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Tiere

Tiere

Titel: Tiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beckett
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abgeschlossen und gehe einfach durch die Küche. Eigentlich ist es kein richtiger Garten. Es gibt keine Blumen und keinen Rasen oder so, es ist einfach ein Hinterhof, in dem außer den Mülltonnen ein paar Plastiktische und Stühle stehen. Aber er ist von allen Seiten von einer Mauer umgehen, sodass keiner reingucken kann. Wenn die Sonne scheint, ist es echt schön, dort draußen zu sitzen. Ein schönes sonniges Plätzchen, hat mein Papa immer gesagt.
    Ich setzte mich an meinen Lieblingstisch und begann, meine Comics zu lesen. Früher habe ich welche für Kinder gelesen wie
Dandy
und
Beano
, aber jetzt interessiere ich mich für Erwachsenencomics wie
Judge Dredd
und
Spiderman
. Judge Dredd ist eine Art Polizist in einem Ort, der«Mega-City One» heißt. Ich nehme an, es soll in Amerika sein. Jedenfalls spielt er in der Zukunft, und Judge ist ein echt harter Kerl. Alle Irren und so müssen machen, was er sagt, sonst kann er sie erschießen. Spiderman ist anders. Er erschießt keinen, außerdem nimmt er nichts ernst. Er reißt ständig Witze, selbst, wenn er gegen Schurken kämpft. Er ist total stark, was er aber nicht zeigt, und am Ende gewinnt er immer.
    Mein Papa hat immer über mich gelacht, weil ich, selbst nachdem ich mit der Schule fertig war, noch Comics gelesen habe. An einem Samstag, als meine Mama einkaufen war, kam er einmal in mein Zimmer, als ich gerade
X-Men
gelesen habe, und warf ein Magazin auf den Tisch. «Hier, das ist besser als dein
Scheiß- Superman
», sagte er und zwinkerte. Er hatte sich nicht rasiert und sah ein bisschen verkatert aus. Ich sagte: «Ich lese nicht
Superman
», aber er meinte nur: «Ach, lass mich in Ruhe», und ging raus.
    Das Magazin war zusammengerollt. Als ich es mir anguckte, sah ich überall diese Frauen ohne was an, die sich vor der Kamera rekelten. Mir wurde ganz heiß und komisch. Der Gedanke, dass mein Papa mir das Magazin gegeben hatte, gefiel mir nicht, und ich wusste, dass ich mir so etwas eigentlich nicht angucken durfte. Ich wollte auch sofort damit aufhören, war aber immer noch zu überrascht. Ich glaube, ich hatte es noch nicht lange angeguckt, als meine Zimmertür aufging und meine Mama hereinkam.
    Ich hatte nicht gehört, dass sie zurückgekommen war. Ich versuchte, das Magazin zu verstecken, aber sie hatte es schon gesehen. «Was ist das?», wollte sie wissen und streckte ihre Hand aus. Sie warf einen Blick darauf und starrte mich dann an.
    «Woher hast du das?», fragte sie. Ich sagte nichts, und dann schlug sie mir mit dem Magazin ins Gesicht. Es war ein komisches Gefühl, im Gesicht mit den Bildern nackter Frauen berührt zu werden. Außerdem tat es weh. «Hat dir das dein Vater gegeben?», fragte Mama. Sie hatte vor Ewigkeiten aufgehört, ihn «mein Papa» zu nennen.
    Da ich wusste, dass sie sofort merkt, wenn ich lüge, und da ich nicht wieder geschlagen werden wollte, nickte ich. Sie schlug mir trotzdem noch einmal damit ins Gesicht, sogar noch härter, und marschierte dann hinaus.
    Ich konnte nicht verstehen, warum sie das getan hatte. Ich hatte ihr doch gesagt, woher das Magazin kam. Das war ungerecht. Ich hörte, wie sie nach unten ging, und nach einer Weile ging das Geschrei los. Alles konnte ich nicht verstehen, aber ich hörte, wie meine Mama immer wieder «Schmutz» und «ekelhaft» rief. Dann schrie mein Papa etwas von «nicht normal». Ich glaube, er hat auch etwas über meine Mama und den Kühlschrank gesagt, aber das muss ich wohl falsch verstanden haben.
    Die Eingangstür knallte zu, und gleich danach kam meine Mama wieder hoch. Ich erkannte sie an den Schritten. Ich hoffte, sie würde nicht wieder in mein Zimmer kommen, doch sie tat es. Kaum war die Tür aufgeflogen, warf sie das Magazin zu mir rüber.
    «Gefällt dir dieser Schmutz etwa auch?», schrie sie. «Gefällt dir das? Ja?» Ich wollte nein sagen, aber ich kam nicht dazu. Sie schrie weiter, dass Leute, die so etwas angucken, Abschaum sind. Ich heulte und versuchte ihr zu sagen, dass ich es nie wieder tun würde, aber sie hörte mir nicht zu. Sie stellte sich vor mich, fuchtelte mit dem Magazin herum und zeigte mir eines der Bilder. «Gefällt dir soetwas?», kreischte sie. «Gefällt dir das? Ja?» Ich versuchte, nicht auf das Bild zu schauen, aber sie hielt es mir genau vors Gesicht. Ich sagte, nein, nein, es gefällt mir nicht, ehrlich nicht, dann packte sie mich an den Haaren, sodass ich sie angucken musste, und sagte: «Wenn ich dich noch einmal dabei erwische, dass du dir

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