Tiere im Rampenlicht - aus meinem Leben als Filmtiertrainer
zum Nachdenken bringen, sich doch noch in meine Richtung zu bewegen. Dazu noch ein liebevolles Kraulen zwischen den Hörnern, ein lobendes Wort und schon sollte sie wieder laufen. Aber nicht an diesem Tag, Fantas Hormone spielten verrückt, es war Hopfen und Malz verloren. Schauspieler Marco saß wie bestellt und nicht abgeholt auf seinem schnittigen Reittier und nichts ging vorwärts, nicht einmal rückwärts, es ging gar nichts. Einige leise ausgesprochene Zwischenrufe mit dem Text »Blöde Kuh« waren aus dem Filmteam am Set zu hören. Blöd war sie ja nicht, meine heißgeliebte Fanta, aber das wussten nur sie und ich und möglicherweise der benachbarte Bulle. Für uns drei eine klare Sache der Hormone.
Aber ich wäre nicht Christoph Kappel, hätte ich nicht ein zweites Ass im Ärmel, sprich eine zweite Kuh in meinem Tiertransporter. Ich zauberte also das Double und die Gesellschafterin
von Fanta aus dem Hänger und somit ein Lächeln auf das bis dahin versteinerte Gesicht des Regisseurs. Bluna war von diesem spontanen Einsatz hellauf begeistert, und diese charmante, kleine Kuh lässt nichts zu wünschen übrig an Beweglichkeit, Zierlichkeit und Schönheit. Sie ist mein Sonnenschein und sicher eine der lauffreudigsten Kühe, die je an mir vorbeigaloppiert sind. Ein schauspielerisches Talent ist Bluna ebenfalls nicht abzusprechen, allerdings ist sie keine ausgebildete Reitkuh. Stellen Sie sich den anhänglichsten Hund vor, den Sie kennen, und dann multiplizieren Sie diese Eigenschaft mit der Gefräßigkeit des verfressensten Individuums, das Ihnen je untergekommen ist, und schon heißt das Ergebnis: meine unglaublich liebenswerte Bluna.
Da Bluna erst drei Jahre alt ist und sich noch in der Ausbildung zur Reitkuh befindet, waren nun Marcos Reitkünste umso mehr gefragt. Wie von der Tarantel gestochen schoss Bluna durch den Parcours, während sie sich zwischendurch darin übte, Bocksprünge zu vollführen, um das »Ding« auf ihrem Rücken loszuwerden. Dabei gelang es ihr immer wieder, mit allen vieren in die Luft zu springen, was aus Marco einen Rodeoreiter machte. Einmal mehr wurde das Drehbuch spontan umgeschrieben und die lustige kleine Kuh trug maßgeblich dazu bei, dass diese Szene jeden Zuschauer zum Lachen bringen musste. Marcos Aufgabe war es nun nicht mehr, ansehnlich durch den Parcours zu kommen, sondern sich so lange wie möglich, egal wie, auf der Kuh zu halten. Ein Bild für Götter, das von Regie und Kamera dankend angenommen wurde. Am Ende der Szene hat die Kuh laut Drehbuch »die Nase voll« und rennt aus heiterem Himmel samt Reiter in den Stall. Jetzt sollte Bluna das niedrige Stalltor passieren. Ein Stuntman kam zum Einsatz, der diese nicht ganz ungefährliche Szene übernahm. Marco hätte zweifellos mit seiner Fähigkeit als Reiter auch die Stuntszenen übernehmen können, das wiederum hätte
die Versicherung des Schauspielers nicht genehmigt. Stuntman und Bluna haben sich auf Anhieb verstanden und ihren Job genial abgeliefert. Der tapfere Stuntman hat sich gefühlte dreißig Mal von der Kuh abstreifen lassen und fiel stets auf dem kürzesten Weg direkt in den Matsch. Bluna galoppierte wie am Schnürchen immer wieder in Richtung Stalltür und ignorierte bei jeder Wiederholung erneut, dass sie ihren Reiter verlor, denn sie wurde wieder und wieder mit einer großen Hand voll Melasse von mir höchstpersönlich im Stall in Empfang genommen. Diese geraspelten Zuckerrübenstücke sind Blunas absolute Lieblingsspeise.
Täter und Opfer
Ist Ihnen bewusst, wie oft Sie unabsichtlich Druck ausüben oder selbst davon manipuliert werden? Das findet in einem Zusammenleben mit anderen, ob Mensch oder Tier, kontinuierlich statt. Zwar variiert die Intensität, aber der Zustand begleitet uns mehr oder weniger durchs ganze Leben. Viele Menschen wundern sich, dass ihnen Zuneigung und Wohlgesonnenheit entgegengebracht werden. Anderen widerfährt Ablehnung oder Aggression. Die wenigsten würden die Ursache dafür zuerst bei sich selbst suchen, aber maßgeblich für die Sympathie oder Antipathie, die uns entgegenschlägt, ist unser eigenes Verhalten. Eine Reaktion löst eine Gegenreaktion aus. Wir kennen alle die Momente, in denen wir uns unter Druck gesetzt fühlen. Manchmal ist es subtil, ein anderes Mal sehr offen, mal physisch, mal psychisch. Unter Druck reagieren wir instinktiv mit Gegendruck. Unser ganzes Leben wird tagaus, tagein davon bestimmt. Denn entweder üben wir gerade Druck aus oder sind diesem
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