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Tiere im Rampenlicht - aus meinem Leben als Filmtiertrainer

Tiere im Rampenlicht - aus meinem Leben als Filmtiertrainer

Titel: Tiere im Rampenlicht - aus meinem Leben als Filmtiertrainer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Kappel
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man eine Katze herbei, und wo soll sie herkommen? Aus dem Himmel natürlich! Himmel ist dabei auch mein Stichwort: Wie um Himmels Willen fällt einem Drehbuchautor so etwas ein? Möglicherweise dachte er zu intensiv an die Zeichentrickserie »Tom und Jerry« und so manche Flugaktion der Katze Tom auf der Jagd nach der Maus. Katzen, die vom Himmel fallen! Natürlich bin ich anfangs wenig begeistert von dieser himmlischen Stelle im Drehbuch. Da steh ich nun, ich armer Tor – und überlege, wie ich die Katze zum Fliegen bringe. Wie könnten Training und Durchführung hierbei aussehen, um es für die Katze machbar zu gestalten und für die Zuschauer glaubwürdig?
    Irgendwo herunterfallen können Katzen bekanntermaßen sehr gut. Frage an Sie: Wann erleidet eine in dieser Weise »fliegende« Katze die wenigsten Knochenbrüche und hat die größten Chancen auf ein Überleben? Bei einem Sturz aus dem ersten Stock, dem dritten oder vielleicht dem siebten? Die erste Etage ist die sicherste, da die geringe Flughöhe der Katze keine Schwierigkeiten bereitet. Die dritte bis fünfte Etage allerdings ist sehr gefährlich – zehn Prozent aller Katzen, die aus dieser Höhe stürzen, überleben ihre Brüche und Quetschungen nicht. Fallen sie dagegen sieben oder mehr Stockwerke tief, verletzen sie sich weniger schwer, die Anzahl der Knochenbrüche ist deutlich geringer und nur fünf Prozent sterben bei diesen tiefen Stürzen. Das kommt daher, dass Katzen sich im Flug recht schnell drehen können, um auf den Füßen zu landen. Trotzdem benötigen sie natürlich eine gewisse Zeit für die Drehung, und deshalb ist eine größere Flughöhe – und somit längere Flugzeit – von Vorteil.
    Die Drehung beginnt mit dem Vorderkörper, dann dreht die Katze den hinteren Teil, währenddessen zieht sie ihre Beine wechselseitig an und streckt sie wieder von sich. So wird das
jeweilige Trägheitsmoment verändert, die Katze fällt nicht wie ein Stein zu Boden, sondern bleibt auch im Flug aktiv und steuernd. Dabei kommt ihr die physikalische Gesetzmäßigkeit zugute: Ab einer Geschwindigkeit von achtzig Kilometern pro Stunde, die das Tier nach etwa dreißig Metern Flug erreicht, wirkt der Luftwiderstand gegen die Erdanziehungskraft. So kann die Katze ab dem sechsten oder siebten Stockwerk nicht mehr schneller werden. Auch die flexible Wirbelsäule ohne Schlüsselbein, die Polster unter ihren Pfoten, zusammen mit der Dehnbarkeit ihrer Gelenke, erlauben der Samtpfote, die Erschütterungen beim Aufprall fast vollständig zu absorbieren. Es gibt durchaus Katzen, die aus dem fünfunddreißigsten Stock fallen und lediglich mit einem abgebrochenen Zahn und einer leichten Lungenverletzung davonkommen. Das sind aber Ausnahmen. Welche Schutzengel mögen da am Werk sein? Doch zurück zur vom Drehbuch gestellten Aufgabe. Bald weiß ich, was zu tun ist: Ein Trampolin, ein Weitwinkel-Objektiv für die Kamera und eine Leiter werden gebraucht. Und natürlich ein Muttalent, in diesem Fall einer meiner Abessinier. Aramis ist der perfekte Draufgänger, er braucht Action. Von klein auf hatte er großen Spaß daran, auf meine Schulter und von da aus wieder auf den Boden zu springen. Ich erwischte ihn sogar dabei, wie er voller Begeisterung vom Schrank aufs Bett sprang und das mehrmalige Wippen nach dem Aufkommen genoss. Das war eindeutig ein Talent, das sich ausbauen ließ. Also belohnte ich diese Aktion von Aramis immer wieder. Vor den Dreharbeiten intensivierten wir das Training.
    Als es dann so weit war, Aramis und ich standen am Set bereit, erklärte ich dem Team vorab, dass ich diese Szene genau zweimal drehen könnte, danach würde es keine Wiederholung mehr geben. Muttalent hin oder her, dieser Katzenstunt konnte dem Tier zwar nicht schaden, aber die Szene hatte es in sich, und so musste ich von vornherein sicherstellen, dass alle mit höchster
Konzentration arbeiteten. Ich stieg also mit der Katze unterm Arm auf die Leiter und ließ sie nach der Klappe und dem »Bitte« vom Regisseur fallen – und so segelte Aramis elegant in das Trampolin. Gefilmt wurde der Flug so, dass der Kinobesucher das Gefühl hat, die Plapperkatze fliegt und fliegt wie aus dem Himmel nach unten. Natürlich darf das Trampolin später im Film nicht gesehen werden. Die Kameraeinstellungen müssen exakt bestimmt werden. Wir drehten die Szene im Studio vor blauem Hintergrund, eine sogenannte Blue Box. Das erleichterte es später, den Vorder- vom Hintergrund zu trennen. Ein neuer Hintergrund

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