Tiere im Rampenlicht - aus meinem Leben als Filmtiertrainer
Bumerang-Bananen schwirren vorbei, verschiedene Marktbesucher tragen Petersilie im Haar. Ich konnte mir als kleine Zwischenmahlzeit einen fliegenden, rotbackigen Apfel fangen. Das großartig inszenierte Durcheinander, verbunden mit einem schrillen Gekreische, lässt schließlich die Polizei in dieses Tohuwabohu eingreifen. Die Kuh Resi wird aufgrund ihres ungebührlichen Verhaltens vom Polizisten »Superschlau« Mohr verhaftet und abgeführt. Das scheint ihr allerdings völlig egal zu sein, es hat ihr sehr geschmeckt. Schnell wird noch ein verlockender grüner Salatkopf gemampft.
Mit einer Widerristhöhe von hundertfünfzehn Zentimetern und ganzen fünfhundert Kilogramm Körpergewicht ist das erwachsene Rehlein etwa ein Drittel kleiner als eine moderne Kuh und damit viel wendiger auf den engen Filmsets. Wendig
hin, wendig her, Rehlein entspricht trotzdem nicht ganz dem Bild einer federleichten Elfe. Das musste der supersympathische Max Müller, der den Polizisten Michael Mohr bei den »Rosenheim-Cops« verkörpert, leider schmerzhaft erleben. Bei der »Verhaftung« von Resi ist sie ihm nämlich auf den Polizistenfuß getreten. Fünfhundert Kilo auf einer menschlichen Schuhgröße 43, uups, das ist dann doch eine Menge. Und es tut richtig weh! Max lief kalkweiß an, der Schweiß trat ihm auf die Stirn, dann wurde sein Gesicht puterrot, und er fluchte in seinem Wienerisch wie ein Fiaker.
Emsige Mitarbeiter aus der Kostümabteilung schnitten dem charmanten Darsteller währenddessen den Schuh vom Fuß, da dieser mittlerweile eher einem Klumpfuß ähnelte. Schnell warf der Arzt einen Blick auf dieses arme Körperteil, behandelte es kurz – und schon stand der tapfere Max wieder vor der Kamera, die es einfach vermied, seinen verbundenen dicken Fuß im Bild zu zeigen. Immer wieder stelle ich mit Verwunderung und vor allem Hochachtung fest, dass ein Großteil der Schauspieler durchaus mit den Attributen der Hinterwälder Kühe mithalten kann: Ausdauer, Zähigkeit und harte Klauen!
Kühe, die Philosophen der Tierwelt
Da wir gerade bei der Verwandtschaft von Mensch und Tier sind: Es ist mir ein Bedürfnis, an dieser Stelle ein paar Worte zum Leben unserer Nutztiere zu verlieren, die nichts mit dem Film zu tun haben. Und wenn, wäre es der sprichwörtliche »falsche Film« oder ein übler Horrorstreifen. Die Rede ist von der Massentierhaltung, bei der die Tiere unter grausamen Bedingungen Höchstleistungen erbringen müssen. Profit hat hier die erste Priorität. Lernt man Kühe einmal persönlich kennen, wie mir das möglich ist, und realisiert, dass sie einen intensiven Familiensinn haben und als Herde in einem Familiensystem
leben, ist das rein wirtschaftliche Handeln schnell sekundär. Der Landwirt allerdings hat eine andere Perspektive und Zielsetzung, dementsprechend ist sein Umgang mit den Tieren nicht immer artgerecht im besten Sinn.
Eine enge Bindung der Mutterlinie ist die Grundlage des Familiensystems. Keiner ahnt, wenn er sein Kalbsschnitzel oder Steak auf dem Teller liegen hat, dass eine Kuhherde eine verhältnismäßig demokratische Gemeinschaft bildet. Kein Mitglied bewegt nur einen Fuß, bevor nicht mindestens sechzig Prozent der Kühe dieser Herde aufgestanden sind. Es würde für die Gemeinschaft überhaupt keine Rolle spielen, wenn das Leittier schon vorher das Signal zum Aufbruch geben würde. Sie warten ab, bis die sechzig Prozent erfüllt sind. Logischerweise würde die Leitkuh daher nie das Signal zum Aufbruch geben, wenn nicht schon knapp zwei Drittel in Bereitschaft sind, da sie sich als Chefin ebenfalls an diese Regel hält.
Viele von uns glauben , dass Kühe immerzu Milch geben. Ein ganzes Leben lang verbringen sie damit, uns als Milchbar zu dienen? Weit gefehlt! Dass sie nicht alle glücklich und lila sind, hat sich ja bereits herumgesprochen. Aber sie sind natürlich auch keine dauerhaften Milchlieferanten. Wie jedes Säugetier produziert auch die Kuh ausschließlich dann Milch, wenn sie ein Jungtier führt, ein kleines Kälbchen, das ihr sofort weggenommen wird, bevor es das erste Mal säugen könnte. Mutterglück für Milchkühe ist von allzu kurzer Dauer!
Beobachtet man in einer artgerechten Haltung, wie extrem sozial Kühe sind, wie genau Mutter Kuh auf ihr Kalb aufpasst und es mit dem Einsatz des eigenen Lebens vor Gefahren und Feinden schützt, wird klar, wie weit entfernt diese wunderbaren Tiere in unserer Nutztierhaltung von einem artgerechten Leben sind. Vermutlich kennen Sie das
Weitere Kostenlose Bücher