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Tierarzt

Tierarzt

Titel: Tierarzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herriot
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machen sie sich doch wunderbar, finden Sie nicht, Jim?« Er rieb sich nachdenklich das Kinn. »Jetzt fehlt nur noch etwas zum Sitzen. Moment...« Er verschwand in der Dunkelheit und kehrte mit einem Armvoll dicker Klötze zurück. Er lief noch ein paarmal hin und her, und es dauerte nicht lange, da hatte er mir in Reichweite der Bücher eine Sitzgelegenheit hergerichtet.
    »Das ist eine prima Lösung«, sagte er mit tiefer Befriedigung. »Jetzt können Sie, sooft Sie Lust haben, herunterkommen und lesen.«
    Und dabei blieb es. Die Bücher kamen nie wieder aus dem Kellergewölbe heraus, aber wann immer ich ein paar Minuten Zeit hatte und meine Bildung vervollständigen wollte, ging ich hinunter, setzte mich im Halbdunkel auf Tristans Sitz und erneuerte meine Bekanntschaft mit Die Geographie der Welt in vierundzwanzig Bänden.

Kapitel 9
     
    Dies war eindeutig ein Fall für Granville Bennett. Ich interessierte mich für Kleintierchirurgie und nahm allmählich auch immer mehr Operationen selbst vor, aber an diese Sache traute ich mich nicht heran: eine zwölfjährige Hündin, ein Cockerspaniel, mit hochgradiger Gebärmutterentzündung; sie hatte 40 Grad Fieber, zitterte und keuchte, und als ich sie abhörte, vernahm ich die klassischen Geräusche einer Herzinsuffizienz. Das hatte mir gerade noch gefehlt.
    »Sie säuft sehr viel, nicht wahr?« fragte ich.
    Die alte Mrs. Barker spielte nervös an ihrer Einkaufstasche herum. »Ja, sie hängt dauernd an der Wasserschüssel. Aber sie will nicht fressen – hat seit vier Tagen keinen Bissen angerührt.«
    »Soso.« Ich nahm das Stethoskop ab und steckte es in die Kitteltasche. »Sie hätten das Tier längst zu mir bringen sollen. Es muß doch schon länger krank sein.«
    »Nicht richtig krank, nur ziemlich matt. Ich dachte, solange es frißt besteht kein Grund zur Sorge.«
    Ich schwieg einen Augenblick. Es widerstrebte mir, die alte Frau zu beunruhigen, aber ich mußte es ihr sagen.
    »Es handelt sich leider um eine Sache, mit der nicht zu spaßen ist, Mrs. Barker. Die Gebärmutter ist vereitert, und die einzige Chance, die uns bleibt, ist eine Operation.«
    »Gut, dann operieren Sie bitte.« Ihre Stimme zitterte ganz leicht, als sie das sagte.
    Ich trat neben sie und nahm ihre Hand.
    »Ich würde es gerne tun, aber das ist leichter gesagt als getan. Ihr Hund ist in keiner guten Verfassung, und in seinem Alter ist eine Operation nicht ganz ungefährlich. Mein Vorschlag wäre, ihn nach Hartington in die Tierklinik zu bringen und von Mr. Bennett operieren zu lassen.«
    »Einverstanden«, sagte sie mit einem energischen Kopfnicken. »Die Kosten spielen keine Rolle.«
    »Wir werden sie so niedrig wie möglich halten.« Ich brachte Mrs. Barker zur Haustür. »Sie können das Tier ganz beruhigt hierlassen – ich kümmere mich darum, das verspreche ich Ihnen. Wie heißt es übrigens?«
    »Dinah«, erwiderte sie heiser und warf noch einmal einen Blick zurück in den Korridor.
    Nachdem ich mich von ihr verabschiedet hatte, ging ich zum Telefon. Damals mußten sich Landtierärzte noch an Spezialisten für Kleintiere wenden, wenn auf diesem Gebiet irgendein ungewöhnlicher Fall auftauchte. Heute, dreißig Jahre später, ist unsere Praxis vielseitiger, und wir können, da wir inzwischen in Darrowby über die erforderliche Ausrüstung und das Personal verfügen, jeden chirurgischen Eingriff an Kleintieren selbst vornehmen. Aber vor dem Krieg war das anders. Ich hatte gehört, daß früher oder später jeder Großtierarzt Granville Bennett um Hilfe bitten mußte, und nun war die Reihe an mir.
    »Hallo, ist dort Mr. Bennett?«
    »Ja, am Apparat.« Eine kräftige Stimme, freundlich, aufgeschlossen.
    »Hier spricht Herriot. Ich arbeite mit Farnon zusammen, hier in Darrowby.«
    »Ja, ich weiß. Hab schon von Ihnen gehört.«
    »Oh... hm... vielen Dank. Ja, was ich sagen wollte, ich habe hier einen etwas schwierigen Fall, und ich wüßte gern, ob Sie ihn übernehmen können?«
    »Aber gewiß doch, mein Sohn. Um was handelt es sich denn?«
    »Um eine ganz abscheuliche Gebärmutterentzündung.«
    »Oh, sehr schön!«
    »Die Hündin ist zwölf Jahre alt.«
    »Großartig!«
    »Und das Herz so miserabel, wie man es sich nur vorstellen kann.«
    »Ausgezeichnet! Wann kommen Sie?«
    »Heute abend, so gegen acht, wenn es Ihnen recht ist.«
    »Paßt mir sehr gut. Bis dann.«
    Als ich nach Hartington, einer mittelgroßen Stadt mit rund 200000 Einwohnern, hineinfuhr, hatte der Verkehr bereits

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