben.
Aber Mitgefühl war immer Tristans hervorstechendster Charakterzug gewesen, und diese Eigenschaft gewann auch jetzt die Oberhand.
»Ich will Ihnen sagen, was wir tun, Jim«, erklärte er. »Wir stellen sie dort hinein.« Er deutete auf ein staubiges Flaschengestell. »Es ist genau wie ein richtiges Bücherregal.«
Und er nahm die Bücher und ordnete sie der Reihe nach in das Gestell ein.
»Da
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