Tiere essen
Nostalgie empfinden, Flecken auswaschen, Religionen, politische Parteien und Gesetze haben, Andenken bewahren, sich noch Jahre nach einer Beleidigung entschuldigen, vor sich selbst Angst haben, Träume interpretieren, ihre Geschlechtsteile verbergen, sich rasieren, Zeitkapseln vergraben und sich aus Gewissensgründen entscheiden können, etwas nicht zu essen. Die Rechtfertigung für das Essen und das Nichtessen von Tieren ist oft dieselbe: Wir sind nicht sie.
PETA (People for the Ethical Treatment of Animals)
Ausgesprochen »Pita«, wie das Brot aus dem Nahen Osten, aber unter den Farmern, mit denen ich gesprochen habe, deutlich bekannter. Die größte Tierschutzorganisation der Welt hat mehr als zwei Millionen Mitglieder.
Die Leute bei PETA tun fast alles, was legal ist, um ihre Kam pagnen durchzuführen, egal, wie schlimm sie dabei aussehen (was beeindruckend ist), und egal, wer dabei beleidigt wird (was weniger beeindruckend ist). Sie verteilen »Unhappy Meals« mit blutigen, hackmesserschwingenden Ronald-McDonald-Figuren an kleine Kinder. Sie verteilen Aufkleber, die wie herkömm liche Aufkleber auf Tomaten aussehen, mit der Aufschrift »Wirf mich auf einen Pelzmantel«. Sie haben einen toten Waschbär auf den Mittagstisch der Vogue – Herausgeberin Anna Wintour im Four Seasons geworfen (und ihr madenverseuchte Innereien ins Büro geschickt), sind nackt vor Präsidenten und Mitglie dern von Königshäusern herumgeflitzt, haben »Dein Vater tötet Tiere!«-Flugblätter an Schulkinder verteilt und die Pet Shop Boys gebeten, sich in Rescue Shelter Boys umzubenennen (was die Band nicht getan hat, aber sie stimmte zu, dass man über bestimmte Themen reden sollte). Es ist schwierig, sich über diesen hartnäckigen Einsatz nicht gleichzeitig lustig zu machen und ihn zu bewundern, und man versteht ganz leicht, warum man nicht zur Zielscheibe von PETA werden will.
Was auch immer man von ihnen hält, die Fleischindustrie hat vor niemandem so viel Angst wie vor PETA und Konsorten. Sie bewirken etwas. Als PETA Fast-Food-Unternehmen im Visier hatte, sagte die berühmteste und einflussreichste Tierwissenschaftlerin des Landes, Temple Grandin (die mehr als die Hälfte aller Rinderschlachthöfe der Nation entworfen hat), sie habe danach innerhalb eines Jahres durchschlagendere Verbesserungen der Bedingungen erlebt als in den 30 Jahren zuvor. Der möglicherweise größte PETA – Hasser der Welt, Steve Kopperud (ein Berater der Fleischindustrie, der seit zehn Jahren Anti-PETA – Seminare hält), formuliert es so: »In der Industrie hat man inzwischen verstanden, wozu PETA in der Lage ist, um Managern das Fürchten zu lehren.« Es hat mich nicht überrascht zu erfahren, dass Unternehmen aller Art regelmäßig mit PETA verhandeln und dann still und leise Veränderungen in ihrer Tierschutzpolitik vornehmen, um nicht öffentlich von der Organisation attackiert zu werden.
Man wirft PETA manchmal vor, sie würden mit ihren zyni schen Methoden Aufmerksamkeit heischen, und da ist sicher et was dran. Außerdem wirft man PETA vor, sie wollten, dass Tiere behandelt werden wie Menschen, was gar nicht der Fall ist. (Wie sollte das überhaupt aussehen? Wahlrecht für Kühe?) Sie sind kein besonders emotionaler Haufen, eher schon hyperrational darin, ihr strenges Ideal – »Tiere sind nicht dazu da, dass wir sie essen, als Kleidung tragen, damit herumexperimentieren oder sie zur Unterhaltung benutzen« – so populär zu machen wie Pamela Anderson im Badeanzug. Es mag vielleicht überraschen, dass PETA für Sterbehilfe ist: Wenn beispielsweise die Wahl be steht, ob ein Hund sein Leben im Zwinger verbringt oder ein geschläfert wird, plädiert PETA nicht nur für Letzteres, sondern wirbt sogar dafür. Sie sind gegen das Töten, aber sie sind noch mehr gegen das Leiden. Die Leute von PETA lieben ihre Hunde und Katzen–sie haben viele Tiere in den PETA – Büros –, aber es geht ihnen nicht um eine »Seid nett zu Hunden und Katzen« Ethik. Sie wollen eine Revolution.
Sie nennen ihre Revolution »Tierrechte«. Aber so zahlreich die Veränderungen auch sind, die PETA für Nutztiere erreicht hat (ihr wichtigstes Projekt), es handelt sich dabei um keine echten Siege in Sachen Tierrechte, sondern eher in Sachen Tierschutz: weniger Tiere pro Käfig, Verbesserung der Schlachtverordnungen, weniger beengter Transport und Ähnliches. PETAs Vorgehen ist oft spektakulär (oder geschmacklos), aber mit diesem Ansatz, der vielleicht ein bisschen zu
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