Tierarzt
sympathisch: ihre Besorgnis um meine Sicherheit, ein keineswegs weitverbreiteter Zug unter Tierbesitzern. Sie kam mir an der Tür jedesmal mit einem Paar riesiger Stulpenhandschuhe entgegen, um meine Hände vor Kratzwunden zu schützen, und ich genoß das Gefühl, daß sich jemand um einen sorgte. Es wurde zu einem festen Bestandteil meines Lebens, durch den von zahllosen verstohlen umherschleichenden, wild um sich schauenden kleinen Geschöpfen – den sogenannten Außenkatzen – bevölkerten Garten zur Haustür zu gehen, dort feierlich die Handschuhe entgegenzunehmen und dann in die von starkem Katzengeruch erfüllte Küche einzutreten, wo der kleine Mr. Bond mit seiner Zeitung inmitten des Katzengerangels thronte. Ich habe nie herausfinden können, wie Mr. Bond zu Katzen stand – ja, wenn ich es mir recht überlege, sprach er kaum jemals ein Wort –, aber ich glaube, daß sie ihm ziemlich gleichgültig waren.
Die Stulpenhandschuhe waren eine große Hilfe und manchmal ein wahrer Segen. Wie zum Beispiel im Fall von Boris. Boris war ein riesiger, blauschwarzer Außenkater und mir in mehr als einer Beziehung ein Dorn im Auge. Ich war insgeheim der Überzeugung, daß er aus einem Zoo entlaufen war: Noch nie hatte ich eine Hauskatze mit solch kräftigen, geschmeidigen Muskeln, solch verhaltener Wildheit gesehen. Ich bin sicher, daß etwas von einem Puma in ihm steckte.
Es war ein schwarzer Tag für die Katzenkolonie, als er bei Mrs. Bond erschien. Ich liebe Tiere und habe eigentlich nie verstanden, wie man sie nicht mögen kann. Wenn wirklich einmal ein Tier uns angreift, dann aus Angst, meine ich, aber Boris war anders. Er war von Natur aus bösartig, und von dem Tag an, wo er auf der Bildfläche erschien, nahmen meine Besuche merklich zu, denn er hatte die Angewohnheit, regelmäßig auf seine Artgenossen loszugehen. Ständig mußte ich zerfetzte Ohren nähen oder Bißwunden verbinden.
Wir hatten schon bald Gelegenheit, unsere Kräfte aneinander zu erproben. Mrs. Bond hatte mich gebeten, Boris eine Wurmmedizin zu geben, und ich hielt die kleine Tablette mit einer Pinzette bereit. Wie es mir gelang, ihn zu erwischen, weiß ich nicht mehr, jedenfalls beförderte ich ihn auf den Tisch und wandte eilig mein gewohntes Einwickelverfahren an. Ein paar Sekunden lang glaubte ich, ihn besiegt zu haben, während er mich mit funkelnden, haßerfüllten Augen aus seiner Umhüllung anstarrte. Aber als ich ihm die Pinzette mit der Pille ins Maul schob, biß er wütend darauf, und gleichzeitig fühlte ich, wie seine Krallen mit überraschender Kraft innen am Laken zu reißen begannen. In wenigen Augenblicken war alles vorüber. Eine lange Vorderpfote schnellte heraus und versetzte mir einen Hieb gegen das Handgelenk; ich ließ den Hals des Tieres los, und Boris schlug mit einer blitzartigen Bewegung die Zähne durch den Handschuh in meinen Daumenballen, dann schoß er davon. Die zerbrochene Wurmtablette in der blutenden Hand, stand ich wie betäubt da und starrte fassungslos auf die Fetzen, die einmal mein Wickellaken gewesen waren. Von da ab verabscheute Boris meinen bloßen Anblick, und das Gefühl war gegenseitig.
Aber dies war eine der wenigen Wolken an einem meist heiteren Himmel. Ich hatte auch weiterhin Freude an meinen Besuchen bei Mrs. Bond, und das Leben nahm einen friedlichen Lauf, abgesehen vielleicht von einigen Neckereien seitens meiner Kollegen, die nicht verstanden, daß ich so viel Zeit an einen Haufen Katzen verschwendete. Siegfried teilte ihre Meinung voll und ganz, denn er war prinzipiell dagegen, daß die Leute sich Haustiere hielten. Er hatte dafür einfach kein Verständnis und machte jedem, der es hören wollte, seinen Standpunkt klar. Dabei hatte er selbst fünf Hunde und zwei Katzen. Die Hunde fuhren ständig überall mit hin, und er duldete nicht, daß jemand anders als er sie und die Katzen fütterte. Abends, wenn er im Sessel am Kaminfeuer saß, lagen alle sieben Tiere zu seinen Füßen. Er ist auch heute noch ein leidenschaftlicher Gegner von Haustieren, obwohl ihn beim Fahren längst eine neue Generation von Hunden schwanzwedelnd begleitet und er Besitzer von mehreren Katzen, einigen Aquarien und zwei Schlangen ist.
Tristan kam nur ein einziges Mal zu Mrs. Bond mit. Leicht verlegen ging ich vor ihm her durch den Garten. Mit ein Grund für meine gute Beziehung zu Mrs. Bond war mein liebevolles Interesse für ihre Schützlinge. Mochten sie auch noch so wild und wütend sein, ich zeigte stets nur
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