Tiere im Rampenlicht - aus meinem Leben als Filmtiertrainer
machen da auch in weißen Studios oder vor laufenden Kameras keine Ausnahme. Immer wieder kommt es vor, dass ein Schauspieler von einem Vogel oder einer Maus »verunreinigt« wird. Mal ist es ein Drama und manchmal nicht der Rede wert. Auch wenn ich es nicht wirklich beeinflussen konnte, war es doch peinlich für mich, als eine Schauspielerin direkt hinter einem Kamel stehend mit dem Text auf ihren Lippen in die Kamera blickend ein paar Liter vom feinsten Kamelurin über den Kopf bekam. Ein Drama für Kostüm, Maske und auch für die arme Darstellerin, die von oben bis unten im wahrsten Sinne des Wortes angepisst war. Kamelen von Angesicht zu Angesicht gegenüberzustehen kann ein deutlicher Vorteil sein.
Wissen ist Macht, nichts wissen macht doch was
Trotz allem: Gelungene Tierszenen und die Kommunikation zwischen Mensch und Tier erfordern Wissen über das jeweilige Tier. Dieses Wissen ist für mich die Grundlage meiner Tätigkeit. Neben dem richtigen Gefühl ist das Know-how eines der wichtigsten Werkzeuge, um mit Tieren arbeiten zu können. Einem Seehund außerhalb des kühlen Nass mit Zeichensprache etwas beibringen zu wollen, ist vergeudete Zeit. Man sollte wissen, dass Seehunde zwar unter Wasser sehr scharf sehen, an Land dagegen nur verschwommen. Einem Papagei im trauten Heim beizubringen, die tollsten Sätze zu sprechen, um dann stolz sein Können auf einer Party bei Freunden zu präsentieren, würde in einem Reinfall enden, denn seine Sprachfähigkeit kann nicht zuverlässig in fremder Umgebung abgerufen werden. Eine Ratte geht viel lieber warmer Luft entgegen als kalter und Vögel fliegen im Dunkeln normalerweise überhaupt nicht. Soll das Haustier sinnvoll beschäftigt oder zumindest artgerecht gehalten werden, ist Wissen Voraussetzung, es vereinfacht nicht nur die Kontaktaufnahme, sondern erhöht unsere Chancen, dass sich das Tier für ein gemeinsames Vorhaben gewinnen lässt, da man seine natürlichen Fähigkeiten unterstützen und somit ein Erfolgerlebnis für beide gewissermaßen vorprogrammieren kann. Wie ein Schwamm sauge ich daher seit Jahrzehnten jede noch so kleine Information über Tiere auf, um sie dann zur richtigen Zeit am richtigen Ort richtig anwenden zu können. Ein wissender und dadurch letztlich entspannter Trainer und gut vorbereitete Tiere sind und bleiben nun mal die Garanten für spannende und unterhaltsame Tierszenen.
Ist die Gans ein Säugetier?
Es gibt so vieles zu wissen: Wie sieht der natürliche Lebensraum des Tieres aus, das ich trainieren will? Was frisst es? In welcher Form lebt es mit seinen Artgenossen zusammen? Welche Rollen nehmen die weiblichen Tiere ein und welche die männlichen? Bei welcher Temperatur fühlt sich das Tier am wohlsten? Wo verbringt es die Nacht und wie viel Schlaf benötigt es? Wie verläuft die Aufzucht der Jungtiere, wird der Partner benötigt oder soll er sich besser »vom Acker machen«? Legt das Tier Eier oder ist es ein Säugetier? … Diese letzte Frage erscheint Ihnen lächerlich?
Auf meinem Hof leben drei Gänse: Gustav, der Gänserich, und Pastetchen, seine Partnerin und ständige Begleitung, sind Angehörige der Rasse Bayerische Landgans, eine vom Aussterben bedrohte Landtierrasse. Ahorn, die Canadagänsedame, ist die Dritte im Bunde. Im Vergleich zu den bodenständigen Landgänsen nimmt sie sich äußerst elegant aus. Es ist noch nicht lange her, da fragte mich eine durchaus befähigte, kompetente Person, ob meine Gans schwanger wäre. Nach einer kurzen Erholungsphase, die ich mir in diesem Moment gönnte, antwortete ich mit einem entschiedenen Nein und der zusätzlichen Erklärung, dass ich ganz sicher sei, denn sie würde Eier legen.
Ich erzählte gleich noch viel mehr über Gänse. Zum Beispiel, dass sie die besten Wachhunde sind. Warum eigentlich? Wir haben doch unsere bestens funktionierenden Hunde! Doch im Gegensatz zu Hunden, die für Futter schon mal das Aufpassen vernachlässigen, lassen sich Gänse nicht bestechen. Gustav und Pastetchen bewachen meinen Hof besser als jeder Hund. Zuverlässig und lautstark melden sie jeden Besucher und laufen zischend und mit langen Hälsen hinter ihm her. Von ihnen lässt sich so mancher verscheuchen und läuft, seine Angst
verschämt versteckend, so schnell wie möglich wieder von dannen. Allerdings bleibt mir nichts anderes übrig, als jeden Morgen die deutlichen Hinterlassenschaften des Trios vor der Eingangstür zu entfernen, da sich die Gänse in der Nacht gern direkt vor dieser Tür
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