Tiere im Rampenlicht - aus meinem Leben als Filmtiertrainer
Start der Szene und bin auch derjenige, der sie am Ziel in Empfang nimmt. Die Kommunikation am Set läuft meist nonverbal. Das Tier muss zum Zeitpunkt der Filmaufnahmen gut ausgebildet sein, um genau zu wissen, was ich von ihm erwarte, und instinktiv richtig mit den Schauspieler-Kollegen interagieren. Wenn eine Frage auftaucht, reicht dann auch fast immer ein kurzer Blick zu mir. Meist stehe ich neben der Kamera und gebe mit unserer einstudierten Zeichensprache die passende Antwort. Ein Hund muss schon Starqualitäten mitbringen, um die gestellten Aufgaben souverän und vor allem mehrfach erfüllen zu können. Er braucht Talent, ein gesundes Selbstbewusstsein, Arbeitswillen und eine enorme Motivationsbereitschaft, das sind die wichtigsten Voraussetzungen auf dem Weg zum berühmten Filmhund. Aber leider hat selbst Lassie nie einen Oscar gewonnen.
Perfektion der Illusion
Auch wenn die Filmschaffenden am Set Kummer gewohnt sind, können sie nach einer achten Wiederholung ihren Unmut nicht verbergen. Hier muss ich aufpassen wie der sprichwörtliche Schießhund, damit sich diese Laune nicht auf den Hund überträgt. Das weit reichende Gelände dieses Filmsets war ideal, um Fredys Stimmung hochzuhalten, denn nach jedem Einsatz konnte ich ihn mit einem kleinen Spaziergang durch den Park der Villa belohnen. Malerische Brunnen mit blühenden Seerosen, romantische Wege und Teiche mit Fröschen … Aber Moment mal! Sind die Frösche überhaupt echt? Wer weiß das so genau? Selbst als alter Filmhase muss ich an den Sets ganz genau hinschauen, was Realität ist und was von den kreativen Köpfen der Ausstattung hinzugefügt wurde. Manchmal bin ich von einem blühenden Garten fasziniert, beim näheren Betrachten jedoch wird aus der blühenden Pracht eine Plastiklandschaft, die Blumen sind mitsamt Topf eingegraben und stammen je nach tatsächlicher Jahreszeit frisch aus der Gärtnerei oder aus dem Gewächshaus. Illusion ist hier allgegenwärtig.
Wieso eigentlich können wir Fury, Lassie und Flipper, den weißen Hai, den Orca Willy und Schweinchen Babe auf der Leinwand oder in unserem TV-Kino zu Hause sehen? Es scheint, als würde uns Menschen die Bilderwelt der Illusionen magisch anziehen. Schon im 19. Jahrhundert versuchten Fotografen, Bewegungen von Tieren mit einer Reihe von Bildern darzustellen, wie zum Beispiel die Fotoserie des laufenden Pferdes von Eadweard Muybridge aus dem Jahr 1881 zeigt. Diese Fotoserie erbrachte den Beweis, dass sich beim galoppierenden Pferd zeitweise alle vier Beine in der Luft befinden. Ein fliegendes Pferd, das wir so nie wahrgenommen hätten, mit dem Wissen der Erdanziehungskraft im Hinterkopf. Was nicht sein kann, ist nicht möglich?
Genau dieses Prinzip versucht auch der Film zu widerlegen: Hier wird mit immer ausgefeilteren Mitteln das Unmögliche möglich gemacht und die Illusion zur Wahrheit, während die Gesetze der Natur außer Kraft gesetzt werden. Nur der arme Tiertrainer, der hat es mit Natur pur zu tun. Seine Darsteller leben ihre Natur, ob der Regie das gefällt oder nicht. Daher ist es meine Aufgabe, das zusammenzubringen, was beide Seiten wollen.
Das Drehbuch oder: Warum mir vor dem Dreh manchmal schwindlig wird
Bevor es ans Set geht, ist schon eine Menge passiert. Alles beginnt mit dem Drehbuch. Beiläufige Sätze wie »Die Mannschaft entert das Schiff« haben folgenschwere Auswirkungen auf Zeit, Raum, Schauspieler, Ausstattung und nicht zuletzt auf das Budget. Sie machen auch das Vorbereitungstraining zu einer so spannenden, vielseitigen und manchmal ziemlich abenteuerlichen Tätigkeit. Jedes Drehbuch enthält eine neue Herausforderung für den Tiertrainer, denn die teilweise unglaublichen Einfälle der hoch geschätzten Autoren machen buchstäblich das Huhn in der Pfanne verrückt. Auch wenn mir das durchaus manchmal schlaflose Nächte bereitet, so freut es mich doch. Denn ich kann mich immer wieder neuen, spannenden Aufgaben stellen und mich tiefer und tiefer in die Lebens- und Verhaltensweisen der unterschiedlichsten Spezies hineinversetzen. Nach über zwanzig Jahren Berufung und Beruf als Filmtiertrainer kommt bei mir kein bisschen Langeweile auf, noch immer bin ich motiviert wie am Anfang. Wenn ich einen ersten Blick in ein neues Drehbuch werfe, wird mir manchmal regelrecht schwindlig. Vielleicht heißt es deshalb »Drehbuch«? Oft verlangt es eine Illusion, die nur wenig
mit der Realität des tierischen Lebens zu tun hat. Das Geheimnis der erfolgreichen Umsetzung einer
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