Tiere im Rampenlicht - aus meinem Leben als Filmtiertrainer
lasse ich die Tiere, die von klein an bei mir sind, erst in Ruhe heranwachsen und konfrontiere sie langsam mit allen möglichen Umwelteinflüssen. Nutze ich die Prägephase – bei einem jungen Hund sind das die ersten acht Wochen – und die Sozialisierungsphase – bis etwa zur sechzehnten Woche –, schaffe ich eine ausbaufähige Basis. Wenn dann die Ausbildung beginnt, kenne ich das Wesen
des Tieres schon in- und auswendig und kann seine individuellen Talente fördern.
Dem Individuellen auf der Spur
Wie schnell lässt sich ein Tier auf mich ein? Wie aufgeschlossen ist es gegenüber der Umwelt? Wie lange kann es sich auf etwas Bestimmtes konzentrieren? Wie sind seine Interessen gelagert? Wofür und wodurch lässt es sich am besten motivieren? Auch die Herkunft spielt in manchen Fällen eine Rolle.
Es lohnt sich, nicht immer gleich in das Tun unserer Hausgenossen einzugreifen. Indem wir Tiere gewähren lassen, haben wir auch die Möglichkeit, ihr natürliches Verhalten zu beobachten. Dann erst erkennen wir ihre wirklichen Bedürfnisse und Ansprüche. Und die zu erfüllen ist ausschlaggebend für das tierische Wohlbefinden. Nicht das Interesse Ihres Vierbeiners an der Schachtel Pralinen auf dem Küchentisch ist hier gemeint. Natürlich hat das Tier daran Interesse, Pralinen riechen ja so lecker und würden doch so gut schmecken. Es ist trotz allem kein Grundbedürfnis. Die Pralinen steigern zwar das Gewicht, fördern jedoch nicht die artgerechte Haltung des Tieres. Viel interessanter ist es zu beobachten, mit welcher Raffinesse Ihr Tier versucht, an die Pralinen zu kommen. Wie einfallsreich, wie geschickt und wie fokussiert ist es auf dieses Ziel? Im zweiten Schritt – nach dem Beobachten – ist es unsere Aufgabe, die Interessen ein wenig zu lenken.
Nicht der Magnetismus, den die Pralinenschachtel oder ein Leberwurstbrot auslösen, ist das Spannende. Mir geht es um die Charaktereigenschaften, die jeder Vierbeiner mitbringt. Ist er mutig, ja sogar todesmutig, oder ist der vierbeinige Freund eher schüchtern und sanft, ist er aufgeschlossen, ruppig, dominant oder unterwürfig, devot oder manchmal aggressiv? Vielleicht
»spricht« der Hund und wir erkennen seine kommunikative Seite, oder er ist introvertiert, stumm und verschlossen. Aus diesen Eigenschaften lässt sich auf die Alltagsbedürfnisse des Vierbeiners schließen. Durch eine passende »Diagnose« erleichtern wir unseren Tieren das Leben und gestalten so ein angenehmes Miteinander. Leider ist das nicht unbedingt Alltag. Beobachten wir unsere Computerviren nicht oft aufmerksamer als unsere Haustiere?
Aus den Wesenszügen resultiert automatisch auch ein Talent, die besondere, individuelle Fähigkeit nämlich, die Hund/ Katze/Maus von Geburt an mitbringen. Dieses Talent gilt es zu erkennen und zu fördern, um immer wieder Erfolgserlebnisse für das Tier herbeizuführen und diese regelrecht auf Knopfdruck abzurufen, wenn es der Situation zuträglich ist. Möchten Sie Ihrem Hund etwas Gutes tun oder nach einem negativen Ereignis sein Selbstbewusstsein in Windeseile wieder aufbauen? Drücken Sie auf den Knopf »Erfolgserlebnis«, rufen Sie ein dem Talent entgegenkommendes, zuvor einstudiertes Verhalten ab. Der Hund ist stolz auf das, was er zeigen kann, und freut sich über Ihr Lob.
Voraussetzung für all das sind die zwei genannten Grundregeln: das Tier gut beobachten und dann entsprechend fördern. Allgemein betrachtet haben wir Menschen eine gute Beobachtungsgabe, denn alles, was wir »erfunden« haben, gab es bereits in der Natur oder der Tierwelt. Schauen Sie sich an, wie ein kleiner Käfer seine Flügel aus- und einfaltet: So funktioniert der Mechanismus eines Cabrio-Daches, genau so hat es der große Käfer auf vier Rädern übernommen. Ein Motor ist vom Prinzip her wie das Herz eines Säugetieres, und wie das Fliegen durch die Lüfte funktioniert, haben wir von den Vögeln abgeschaut. Das Fahrgestell, die Landeklappen, die Tragflächen und sicher auch die ergonomische Form sind Kopien, die wir der Natur entlehnt haben. Ausdauernde Beobachtung
lohnt sich also, machen Sie es sich gemütlich und schauen Sie einfach mal zu.
Kappel sucht den Superstar
Mein Leben lang schon »spreche« ich mit Tieren. Wir treffen uns und kommunizieren miteinander, wir beobachten uns, gehen aufeinander zu, pirschen uns an, schauen uns an, schauen uns nicht an, ignorieren uns, stolzieren umeinander herum und erkennen uns gegenseitig. Das Tier erkennt meine Absichten und
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